Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren die Eheleute im Rahmen einer Ehewohnungssache, dass die Ehewohnung einem Ehegatten zur alleinigen Nutzung überlassen wird, kann hieraus die Räumungsvollstreckung nicht betrieben werden, solange die Vereinbarung nicht auch die Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Ehewohnung enthält.

 

Normenkette

BGB § 1361b; FamFG §§ 86, 200; ZPO § 732

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Aktenzeichen 5a F 415/18)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 3. Januar 2020 geändert:

Die Zwangsvollstreckung aus der durch das Amtsgericht - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein unter dem 29. August 2019 erteilten vollstreckbaren Ausfertigung zu dem in der nichtöffentlichen Sitzung vor dem Familiengericht am 25. Februar 2019 abgeschlossenen Vergleich wird eingestellt.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin wird als sofortige Beschwerde gegen die Klauselerinnerungsentscheidung ausgelegt - auch wenn (insoweit missverständilch) mit dem gestellten Antrag die Einstellung der Zwangsvollstreckung "aus dem Vergleich", nicht jedoch aus der auf Grundlage des Vergleiches erteilten vollstreckbaren Ausfertigung begehrt wird. Im Schriftsatz vom 3. Dezember 2019 (Bl. 63 f d.A.) hat die Antragsgegnerin hinreichend zum Ausdruck gebracht, Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren geltend machen zu wollen - dieses Rechtsschutzziel verfolgt sie auch in zweiter Instanz weiter. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde folgt aus § 86 Abs. 3 FamFG in Verbindung mit §§ 732, 793, 567 ff ZPO. Da das FamFG keine Regelungen über die Erteilung der Vollstreckungsklausel enthält, sind in Bezug auf das Verfahren und die Rechtsmittel die vorgenannten Regelungen der ZPO - und damit insbesondere die §§ 732, 793, 567ff ZPO - anwendbar (vgl. Keidel, 20. Auflage § 86 Rn. 18). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der sofortigen Beschwerde (§§ 567 ff ZPO) sind gegeben.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Im Rahmen ihrer Klauselerinnerung gem. §§ 86 Abs. 3 FamFG, 732 Abs. 1 ZPO rügt die Antragsgegnerin zu Recht, dass die Klausel unzulässig erteilt ist, weil sich aus Ziff. 2 des in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2019 abgeschlossenen Vergleiches kein vollstreckungsfähiger Inhalt ergibt. Darin sind die Beteiligten lediglich übereingekommen, dass dem Antragsteller die näher bezeichnete Ehewohnung ab dem 1. September 2019 zur Nutzung überlassen wird. Sowohl in der Rechtsprechung (Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 20. September 2001 - 16 WF 140/01) als auch in der Literatur (Schuschke, Titel auf Wohnungsräumung nach neuem FamFG, NZM 2010, 137, 138; Keidel, aaO, § 209 Rn. 3a; Johannsen/Henrich-Götz, 6. Auflage § 1568a Rn. 23, Zöller-Lorenz 33. Auflage § 209 FamFG, Rn. 3) ist anerkannt, dass sich allein aus der Wohnungszuweisung an einen Ehegatten noch kein vollstreckbarer Räumungstitel ergibt. Vielmehr bedarf es zusätzlich der Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Ehewohnung. Dass die Beteiligten auch einen vollstreckbaren Titel über die Räumung und Herausgabe der Ehewohnung schaffen wollten, lässt sich auch nicht durch Auslegung ermitteln. Eine derartige Verpflichtung wurde in dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 20. Dezember 2018 ausdrücklich beantragt, in den Vergleichstext der Beteiligten aber gleichwohl nicht aufgenommen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 81 FamFG.

Die Kostentragungspflicht des Antragstellers entspricht billigem Ermessen, da das Erinnerungsverfahren durch die von ihm beantragte Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung veranlasst wurde.

3. Der Gegenstandswert für das Erinnerungsverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

4. Der Antragsgegnerin wird Verfahrenskostenhilfe für das

Erinnerungsverfahren ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt. Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr ... als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13702148

NJW 2020, 8

FamRZ 2020, 832

NJW-RR 2020, 581

NZM 2020, 662

DGVZ 2020, 227

MDR 2020, 630

FoVo 2020, 119

NJW-Spezial 2020, 228

NZFam 2020, 305

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