Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 23.04.1998; Aktenzeichen 23 T 62/98)

AG Duisburg-Ruhrort (Aktenzeichen 16 M 1555/98)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Antragsgegner.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 1.800,00 DM.

 

Gründe

Die Antragstellerin wohnt seit Oktober 1996 mit ihrer minderjährigen Tochter in der Wohnung ihres Lebensgefährten S. K., der die Wohnung von den Antragsgegnern gemietet hat. Er ist durch Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 19.03.1998 zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden.

Die Antragsgegner betreiben die Räumungsvollstreckung, Räumungstermin war auf den 24.04.1998 angesetzt.

Die Antragstellerin hat gegen die Ankündigung der Räumung Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, die Räumung zu unterlassen. Ferner hat sie beantragt, eine dahingehende einstweilige Anordnung zu erlassen.

Das Amtsgericht hat die Anträge zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluß abgeändert und die Zwangsvollstreckung gegen die Antragstellerin für unzulässig erklärt, weil es an einem gegen sie gerichteten Titel fehle.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Antragsgegner mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie vortragen, ein Mietvertrag habe nur mit dem Lebensgefährten der Antragstellerin bestanden. Daß die Antragstellerin die Wohnung mitbewohne oder in das Mietverhältnis eintreten wolle, sei ihnen niemals angezeigt worden. Ein gesonderter Räumungstitel sie deshalb nicht erforderlich.

Das gemäß § 793 Abs. 2, 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Rechtsmittel der Antragsgegner ist sachlich nicht begründet. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Vermieter aus einem allein gegen den Mieter gerichteten Räumungstitel die Räumungsvollstreckung auch gegen andere Personen betreiben kann, welche die Mieträume (mit-)bewohnen, ohne selbst Mieter zu sein. Ein weitverbreitete Meinung halt die Zwangsräumung auch z.B. gegen Ehegatten oder Lebensgefährten, die nicht Mieter sind, für zulässig (LG Darmstadt, DGVZ 1980, 110; LG Berlin, DGVZ 1993, 193; LG Lübeck, juristisches Büro 1992, 186; LG Freiburg, WUM 1989, 571; Mu-Ko-Schilken, ZPO, § 885 Rn. 9, 11; Schneider, DGVZ 1986, 4, 8). Dem folgt der Senat nicht.

Mit der im Vordringen befindlichen Auffassung (OLG Hamburg, ZMR 1991, 143; MDR 1993, 274; KG MDR 1994, 162; LG Kiel, DGVZ 1992, 42; Zoller-Stober, ZPO 18. Aufl., Rn. 5 e; Baumbach-Hartmann, ZPO 51. Aufl., § 885 Rn. 15) halt der Senat grundsätzlich einen Räumungstitel gegen jeden Besitzer einer Wohnung für erforderlich, weil durch die nach § 885 Abs. 1 ZPO durchzuführende Zwangsvollstreckung auch der „Mitbesitzer” aus dem Besitz gesetzt wird und durch die Räumungsvollstreckung das Grundrecht auch des Mitbesitzers auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) tangiert wird (vgl. insoweit KG in MDR 1994, 162, 163).

Daß die Antragstellerin ihren Mitbesitz zunächst ohne Wissen der Antragsgegner begründet hat, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Das Landgericht hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, daß den Antragsgegnern zumindest bekannt war, daß die Antragstellerin von ihrem Mieter in die Wohnung aufgenommen worden, war, und daß sie dagegen keine Einwände erhoben hatten. Allerdings ist das Landgericht zu ausgegangen, aus den Schreiben der Antragsgegner vom 08.02. und 03.06.1997 ergebe sich, daß ihr Mieter – der Lebensgefährte der Antragstellerin – ihnen die Aufnahme der Antragstellerin in die Wohnung „förmlich bekannt gegeben” habe. Aus diesem Schreiben ergibt sich lediglich, daß die Antragsgegner im Januar 1997 von der Tatsache erfahren haben, daß seit Oktober 1996 die Antragstellerin mit ihrem Kind bei ihrem Mieter wohnte und daß ihr Name auf dem Briefkasten mit M. S. angegeben war. Das Schreiben vom 03.06.1997 enthält lediglich eine Aufforderung der Antragsgegner an ihren Mieter, ihnen schrifltich bekannt zu geben, wer seit wann in seiner Wohnung lebe.

Ob der Lebensgefährte der Antragstellerin und Mieter der Antragsgegner, den Antragsgegnern – sei es mündlich oder schriftlich – mitgeteilt hat, daß die Antragstellerin in seine Wohnung eingezogen war, kann aber letztlich dahinstehen. Zwar wäre es sowohl Sache des Mieters als auch der Antragstellerin gewesen, den Antragsgegnern den Einzug in die Wohnung mitzuteilen und ggfls. ihr Einverständnis einzuholen. Aber auch wenn sie dieses unterlassen haben, erfordert es im vorliegenden Fall jedenfalls das schutzwürdige Interesse der Antragsgegner nicht, der Antragstellerin die Berufung auf einen fehlenden Räumungstitel gegen sie zu versagen. Die Antragsgegner wußten immerhin seit Januar 1997, daß die Antragstellerin die Wohnung ihres Mieters mitbewohnte, sie kannten ihren Namen und hatten die Möglichkeit, sich auch gegen die Antragstellerin einen besonderen Räumungstitel zu verschaffen.

Die weitere Beschwerde konnte danach keinen Erfo...

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