Gesetzestext

 

(1) Die Rechtsfähigkeit einer Person unterliegt dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Die einmal erlangte Rechtsfähigkeit wird durch Erwerb oder Verlust einer Staatsangehörigkeit nicht beeinträchtigt.

(2) Die Geschäftsfähigkeit einer Person unterliegt dem Recht des Staates, in dem die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies gilt auch, soweit die Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung erweitert wird. Die einmal erlangte Geschäftsfähigkeit wird durch einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts nicht beeinträchtigt.

A. Einführung.

 

Rn 1

Für die Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die stets Teilfragen eines anderweitig angeknüpften (zB Art 3 ff ROM I bzw für vor dem 17.12.09 geschlossene Verträge ex Art 27 ff, sog Wirkungsstatut) rechtlichen Verhältnisses sind, schreibt Art 7 eine Sonderanknüpfung vor. Damit ist bisher gewährleistet, dass auf die Rechts- und Geschäftsfähigkeit ein und derselben Person in verschiedenen Situationen nicht unterschiedliche Rechtsordnungen anzuwenden sind und auch beide Teilfragen nach derselben Rechtsordnung beurteilt werden. Übereinstimmender Anknüpfungspunkt ist die Staatsangehörigkeit. Dies ändert sich mit Wirkung ab 1.1.23 (Art 229 § 54 EGBGB) durch die Neufassung des Art 7 durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (BGBl 2021, I 882). Fortan knüpft nur noch die Rechtsfähigkeit an das Personalstatut an, die Geschäftsfähigkeit unterliegt dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts. Eine einmal erlangte Rechts- bzw Geschäftsfähigkeit wird umfassender als bisher aufrechterhalten, und zwar nicht nur bei Wechsel zum deutschen Recht, sondern bei jeglichem Wechsel zu einem strengeren Statut.

 

Rn 2

Im Zusammenhang mit Art 7 sind zwei weitere Sonderanknüpfungen zu beachten: diejenige zum Umgang mit faktischer Ungewissheit hinsichtlich des Todes oder seines Zeitpunktes in Art 9 und die Einschränkung der Geltendmachung einer nach Art 7 fehlenden Rechts- oder Geschäftsfähigkeit aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs in Art 12 bzw 13 ROM I. Das Kollisionsrecht betr Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft ist geregelt im Art 24 (s dort auch zu staatsvertraglichen Regelungen).

 

Rn 3

II hat nur Bedeutung bei Wechsel der Staatsangehörigkeit. Da I einen Anknüpfungszeitpunkt nicht nennt, ist die Anknüpfung wandelbar. II statuiert hierzu eine Ausn (s.u. Rn 11).

B. Anknüpfungsgegenstand.

I. Subjektiver Anwendungsbereich.

 

Rn 4

Art 7 regelt nur die Rechts- und Geschäftsfähigkeit von natürlichen Personen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung im zweiten Abschnitt iVm dessen amtlicher Überschrift. Rechts- und Geschäftsfähigkeit der juristischen Personen unterstehen deren Personalstatut, dem gesetzlich bislang (s aber Vor Artikel 7 bis 12 EGBGB Rn 2) nicht geregelten Gesellschaftsstatut (s.u. Anh 4-IPR/IntGesR Rn 10 unter II und III).

II. Objektiver Anwendungsbereich.

1. Umfang.

 

Rn 5

Regelungsgegenstand ist die allg Rechts- und Geschäftsfähigkeit (zB Bremen MDR 20, 662 [OLG Bremen 16.04.2020 - 3 W 9/20]). Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit einer Person, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, Geschäftsfähigkeit die Fähigkeit, durch eigene Rechtshandlungen wirksam Rechtsgeschäfte zu tätigen.

 

Rn 6

Außerdem wird auch die Geschlechtszugehörigkeit im Zusammenhang mit Transsexualität nach Art 7 angeknüpft (KG NZFam 21, 183; Schlesw FamRZ 20, 1095; BayObLG 04, 350; Karlsr StAZ 03, 139; Präs KG StAZ 02, 307; LG Stuttgart StAZ 99, 15; AG Hamburg StAZ 84, 42), dazu auch Rn 14 aE

 

Rn 7

Besondere Rechts- und Geschäftsfähigkeiten fallen nicht in den Anwendungsbereich des Art 7, sondern folgen idR dem Wirkungsstatut. Die Ehemündigkeit unterliegt dem Eheschließungsstatut (Art 13), güterrechtliche Verfügungsbeschränkungen dem Güterrechtstatut (Art 15), die Erb- und die Testierfähigkeit dem Erbstatut (Art 25), die Deliktsfähigkeit dem Deliktsstatut (Art 4 ff ROM II, 40 ff), die Fähigkeit zum Erwerb von Grundstücken der lex rei sitae (Art 43), die Kaufmannseigenschaft dem am Ort der gewerblichen Niederlassung geltenden Recht (LG Hamburg IPRspr 58/59 Nr 22) bzw nach der Lit, die eine Sonderanknüpfung ablehnt, dem jeweiligen Wirkungsstatut (MüKo/Birk Rz 45; BRHP/Mäsch Rz 40; Erman/Hohloch Rz 11; Staud/Hausmann Rz 60; Looschelders Rz 19; aA Grüneberg/Thorn Rz 7) und die Partei- und Prozessfähigkeit als verfahrensrechtliche Fragen der lex fori (in Deutschland §§ 50 ff ZPO; gem § 55 ZPO reicht nach deutschem Sachrecht bestehende Prozessfähigkeit aus). Auch, ob die Eheschließung zu Beschränkungen der Geschäftsfähigkeit führt, beurteilt sich nicht nach Art 7, sondern nach Art 14 oder 15 (BRHP/Mäsch Rz 26); denn es handelt sich um spezifisch ehebezogene Beschränkungen, und, anders als im umgekehrten Fall der Erweiterung der Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung (dazu Rn 9), hinter der die größere Lebenserfahrung der verheirateten Frau steht, geht es hier um Beschränkungen im Interesse der ehelichen Vermögensverwaltung. Für die Wechsel- und Scheckfähigkeit und für die Fähigkeit zu Börsentermingeschäften bestehen gesetzliche Sonderregelungen (Art 91 I WG; Art 60 I ScheckG; § 53 BörsG). Nur soweit d...

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