Rn 5

Nr 1–4 sind nicht abschließend, weitere Rechtfertigungen müssen aber von entsprechendem Gewicht sein (BGH MDR 20, 1059 [BGH 27.05.2020 - VIII ZR 401/18] zu Ausschluss von Jugendlichen unter 16 Jahren vom Besuch in Wellnesshotel).

Nr 1 will auch bei Massengeschäften die Beachtung von Verkehrssicherungspflichten durchsetzen. Der Anbieter hat Beurteilungsspielraum, ob die Ungleichbehandlung zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich ist. Bsp: Freizeitparks, Zugang zu Fahrgeschäften oder Frauenhäuser (BTDrs 16/1780, 43).

 

Rn 6

Nr 2 zielt insb auf das Bedürfnis ab, nach dem Geschlecht zu unterscheiden, zB Frauenparkplätze (LAG RhlPf v 29.9.11, 10 Sa 314/11), getrennte Öffnungszeiten in Schwimmbädern (vgl BTDrs 16/1780, 44). Nachvollziehbare Gründe sind erforderlich, dh objektive Beurteilung iSe allg Gefahrenverständnisses; abstrakte Angst zB vor ›dem Islam‹ genügt nicht (BTDrs 16/1780, 44; BKG § 20 Rz 8).

 

Rn 7

Nr 3 kann besondere Vorteile rechtfertigen, zB Preisnachlässe oder Sonderkonditionen für typischerweise weniger leistungsfähige Gruppen (Schüler, Studenten, BTDrs 16/1780, 44; Senioren, AG Mannheim NJW 08, 3443 [AG Mannheim 06.06.2008 - 10 C 34/08]). Im Unterschied zu § 5 bedarf es bei Nr 3 keiner bestehenden Nachteile für die geförderte Personengruppe (BKG § 20 Rz 9; vgl § 5 Rn 3). Zulässig ist daher Seniorenteller, Ladies Night oder Ü-30 Party (Grüneberg/Grüneberg § 20 Rz 5; Rath/Rütz NJW 07, 1499). Die mit der Bevorzugung einer Gruppe einhergehende Benachteiligung einer anderen ist hinzunehmen, weil Leistender ansonsten Vorteilsgewährung nicht ausdehnen, sondern einstellen würde (BTDrs 16/1780, 44; krit Heese NJW 12, 572, 574). Nr 3 greift nicht, wenn Vorteilsgewährung nur diskriminierende Verhaltensweise tarnt, zB das regulär geforderte Entgelt für eine Leistung weit über dem üblichen Marktpreis liegt (BTDrs 16/1780, 44).

 

Rn 8

Speziell ggü Ungleichbehandlungen aus Gründen der Religion enthält Nr 4 einen Rechtfertigungsgrund. Grundlage ist Glaubensfreiheit (Art 4 I GG), allg Handlungsfreiheit (Art 2 I GG), zudem Art 140 GG iVm Art 137 III WRV (§ 9 Rn 2; BTDrs 16/1780, 44). Zur Darlegungs- und Beweislast s Rn 12.

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