Rn 37

Der innergemeinschaftliche vertragliche Luftfrachtführer haftet vorrangig gem dem Montrealer Abkommen (MÜ; s dort Art 29) und nach dem EU-Luftfahrtrecht der (an das MÜ angepassten) VO (EG) Nr 2027/97. Das MÜ löste am 28.6.04 für Flüge mit Personen-, Gepäck- oder Verspätungsschäden (Art 19 [dazu BGH 13.10.15 – X ZR 126/14 Rz 8], 22) aufgrund luftfahrttypischer Unfälle (bejahend: Celle MDR 20, 604: Anstoß durch Service-Wagen; verneint: München RRa 03, 269: Rutschgefahr; LG Düsseldorf RRa 03, 172: Verbrühen) das Warschauer Abkommen v 12.10.29 ab (BGBl II 04, 458). Es gilt ua für alle Flüge, die in Europa, den USA, Kanada und Japan beginnen. Art 17 MÜ sieht eine verschuldensunabhängige, unabdingbare (BGH X ZR 165/03: zu AGB) Schadensersatzpflicht des Luftfrachtführers (nur) ggü dem Fluggast (Frankf RRa 08, 38 f [LG Frankfurt am Main 21.07.2006 - 2-19 O 349/05]) für jedwedes (BGH RRa 11, 129, 130) aufgegebenes Gepäck (Höhe für materielle und immaterielle Schäden [EuGH C 63/09 v 6.5.10] je Reisenden [BGH aaO]: Art 22 MÜ – dazu EuGH 9.7.20 – C-86/19 = ECLI: EU:C:2020:538) vor, welches, wenn auch von einem Mitreisenden aufgegeben (EuGH 22.11.12 – C-410/11), an Bord oder während der Zeit, in der es in der Obhut des Luftfrachtführers war, beschädigt, zerstört oder verloren gegangen ist. Bei Personenschäden (Höhe: Art 21 MÜ) und Schäden des Handgepäcks (Art 17 I MÜ; vgl Stuttg NJW-RR 07, 566 [OLG Stuttgart 29.03.2006 - 3 U 272/05]) haftet er für die Zeit zwischen Ein- bis Aussteigen. Beschädigungen hat der Gast unverzüglich schriftlich zu rügen (Art 31 MÜ; Stuttg aaO). Ausschlussfrist: Art 35. Art 39 ff MÜ ordnen an, dass der Reiseveranstalter als vertraglicher Luftfrachtführer neben dem ausführenden Luftfrachtführer gesamtschuldnerisch haftet. IRd Anwendungsbereichs des MÜ richten sich Schadensersatzansprüche nach diesem Abkommen; § 651 f I, §§ 823 ff unterliegen seinen Voraussetzungen und Beschränkungen (BGH RRa 11, 129 f [BGH 15.03.2011 - X ZR 99/10]). Ansprüche aufgrund Selbstabhilfe (§ 651c III), Minderung (§ 651d), Kündigung (§ 651e), vertaner Urlaubszeit (§ 651 f II; LG Frankfurt RRa 07, 269, 271 [LG Frankfurt am Main 05.06.2007 - 2-24 S 44/06]; Führich Rz 498; aA Bollweg RRA 07, 242, 243) oder auf Schmerzensgeld (§ 253 II) bleiben unberührt. Für Pauschalreisen, bei denen der Reisende Verbraucher (§ 13) und der Veranstalter Unternehmer (§ 14) ist, knüpft Art 6 I ROM I an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Reisenden an (beachte Art 6 IVb ROM I; s EuGH C-585/08 v 7.12.10). Für bloße Personenbeförderungsverträge s Art 5 II ROM I (dazu BGH NJW 10, 1958, 1959 [BGH 29.04.2010 - Xa ZR 5/09]; 2719, 2720 [BGH 20.05.2010 - Xa ZR 68/09]; 28.8.12 – X ZR 128/11).

 

Rn 38

Bei Flugreisen (Übersicht: Habersberger VuR 20, 3; Führich MDR 16, 857; Kummer DAR 13, 121) räumt die wirksame (EuGH NJW 06, 351) EG VO Nr 261/2004 (ABl L Nr 46 v 17.2.04; dazu KOM 07, 168 endg) auch bei einer Pauschalreise dem Fluggast (neben den Ansprüchen gem dem MÜ) bei bestimmten Flügen (Art 3 I; dazu BGH 13.11.12 – X ZR 12/12) wichtige Mindestrechte (nur) ggü dem ausführenden Luftbeförderungsunternehmen (dazu EuGH 21.12.21 – C-146/20 ua Rz 56; nicht: Veranstalter, vgl BGH RRa 08, 175 [BGH 11.03.2008 - X ZR 49/07]; beim Code-Sharing: das tatsächlich den Flug durchführende Unternehmen, BGH NJW 10, 1522 [BGH 26.11.2009 - Xa ZR 132/08]) ein, obwohl er selbst nicht dessen Vertragspartner ist (EuGH 26.3.20 – C-215/18 = ECLI:EU:C:2020:235). Ggü dem Reiseveranstalter als vertraglichen Luftfrachtführer hat er als Reisender iSd § 651a nur die allg Ansprüche, also ggf gem dem MÜ und insb gem §§ 651d u e (Führich RRa 07, 58). Nach der VO begründet die unfreiwillige Nichtbeförderung (dazu Frankf RRa 08, 129 [AG Bad Homburg 18.09.2007 - 2 C 1195/07 (19)]) ohne vertretbare Gründe (Art 2j; zum Anschlussflug s EuGH 4.10.12 – C-321/11 Rz 31 ff), insb wegen Überbuchung, entfernungsabhängig Zahlungsansprüche des Fluggastes (Art 4 iVm Art 7; vgl AG Düsseldorf RRa 06, 130 [AG Düsseldorf 20.01.2006 - 41 C 12316/05]; Verjährung: § 195, BGH NJW 10, 1526 [BGH 10.12.2009 - Xa ZR 61/09]; s.a. bei Pauschalreisen § 651g II). Für die Ermittlung der Entfernung ist nicht allein auf den Zielort des einzelnen Beförderungsvorgangs abzustellen, sondern sind auch die Zielorte von direkten Anschlussflügen iSv Art 2h FluggastrechteVO zu berücksichtigen, sofern die Annullierung dazu führt, dass der Fluggast auch an diesen verspätet ankommt (BGH Xa ZR 15/10 v 4.10.10). Dem Fluggast steht nach Art 2j, 3 II, 4 III der VO ein Ausgleichsanspruch wegen ›Nichtbeförderung‹ zu, wenn er über eine bestätigte Buchung (BGH 16.10.12 – X ZR 37/12) als jedweder Beleg, aus dem hervorgeht, dass die Buchung vom Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurde (EuGH 21.12.21 – C-146/20 ua Rz 41, 51, 66), für den betreffenden Flug verfügt, ihm Beförderung vorab verweigert wird (BGH NJW 15, 2181 [BGH 17.03.2015 - X ZR 34/14] Rz 6) oder er sich zur angegebenen Zeit oder mangel...

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