Gesetzestext

 

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

A. Entwicklung.

 

Rn 1

Vor dem SchRModG war in § 253 aF nur der Ausschluss des immateriellen Schadens vom Geldersatz geregelt, wohingegen das Schmerzensgeld in § 847 aF genannt und daher auf Deliktsansprüche beschränkt war. § 253 führt in I den § 253 aF fort. Dagegen hat er in II das Schmerzensgeld geregelt und dabei zusätzlich die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung aufgeführt. Durch die Übernahme des Schmerzensgeldes in das allg Schuldrecht ist der Anwendungsbereich erheblich und insb auch auf Vertragsansprüche (zB: 536a bei Schimmelbefall der Wohnung; Reiserecht; Arbeitsrecht (Mobbing)) und Ansprüche aus Gefährdungshaftung (StVG; ProdHaftG, zB BGH NJW 06, 1589 [BGH 28.03.2006 - VI ZR 46/05]: Verletzung durch ungesichertes Schneideblatt einer Tapetenkleistermaschine) erweitert worden. Der BGH (der dies früher anders sah) bejaht eine Haftung auch bei Aufopferungsansprüchen, BGH NJW 17, 3384 [BGH 07.09.2017 - III ZR 71/17]. Die Anwendung auf § 670, der erst in erweiterter Auslegung zu Schadensersatzansprüchen führt, ist streitig, § 670 Rn 8; Celle r+s 14, 624 (offen in der Revision BGH NJW 15, 2880 [BGH 23.07.2015 - III ZR 346/14], da bereits ein Anspruch aus § 670 verneint wurde). Für die Beeinträchtigung von Tieren wird demgegenüber kein Schmerzensgeld gewährt (AG Wiesbaden NJW-RR 12, 227 [LG Saarbrücken 07.11.2011 - 3 O 201/11]); auch ein Ersatzanspruch des Tierhalters scheitert regelmäßig (Rn 2). Der Anspruch auf Schmerzensgeld ist vererblich, nachdem die entgegenstehende Regelung des § 847 Abs 2 aF schon 1990 gestrichen wurde; anders der BGH zur Entschädigung bei Persönlichkeitsverletzung, Rn 27.

B. Abs 1.

I. Bedeutung.

1. Regel.

 

Rn 2

I schließt für einen ›Schaden, der nicht Vermögensschaden ist‹, eine Entschädigung in Geld aus. Das bezieht sich auf den Schadensersatz nach § 251, nicht dagegen auf die Herstellung nach § 249 (vgl § 249 Rn 20). Wo diese aber unmöglich ist, führt I zur Verneinung eines Schadensersatzanspruchs überhaupt, wenn nicht eine Ausnahme (wie etwa schon II) eingreift. Der wichtigste weitere Regelfall ist der Schmerz über den Verlust naher Angehöriger, der nicht unter § 253 fällt, sondern mit dem Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs 3 einen Entschädigungsanspruch eigener Art zur Folge hat. Ein Schmerzensgeld des Hinterbliebenen ist nur denkbar, wenn der Tod die Gesundheit des Hinterbliebenen selbst über das gewöhnliche Maß (zu diesem gehören etwa Schlafstörungen) hinaus beeinträchtigt (BGHZ 56, 163: ›Schockschäden‹, stRspr, vgl § 249 Rn 78 f). Weil in diesem Fall eine eigene Rechtsgutsverletzung des Hinterbliebenen eingetreten ist, ist sein Schmerzensgeldanspruch auch dann nicht nach § 104 ff SGB VII ausgeschlossen, wenn es sich in der Person des Getöteten um einen Arbeitsunfall gehandelt hat (BGH NJW-RR 07, 1395 [BGH 06.02.2007 - VI ZR 55/06], anders bei § 844 III, vgl § 844 Rn 26). Der Tod eines – wenngleich geliebten – Haustieres begründet hingegen selbst im Fall einer Gesundheitsbeschädigung des trauernden Halters für diesen keinen Schmerzensgeldanspruch, da es an der engen persönlichen Beziehung des Geschädigten zum Getöteten fehlt und eine ›uferlose Haftung‹ verhindert werden soll, mithin die behauptete Verletzung keine ›verständige Reaktion‹ (§ 249 Rn 76) mehr darstellte (BGH NJW 12, 1730 [BGH 20.03.2012 - VI ZR 114/11]; krit dazu Straub/Biller-Bomhardt NJW 21, 118). So hat der BGH auch für die Frage der Zurechnung danach differenziert, ob der Hinterbliebene den Unfalltod des Angehörigen miterlebt hat (dann Ersatz, BGH NJW 15, 1451 [BGH 27.01.2015 - VI ZR 548/12] – Ehepartner stirbt am Unfallort), oder ob es sich um eine Situation handelt, bei welcher der Angehörige nur im Nachhinein die Nachricht von einem (zudem glimpflich verlaufenen) Unfall erhält, den er nicht miterlebt hat (BGH NJW 15, 2246 [BGH 10.02.2015 - VI ZR 8/14]: Mutter erhält die Information, dass ihr dreijähriger Sohn angefahren wurde, aber nur eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde erlitt – der BGH bewertete die Zurechnung der hiernach entstandenen posttraumatischen Belastungsstörung als zumindest zweifelhaft). Andererseits setzt ein ›Schockschaden‹ nicht zwingend einen Unfall voraus, sondern kann auch nach einem ärztlichen Behandlungsfehler eintreten, wenn dieser zum Tod des Angehörigen führte (BGH NJW 19, 2387 [BGH 21.05.2019 - VI ZR 299/17]: Versterben des Patienten nach Koloskopie). Das bloße Miterleben eines Unfalls soll eine Haftung idR nur ggü den an dem Unfall unmittelbar beteiligten Personen begründen, BGH JZ 07, 1134 ff m krit Anm Teichmann (zum posttraumatischen Belastungssyndrom).

2. Abgrenzung.

 

Rn 3

Für I war ua der Gedanke maßgeblich, die bei Nichtvermögensschäd...

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