Gesetzestext

 

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) 1Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. 2Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

A. Funktionen.

 

Rn 1

Die Vorschrift verfolgt drei sehr verschiedene Zwecke: I hilft dem Geschädigten, der bei Unmöglichkeit oder nicht genügender Herstellung mit § 249 nicht zum Erfolg kommt. Dagegen hilft II 1 dem Schädiger, der sich vor den Kosten einer unverhältnismäßig teuren Herstellung soll schützen können. Beide Tatbestände schließen sich gegenseitig aus. Der später im Zusammenhang mit § 90a eingefügte II 2 endlich soll dem Tierschutz dienen, begünstigt aber unmittelbar gleichfalls nur den Eigentümer des Tieres.

B. Der Schutz des Geschädigten, Abs 1.

I. Voraussetzungen.

1. Unmöglichkeit der Herstellung.

 

Rn 2

§ 249 I erfordert die fortdauernde Möglichkeit der Herstellung (etwa BGHZ 92, 85, 87). Bei § 249 II 1 muss diese zumindest einmal bestanden haben (vgl § 249 Rn 22). Wenn es daran fehlt, eröffnet § 251 I dem Geschädigten den Weg zum Geldersatz wegen seiner Vermögensminderung (vgl Rn 5 f). Beispiele bilden eine nicht heilbare Verletzung, die Tötung eines Tieres, die Zerstörung einer auch durch ein Ersatzstück nicht ersetzbaren Sache (vgl aber für Kfz Rn 7 und § 249 Rn 9, 28, 30 – die Rspr löst auch den Ersatz unfallbedingt beschädigter gebrauchter Kfz (Wiederbeschaffungswert) über § 249 BGB – und BGH NJW 10, 2121 [BGH 02.03.2010 - VI ZR 144/09] Oldtimer-Unikat), die Unmöglichkeit der Erfüllung eines Vertrages. Beim Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 281, 283) ist die Herstellung unmöglich, soweit sie auf die ausgeschlossene (§ 281 IV) Leistung hinausliefe. Bei § 839 soll die Verurteilung zur Herstellung einen unzulässigen Eingriff in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bedeuten (BGHZ 34, 99, 105).

2. Ungenügen der Herstellung.

 

Rn 3

Hierhin gehört etwa, dass eine technisch mögliche Herstellung unzumutbar lange dauert (zB RGZ 76, 146: Trockenlegung der durch Bergbau abgesunkenen Wiesen erst in 5 Jahren). Auch kann die Herstellung mit unzumutbaren Belästigungen oder Spätfolgen für den Geschädigten verbunden sein (zB bei der Beseitigung von Altlasten oder der sichtbar bleibenden Reparatur eines Abendkleides).

 

Rn 4

Zudem kann man das Ungenügen auch quantitativ verstehen: Die Herstellung vermag oft nur einen Teil des Schadens auszugleichen. So lässt die Reparatur von Kfz häufig noch einen merkantilen Minderwert zurück (§ 249 Rn 10), oder die Beschädigung einer Sache führt zu Gewinnausfällen (BGH VersR 18, 1067, dazu § 252 Rn 1). Auch der Nutzungsausfall bis zum Abschluss der Reparatur muss gesondert ausgeglichen werden (§ 249 Rn 40 ff). So kommt dann § 251 neben § 249 in Betracht.

II. Rechtsfolgen.

 

Rn 5

Die in § 251 I vorgesehene Rechtsfolge ist die Entschädigung des Gläubigers in Geld. Ersetzt wird damit das Kompensations-, Geld- oder Summeninteresse statt des bei § 249 maßgeblichen Herstellungs- oder Integritätsinteresses. Auch für das Geldinteresse gilt aber die Formel von § 249 I, soweit sie sich auf den Totalersatz bezieht. Auszugleichen ist also jede Vermögensminderung, die der Geschädigte durch das Schadensereignis erlitten hat. Dabei sind wieder alle bei § 249 für den Totalersatz geltenden Regeln zu berücksichtigen, also Zurechnungsschranken (§ 249 Rn 48 ff) und andere Besonderheiten (§ 249 Rn 80 ff).

 

Rn 6

Bei Kfz und ähnlichen Gebrauchsgütern (zB Kleidung) kann zu berücksichtigen sein, dass diese wiederbeschafft werden müssen, weil der Geschädigte sie für seine Lebenshaltung benötigt. Dann ist nicht der (geringere) Betrag anzusetzen, zu dem der Geschädigte die Sache hätte verkaufen können. Vielmehr entscheidet der Wiederbeschaffungswert. Dann führt die Schadensberechnung zum selben Ergebnis wie nach § 249 II (vgl § 249 Rn 26 ff). Insoweit ist der Übergang zwischen beiden Vorschriften fließend.

C. Der Schutz des Schädigers, Abs 2.

I. Die Unverhältnismäßigkeit der Herstellungskosten, Abs 2 S 1 u 2.

1. Regel.

 

Rn 7

Der Gläubiger soll nach II 1 in Geld entschädigt werden können, wenn die Herstellung den Schädiger unverhältnismäßig teuer käme (§ 249 I) oder die nach § 249 II geschuldeten Herstellungskosten unverhältnismäßig hoch sind. Hierfür gilt bei Kfz die 130 %-Grenze (wenngleich dort nicht über § 251, sondern über das Gebot der Wirtschaftlichkeit begründet, § 249 Rn 9, 29). Diese kann aber auf andere Sachen nicht schematisch übertragen werden. Vielmehr bedarf es dort einer Abwägung der beiderseitigen Interessen und sogar des beiderseitigen Verschuldensgrades (vgl BGHZ 59, 365, 368; NJW 88, 699, 700; 10, 2341 Tz 20), wobei der Schädiger – wie bei § 249 (dort Rn 35) – das Prognoserisiko trägt. Für den Grundstückskauf sind Mängelbeseitigungskosten nach Ansicht des BGH (BGHZ 200, 350) unverhältnismäßig, wenn sie den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200 % des mangelbedingten Minderwerts übersteigen; der Käufer ist mit seinem Schadensersatz dann auf den mangelbedingten Mind...

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