I. Überblick.

 

Rn 16

§ 569 III enthält ergänzende Regelungen für die Kündigung wegen Zahlungsverzugs gem § 543 II 1 Nr 3a (s.a. LG Berlin ZMR 22, 638). Die Bestimmungen gelten nur für die Wohnraummiete und sind mit § 543 II 1 Nr 3 zu lesen. § 569 III bezweckt, in bestimmten Konstellationen eine Obdachlosigkeit des Mieters zu vermeiden (BGH NJW 13, 159 Rz 28).

II. Erheblicher Zahlungsverzug (§ 569 III Nr 1).

 

Rn 17

Kündigt der Vermieter wegen Zahlungsverzugs gem § 543 II 1 Nr 3a, ist der rückständige Teil erheblich, wenn er die vereinbarte Miete inkl aller vom Mieter zu leistenden Vorauszahlungen auf Neben- und Betriebskosten für einen Monat übersteigt (Miete + Nebenleistungen + 0,01 EUR). Maßgeblich ist die Gesamthöhe (BGH ZMR 22, 191 Rz 16). Für eine darüber hinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu jew einer Monatsmiete besteht kein Raum (BGH ZMR 22, 191 Rz 16). Etwas anderes gilt, wenn der Wohnraum iSv § 549 II Nr 1 nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist. Auf eine ordentliche Kündigung ist III Nr 1 nicht anwendbar. Auf ein Verschulden kommt es nicht an (BGH NJW 15, 1296 [BGH 04.02.2015 - VIII ZR 175/14]). Bei Mietverhältnissen, die nicht Wohnraum betreffen, kann ein Rückstand von einer Monatsmiete oder weniger auch – und nur dann – erheblich sein, wenn besondere Umstände hinzutreten (BGH NJW 15, 2419 [BGH 13.05.2015 - XII ZR 65/14] Rz 54), zB fortdauernde unpünktliche Mietzahlung (BGH NJW-RR 97, 203 [BGH 06.11.1996 - XII ZR 60/95]) oder unpünktliche Mietzahlung nach Abmahnung wegen wiederholter Zahlungsverzögerungen (BGH NJW 11, 2570 Rz 16; NJW 06, 1585 [BGH 11.01.2006 - VIII ZR 364/04]).

III. Unwirksamwerden (§ 569 III Nr 2).

1. Allgemeines.

 

Rn 18

§ 569 III Nr 2 fingiert, dass die durch die wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 II 1 Nr 3) bewirkte Beendigung des Mietverhältnisses rückwirkend ›als nicht eingetreten‹ gilt (BGH NJW 18, 3517 [BGH 19.09.2018 - VIII ZR 231/17] Rz 24), wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten (Schonfrist) nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (§ 261 I ZPO) hinsichtlich sämtlicher (BGH ZMR 18, 17 Rz 21; NJW 15, 1749 Rz 5; LG Berlin ZMR 22, 711) fälliger (dazu § 556b Rn 6 ff) Mietansprüche und einer ggf fälligen Entschädigung nach § 546a I (aA Häublein AnwZert MietR 22/17) durch Leistung iSv § 362 oder Leistungssurrogate (zB Aufrechnung gem §§ 387, 389, LG Aachen WuM 89, 294 [LG Aachen 29.03.1989 - 7 S 25/89] oder Hinterlegung gem § 372) befriedigt wird (es kommt hier im Gegensatz zu § 556b I bei Unternehmern, aber auch bei Verbrauchern auf den Leistungserfolg an; s.a. EuGH NJW 08, 1935, Ddorf IMR 10, 270; LG Freiburg IMR 15, 224; aA LG Oldenburg WuM 96, 471 [LG Oldenburg 06.07.1995 - 2 T 660/95]; LG Stuttgart WuM 95, 470; offen BGH NJW 10, 2879 [BGH 13.07.2010 - VIII ZR 129/09] Rz 36) oder sich eine öffentliche Stelle (Rn 21) innerhalb der Schonfrist bedingungslos (BayObLG NJW 95, 338, 339 [BayObLG 07.09.1994 - RE-Miet 1/94]) ggü dem Vermieter oder seinem Prozessbevollmächtigten (LG Hamburg WuM 96, 340) zur Befriedigung verpflichtet (Schuldmitübernahme); ist der verbleibende Rückstand gering, soll nach § 242 anderes gelten können (BGH NJW 15, 1749 Rz 5). Bezugsgröße ist die vertraglich vereinbarte, nicht geminderte Gesamtmiete (BGH ZMR 18, 17 Rz 19; NJW 12, 2882 Rz 16). Zahlt ein Dritter (§ 267 I), muss dieser seine Erfüllungsabsicht durch eine entsprechende Tilgungsbestimmung zum Ausdruck bringen (LG Itzehoe ZMR 16, 35). Die Entschädigung nach § 546a I richtet sich nach der Höhe der zuletzt geschuldeten oder der ortüblichen Vergleichsmiete. Legt der Vermieter die Vergleichsmiete zu Grunde, muss er dies dem Mieter nach § 242 mitteilen, um die Schonfristzahlung nicht zu vereiteln. Bei mehreren Mietern beginnt die Schonfrist mit der Klagezustellung beim letzten Mieter (AG Hamburg WuM 85, 263). Die Berechnung der Zweimonatsfrist richtet sich nach § 188 II, wobei der erste Tag (Zustellung der Klage) nach § 187 I nicht mitgerechnet wird. Wird im Prozess gekündigt, rechnet die Schonfrist ab Zustellung des entspr Schriftsatzes.

 

Rn 19

Der Vermieter muss alle bis zum Zeitpunkt der Zahlung aufgelaufenen Mietrückstände erhalten (BGH NZM 16, 791 [BGH 13.07.2016 - VIII ZR 296/15] Rz 23; NJW-RR 05, 217 unter II. 3), auch solche, auf die die Kündigung nicht gestützt war (LG Köln ZMR 02, 428), nicht aber andere Ansprüche, zB Betriebskostennachzahlungen, Kautionsraten oder Schadensersatz, und auch nicht verjährte oder verwirkte Ansprüche; ggf muss der Mieter eine Tilgungszweckbestimmung iSv § 366 treffen. Trifft der Mieter eine von § 367 I abweichende Bestimmung, kann der Vermieter gem § 367 II die Leistung mit der Folge ablehnen, dass die Schonfristzahlung ins Leere geht. Eine Heilung ohne Erfüllung sieht das Gesetz nicht vor. Sie folgt auch nicht aus §§ 162, 242 (Rave GE 07, 628, 631 mit Nachweisen zur Gegenansicht). Als Befriedigung ist auch eine Zahlung ›unter Vorbehalt‹ anzusehen, wenn der Mieter nur § 814 ausschließen will (BGH MDR 99, 86 [BGH 06.10.1998 - XI ZR 36/98]; Saarbr OLGR...

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