Gesetzestext

 

(1) Der Mieter hat eine Modernisierungsmaßnahme zu dulden.

(2) Eine Duldungspflicht nach Absatz 1 besteht nicht, wenn die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude sowie von Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes nicht zu rechtfertigen ist. Die zu erwartende Mieterhöhung sowie die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten bleiben bei der Abwägung im Rahmen der Duldungspflicht außer Betracht; sie sind nur nach § 559 Absatz 4 und 5 bei einer Mieterhöhung zu berücksichtigen.

(3) Der Mieter hat dem Vermieter Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung oder die Mieterhöhung begründen, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitzuteilen. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Modernisierungsankündigung den Vorschriften des § 555c entspricht.

(4) Nach Ablauf der Frist sind Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung oder die Mieterhöhung begründen, noch zu berücksichtigen, wenn der Mieter ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und er dem Vermieter die Umstände sowie die Gründe der Verzögerung unverzüglich in Textform mitteilt. Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Mieterhöhung begründen, sind nur zu berücksichtigen, wenn sie spätestens bis zum Beginn der Modernisierungsmaßnahme mitgeteilt werden.

(5) Hat der Vermieter in der Modernisierungsankündigung nicht auf die Form und die Frist des Härteeinwands hingewiesen (§ 555c Absatz 2), so bedarf die Mitteilung des Mieters nach Absatz 3 Satz 1 nicht der dort bestimmten Form und Frist. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) § 555a Absatz 3 gilt entsprechend.

(7) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

A. Gesetzesgeschichte, Zweck und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

§ 555d ist durch das MietRÄndG v 11.3.13 (BGBl I 434) mWv 1.5.13 ins Gesetz eingefügt worden (zum Übergangsrecht s Vor § 555a Rn 4). Er bestimmt, wann ggü einer Modernisierungsmaßnahme (§ 555b) eine Duldungspflicht besteht (§ 555d I, II) und dass und wie der Mieter in seinem eigenen Interesse (Obliegenheit) schützenswerte Interessen mitteilen muss (§ 555d III, IV). Ferner ist seine – mittelbare – Folge, dass der Vermieter einseitig die Sollbeschaffenheit der Mietsache bestimmen kann. Zum Anwendungsbereich s Vor § 555a Rn 3a.

B. Duldungspflicht (§ 555d I, II).

 

Rn 2

Der Mieter hat nach einer wirksamen Ankündigung des Vermieters (§ 555c Rn 2) gem § 555d I grds eine Modernisierungsmaßnahme zu ›dulden‹ (GE 22, 950 Rz 39). Zur Frage, was ›Duldung‹ bedeutet und ob sich der Mieter zur Duldung erklären muss, s grds § 555a Rn 6 ff, die entspr gelten. Keine Duldungspflicht besteht nach II dann, wenn die Modernisierungsmaßnahme (§ 555b) nach einer Abwägung der beteiligten Interessen dauerhaft oder vorübergehend wegen der die anderen Interessen überragenden und nach § 555d III, IV zu berücksichtigenden Mieterinteressen nicht zu dulden ist (Rn 3 ff). Was gilt, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Auf die Frage, ob eine Modernisierungsmaßnahme ›erforderlich ist‹ (s.a. § 555a Rn 4), kommt es nicht an. Stimmt der Mieter einer Modernisierungsmaßnahme ausdrücklich zu, was er nicht muss (§ 555a Rn 7), muss er aufgrund seiner Zustimmung dulden. Teil der Duldung ist, dass der Vermieter mit der Modernisierung ein neues ›Soll‹ der Mietsache bestimmt (§ 535 Rn 125). Besteht keine Duldungspflicht, kann der Mieter nach §§ 862 I, 1004 I 1 – auch in einer WE-Anlage – Unterlassung verlangen. Zum Prozessrecht s § 555a Rn 11, der entspr gilt.

C. Ausschluss der Duldungspflicht (§ 555d II).

I. Überblick.

 

Rn 3

Eine Duldungspflicht besteht nach § 555d II 1 nicht, wenn die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter (§ 535 Rn 90 ff), seine Familie oder einen Angehörigen (Rn 4) seines Haushaltes (= seiner Mieträume) eine vom Mieter zu beweisende (BGH NJW 08, 1218 [BGH 13.02.2008 - VIII ZR 105/07] Rz 16) Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen nicht zu rechtfertigen ist. Zu prüfen ist: 1. Feststellung einer Härte (Rn 4) = Ermittlung etwaiger Mieterinteressen, die gegen die Durchführung der Modernisierungsmaßnahme sprechen. 2. Ermittlung berechtigter Interessen, die für die Durchführung der Modernisierungsmaßnahme stehen. 3. Abwägung der ggf vorliegenden betroffenen Interessen. Die Abwägung obliegt dem Tatrichter, der auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Interessen – soweit sie nach § 555d III, IV zu berücksichtigen sind – gegeneinander abzuwägen hat (BGH NJW 11, 1220 [BGH 02.03.2011 - VIII ZR 164/10] Rz 16; NJW 08, 3630 [BGH 24.09.2008 - VIII ZR 275/07] Rz 30; LG Berlin NJW 16, 2582). Die Beweislast trägt der Mieter (KG GE 07, 907).

II. Härte (Mieterinteressen).

1. Überblick.

 

Rn 4

›Härte‹ ist ein Eingriff in schützenswerte, erhebliche (vgl § 555c IV) Mieterinteressen. Mieterinteressen idS sind solche des konkreten Mieters selbst oder eines von mehreren Mietern, nach § 555d II 1 aber auch solche (ggf nur) seiner aktuellen Familie (eine durch Partnerschaft,...

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