Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterhöhung aufgrund einer durchgeführten Modernisierung bei unterbliebener Ankündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mieterhöhung wegen einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Vermieter die Modernisierungsmaßnahme nicht gem. § 554 Abs. 3 BGB angekündigt hat.

 

Normenkette

BGB § 559 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 25.06.2010; Aktenzeichen 63 S 530/09)

AG Berlin-Mitte (Entscheidung vom 15.09.2009; Aktenzeichen 8 C 63/09)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 63 des LG Berlin vom 25.6.2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung des Klägers in B. . Mit Schreiben vom 7.9.2007 kündigte der Kläger den Einbau eines Fahrstuhls als Modernisierungsmaßnahme an. Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 25.10.2007. Mit Schreiben vom 13.2.2008 zog der Kläger die Modernisierungsankündigung zurück; die Arbeiten wurden gleichwohl durchgeführt und im September 2008 abgeschlossen.

Rz. 2

Mit Schreiben vom 29.9.2008, das der Beklagten noch vor Ablauf des Monats zuging, machte der Kläger eine Erhöhung der Nettomiete gem. § 559 BGB i.H.v. 120,78 EUR monatlich sowie der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten i.H.v. 10,24 EUR monatlich geltend.

Rz. 3

Der Kläger hat Zahlung der für die Monate Juni bis August 2009 geltend gemachten Erhöhungsbeträge, insgesamt 393,06 EUR, nebst Zinsen begehrt. Das AG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 4

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Rz. 5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Rz. 6

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung restlicher Miete für die Monate Juni bis August 2009 sei begründet, weil die von ihm mit Schreiben vom 29.9.2008 nach § 559 BGB vorgenommene Mieterhöhung wirksam sei.

Rz. 7

Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur vielfach vertreten, dass eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung unabdingbare Voraussetzung einer späteren Mieterhöhung sei, weil nur dann eine Pflicht des Mieters zur Duldung bestehe. Eine Modernisierungsankündigung sei hier nicht erfolgt, weil der Kläger die zunächst vorgenommene Ankündigung zurückgezogen habe und sich deshalb so behandeln lassen müsse, als sei sie nie erklärt worden. Es sei aber zwischen der Pflicht des Mieters zur Duldung der Modernisierung einerseits und der Pflicht zur Zahlung einer erhöhten Miete nach erfolgter Modernisierung andererseits zu unterscheiden. Die Duldungspflicht diene nur dazu, die tatsächliche Durchführung der Maßnahmen zu ermöglichen; Arbeiten in der Wohnung des Mieters könnten gegen dessen Willen nur bei Bestehen einer Duldungspflicht durchgesetzt werden. Zweck der Modernisierungsmitteilung sei deshalb allein der Schutz des Mieters bei der Durchführung von Modernisierungen, nicht aber die Beschränkung der Befugnis des Vermieters, die Modernisierungskosten auf den Mieter umzulegen. Dies gelte nicht nur im Fall einer verspäteten Modernisierungsmitteilung, sondern auch dann, wenn eine derartige Ankündigung ganz unterblieben sei.

Rz. 8

Die Frage, ob die Mieterhöhung bei fehlender Ankündigung nur mit der verlängerten Frist des § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB eintreten könne, bedürfe keiner Entscheidung, weil der Kläger sie nicht für einen früheren Zeitpunkt geltend mache.

Rz. 9

Die Mieterhöhung sei nach § 559 BGB auch begründet. Der Einbau eines Fahrstuhls erhöhe objektiv den Gebrauchswert der Wohnung der Beklagten, weil sie bequemer zu erreichen sei, auch im Hinblick auf den Transport von Einkäufen und anderen Lasten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte durch die Benutzung des Aufzugs nur etwa die Hälfte der Treppenstufen spare, die sie zum Erreichen ihrer Wohnung im zweiten Stock überwinden müsse. Die Mieterhöhung stelle auch keine unzumutbare Härte für die Beklagte dar. Zwar sei die Mieterhöhung um gut ein Drittel auf nunmehr 601,37 EUR monatlich brutto erheblich, doch ergebe sich daraus angesichts des Nettoeinkommens der Beklagten von monatlich 1.600 EUR keine unzumutbare Härte.

II.

Rz. 10

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Erhöhungsbeträge aufgrund der mit Schreiben vom 29.9.2008 wirksam vorgenommenen Mieterhöhung zu. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass eine Mieterhöhung, die gem. § 559 Abs. 1 BGB nach einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung vorgenommen wird, nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Durchführung der Arbeiten keine Ankündigung nach § 554 Abs. 3 BGB vorausgegangen ist.

Rz. 11

1. Nach § 559 Abs. 1 BGB kann der Vermieter nach baulichen Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie und Wasser bewirken, die Miete um jährlich elf vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.

Rz. 12

a) Das Berufungsgericht hat eine nachhaltige Wohnwertverbesserung i.S.d. § 559 Abs. 1 BGB damit begründet, dass die im zweiten Obergeschoss gelegene Wohnung der Beklagten trotz der gleichwohl noch zu überwindenden Stufen durch den Fahrstuhl - auch im Hinblick auf den Transport von Lasten - bequemer zu erreichen ist. Einen Rechtsfehler dieser dem Tatrichter obliegenden Würdigung (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.2008 - VIII ZR 105/07, NZM 2008, 283 Rz. 22) zeigt die Revision nicht auf.

Rz. 13

b) Nach § 559b BGB ist die Mieterhöhung dem Mieter in Textform zu erklären und die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und entsprechend den Voraussetzungen der §§ 559, 559a BGB zu erläutern. Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsschreiben des Klägers vom 29.9.2008 gerecht.

Rz. 14

Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Mieterhöhung wegen einer bereits durchgeführten Modernisierung nicht voraus, dass dem Mieter vor Durchführung der Arbeiten eine Modernisierungsankündigung gem. § 554 Abs. 3 BGB zugegangen ist. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung in § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB; darin ist (lediglich) vorgesehen, dass sich die Frist, zu der die Mieterhöhung wirksam wird, um sechs Monate verlängert, wenn der Vermieter die zu erwartende Erhöhung der Miete nicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB mitgeteilt hat oder die tatsächliche Mieterhöhung mehr als 10 % höher ist als zunächst mitgeteilt. Die Mitteilungspflicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB dient dem Schutz des Mieters bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Zum einen soll ihm ein gewisser Zeitraum zugebilligt werden, sich auf die zu erwartenden Baumaßnahmen in seiner Wohnung einzustellen; zum anderen wird er durch das Sonderkündigungsrecht in die Lage versetzt, das Mietverhältnis ggf. vor Beginn etwaiger Arbeiten und dem Wirksamwerden einer Mieterhöhung zu beenden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, kann der Vermieter ohne ordnungsgemäße Ankündigung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB Modernisierungsarbeiten in der Wohnung des Mieters gegen dessen Willen nicht durchsetzen, weil eine entsprechende Duldungsklage abzuweisen wäre.

Rz. 15

Zweck des Ankündigungserfordernisses ist hingegen nicht die Einschränkung der Befugnis des Vermieters, die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung im Rahmen des § 559 BGB auf den Mieter umzulegen. Diese Bestimmung soll dem Vermieter - wie schon die Vorgängervorschrift des § 3 MHG - im Interesse der allgemeinen Verbesserung der Wohnverhältnisse einen finanziellen Anreiz zur Modernisierung geben (BGH, Urt. v. 19.9.2007 - VIII ZR 6/07, NZM 2007, 882 Rz. 15). Die Interessen des Mieters werden ausreichend dadurch gewahrt, dass bei unterbliebener Ankündigung die Mieterhöhung nach § 559 BGB erst sechs Monate später wirksam wird. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 4.3.2009 (VIII ZR 110/08, NZM 2009, 394 Rz. 16) keine andere Beurteilung, denn jene Entscheidung hatte nicht eine Mieterhöhung nach durchgeführter Modernisierung zum Gegenstand, sondern betraf die Pflicht des Mieters zur Duldung noch durchzuführender Instandhaltungsmaßnahmen.

Rz. 16

2. Die Beurteilung, ob eine Modernisierungsmaßnahme i.S.d. § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB für den Mieter oder dessen Familie eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde, obliegt dem Tatrichter, der aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen hat (BGH, Urt. v. 24.9.2008 - VIII ZR 275/07, NZM 2008, 883 Rz. 30). Das Berufungsgericht ist unter Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Nachteile zu der Auffassung gelangt, dass die vom Kläger wegen des Fahrstuhleinbaus vorgenommene Mieterhöhung für die Beklagte keine unzumutbare Härte bedeutet. Einen Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung zeigt die Revision nicht auf. Soweit sie geltend macht, die Mieterhöhung sei für die Beklagte deshalb unzumutbar, weil sie trotz ihres Alters die Wohnung auch ohne Fahrstuhl erreichen könne und außerdem zu besorgen sei, dass sie bei einem eventuellen Sturz im Fahrstuhl nicht gefunden würde, setzt die Revision lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts; dies ist revisionsrechtlich unbeachtlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2658443

DB 2011, 8

NJW 2011, 1220

NJW 2011, 6

NWB 2011, 960

DWW 2011, 119

DWW 2011, 213

EBE/BGH 2011, 106

NZM 2011, 359

ZAP 2011, 393

ZMR 2011, 542

ZfIR 2011, 4

MDR 2011, 15

MDR 2011, 475

NJ 2011, 6

WuM 2011, 225

GK/BW 2012, 167

Info M 2011, 1

Info M 2011, 105

MietRB 2011, 137

NJW-Spezial 2011, 321

NWB direkt 2011, 286

RdW 2011, 474

ZGS 2011, 151

BBB 2011, 52

ImmWert 2011, 28

NRÜ 2011, 202

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