Rn 50

Nr 7 verbietet unangemessen hohe Ansprüche des Verwenders für den Fall der Rückabwicklung eines (tatsächlich bestehenden) Vertrages. Die Vorschrift gilt unabhängig davon, wie das Lösungsrecht bezeichnet wird (MüKo/Wurmnest § 308 Nr 7 Rz 4) und welche Seite es ausübt (Grüneberg/Grüneberg § 308 Rz 39). Nr 7 findet entspr Anwendung auf Anfechtung und Widerruf (U/B/H/Schmidt § 308 Nr 7 Rz 7) und ist auf alle Entgeltansprüche anzuwenden, die dem Verwender nach gesetzlichen oder vertraglichen Regeln bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages zustehen (LG Köln NJW-RR 87, 1531 [LG Köln 30.06.1987 - 11 S 490/86]; vgl auch BGH WM 92, 940 [BGH 14.04.1992 - XI ZR 196/91]). Entgeltansprüche idS sind Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen und Nutzungen (Köln NJW-RR 86, 1435 [OLG Köln 20.06.1986 - 20 U 205/85]); gesetzliche Aufwendungsersatzansprüche; Ansprüche aus § 648 (BGH NJW 85, 632 [BGH 08.11.1984 - VII ZR 256/83] zu § 649 aF), § 645 (BGH NJW 85, 633 [BGH 25.10.1984 - VII ZR 11/84]), § 628; nicht aber (wegen § 307 III 1) Aufwendungsersatzansprüche ohne gesetzliche Grundlage (Hambg NJW-RR 90, 910 [OLG Hamburg 17.04.1990 - 4 U 222/89]; BeckOGK/Weiler § 308 Nr 7 Rz 54 f; aA U/B/H/Schmidt § 308 Nr 7 Rz 13) sowie Schadens- und Wertminderungspauschalen iSv § 309 Nr 5a, s § 309 Rn 27. Auf Pauschalvergütungsklauseln für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung ist Nr 7a entsprechend anzuwenden (BGH BB 11, 1873 [BGH 05.05.2011 - VII ZR 161/10]).

I. Unangemessenheit.

 

Rn 51

Die Angemessenheit des Entgelts ist vor dem Hintergrund dessen zu beurteilen, was nach dispositivem Recht typischerweise geschuldet würde (BGH ZIP 05, 493; NJW 91, 2764). Die Prüfung muss sich an den Vorgaben der gesetzlichen Anspruchsgrundlage orientieren (Grüneberg/Grüneberg § 308 Rz 41). In analoger Anwendung von § 309 Nr 5b muss die Klausel der Verwendergegenseite ausdrücklich gestatten, nachzuweisen, dass der im konkreten Fall angemessene Betrag wesentlich niedriger ist als der auf der Grundlage der Klausel pauschalierte Betrag (BGH NJW 85, 632 [BGH 08.11.1984 - VII ZR 256/83]; Grüneberg/Grüneberg § 308 Rz 42). Die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit trägt die Verwendergegenseite (BGH NJW 91, 2764 [BGH 16.01.1991 - IV ZR 31/90]).

 

Rn 52

Einzelfälle (unangemessen +, nicht –): Anspruch auf volle Vergütung beim Werkvertrag (+BGH NJW 85, 633); 5 % der Auftragssumme (–BGH WM 85, 93); 7,5 % der Gesamtauftragssumme als Vergütung beim Bauvertrag (–BGH ZIP 00, 1057; 10 % –, BGH WM 06, 1736); 10 % des Gesamtpreises (–BGH MDR 06, 1101); 3 % Bearbeitungsgebühr bei Nichtabnahme des Darlehensbetrages beim Darlehensvertrag (+BGH NJW 82, 2435 [BGH 08.07.1982 - III ZR 60/81]); Anspruch des Dienstverpflichteten auf volle Vergütung bei vorzeitiger Beendigung des Dienstvertrages (+BGH NJW 85, 633 f); völliger Ausschluss der Rückforderung der gezahlten Vergütung bei vorzeitiger Kündigung des Ehemaklervertrages (+BGH NJW 83, 2817 [BGH 25.05.1983 - IVa ZR 182/81]); Partnervermittlungsvertrag: Gewichtung Erstellung von Vorschlägen zu tatsächlicher Übersendung im Verhältnis 90:10 (+Köln MDR 20, 1236 [OLG Köln 25.06.2020 - 21 U 107/19]); pauschalierter Abzug iHv 40 % nach § 648 nF/§ 649 aF für ersparte Aufwendungen bei Kündigung des Architektenvertrages durch den Bauherrn (+BGH NJW 97, 260 [BGH 10.10.1996 - VII ZR 250/94]); pauschale Vergütungen für Einzelleistungen des Reiseveranstalters im Falle der Vertragsaufhebung ohne Berücksichtigung der Vorteile des Verwenders aufgrund der Vertragsauflösung (+BGH NJW 85, 633 [BGH 25.10.1984 - VII ZR 11/84]).

II. Verträge zwischen Unternehmern.

 

Rn 53

Die Wertungen der Nr 7 gelten auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr (BGH NJW 94, 1067 [BGH 12.01.1994 - VIII ZR 165/92]).

III. Rechtsfolgen.

 

Rn 54

Unangemessen hohe Abwicklungsvergütungen zugunsten des Verwenders führen zur Unwirksamkeit der Klausel. Hierdurch entstehende Lücken im Vertragstext sind im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen (BGH NJW 73, 1192 [BGH 28.03.1973 - I ZR 41/72]; MüKo/Wurmnest § 308 Nr 7 Rz 16). Ist die Pauschale im Einzelfall für den Kunden günstiger als eine dem Gesetz entspr Anwendung, kann sich der Verwender auf die Unwirksamkeit der Klausel nicht berufen (BGH NJW-RR 98, 594 [BGH 04.12.1997 - VII ZR 187/96]).

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