Rn 5

Abs II der Vorschrift bezieht sich auf den der Zahlungsverzugsrichtlinie (s.o. Rn 1) entstammenden Begriff der Entgeltforderung und damit ebenso wie § 286 III (s § 286 Rn 21) nur auf Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind (BGH NJW 10, 3226; DB 13, 2329 Rz 13; Staud/Löwisch/Feldmann [2009] § 286 Rz 95; zur Richtlinie Gebauer/Wiedmann/Schmidt-Kessel Verzug Rz 8, 15; s außerdem § 286 Rn 3). Einer synallagmatischen Verknüpfung mit der Leistung des Gläubigers bedarf es nicht (BGH NJW 10, 3226). Erfasst sind damit etwa der Kaufpreis, der Werklohn, der Mietzins (Rostock MDR 05, 139) sowie auch Abschlagszahlungen auf den Entgeltanspruch. Ferner erfaßt § 288 II die Nutzungsentschädigung nach § 546a (Köln ZMR 06, 772, 773), den Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB (BGH NJW 10, 3226 [unter Hinweis auf RL 86/653/EWG]) sowie uU die Mietzinsgarantie (BGH NJW 10, 1872 [BGH 21.04.2010 - XII ZR 10/08]). Für Entgelte beruft auch § 69 I 3 SGB V § 288 II zur Anwendung, nicht aber für Aufwandspauschalen nach § 275 Ic 3 SGB V (BSG BeckRS 15, 70920 Rz 15) und für Vergütungsansprüche nach den §§ 85, 87a SGB V (BSG BeckRS 16, 71771). Keine Entgeltforderungen und daher nur nach Abs I zu verzinsen sind hingegen Darlehensforderungen, Vertragsstrafen (BGH GRUR 15, 187 Rz 27), Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten (BGH BeckRS 16, 113929 Rz 12), aus Bürgschaft (Ddorf WM 09, 449), der leasingrechtliche Minderwertausgleich bei Kilometerabrechnung (BGH DB 13, 2329 Rz 13), der Anspruch eines ausscheidenden Gesellschafters auf Abfindung (Karlsr ZGS 05, 279), der Schadensersatzanspruch eines Vermieters auf Mietausfall nach fristloser Kündigung (BGH NZM 18, 333 Rz 26) sowie der Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer vor den FG (BFH DStRE 14, 883 [BFH 19.03.2014 - X K 8/13] Rz 43). Die Anwendung von Abs II kraft Verweises in § 33a IV 2 GWB in Missbrauchsfällen nach § 19 I GWB ist auf Fälle beschränkt, in denen sich der Missbrauch auf eine Entgeltforderung der Missbrauchsopfer bezieht (BGH BeckRS 13, 20507 [zu § 33 III 5 GWB aF]; NJW 18, 2479 [BGH 12.06.2018 - KZR 56/16] Rz 51; NJW 19, 668 [BGH 11.12.2018 - KZR 26/17] Rz 73).

 

Rn 6

Um den persönlichen Anwendungsbereich des Abs II auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (§ 14) unter Einschluss juristischer Personen des Öffentlichen Rechts oder des öffentlich-rechtlichen Sondervermögens zu beschränken, werden nur Rechtsgeschäfte erfasst, an denen keine Verbraucher (§ 13) beteiligt sind (s Art 2 Nr 1 RL 2011/7/EU; Gebauer/Wiedmann/Schmidt-Kessel Verzug Rz 9); das gilt – anders als nach Abs V, VI – auch für Zinsansprüche von Verbrauchern. Obwohl Arbeitsverträge keine Verbraucherverträge idS sind (s Grüneberg/Grüneberg § 288 Rz 9), sind im Wege teleologischer Reduktion (Jauernig/Stadler § 288 Rz 6) auch arbeitsvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers nur nach I zu verzinsen (BAG AP InsO § 55 Nr 9; AP KSchG 1969 Nr 152 Rz 59; Boemke BB 02, 96); das gilt freilich nur, soweit der Arbeitnehmer nicht Unternehmer iSd Zahlungsverzugsrichtlinie ist. Besteht eine gesamtschuldnerische Haftung eines Unternehmers mit einem Verbraucher, so gilt Abs I für den Verbraucher und Abs II für den Unternehmer, § 425 (Grüneberg/Grüneberg § 288 Rz 9 [Gemeinsames Leasen eines PKW]). Auch die durch Abs II festgelegte Zinshöhe ist variabel (s hierzu o Rn 4): Sie liegt 9 % über dem (jeweiligen) Basiszinssatz (s hierzu § 247 Rn 3).

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