Gesetzestext

 

(1) 1Ist ein in Gütergemeinschaft lebender Ehegatte Erbe und gehört die Erbschaft zum Gesamtgut, so ist die Bestimmung der Inventarfrist nur wirksam, wenn sie auch dem anderen Ehegatten gegenüber erfolgt, sofern dieser das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet. 2Solange die Frist diesem gegenüber nicht verstrichen ist, endet sie auch nicht dem Ehegatten gegenüber, der Erbe ist. 3Die Errichtung des Inventars durch den anderen Ehegatten kommt dem Ehegatten, der Erbe ist, zustatten.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten auch nach der Beendigung der Gütergemeinschaft.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Unter den Voraussetzungen der Vorschrift haftet auch der nichterbende Ehegatte für die Nachlassverbindlichkeiten, und zwar persönlich als Gesamtschuldner, §§ 1437, 1439.

B. Regelungszweck.

 

Rn 2

Die Vorschrift soll verhindern, dass dem das Gesamtgut (mit-)verwaltenden Ehegatten die ihm möglichen Haftungsbeschränkungsmittel dadurch verloren gehen, dass der erbende Ehegatte eine allein ihm bestimmte Inventarfrist versäumt oder eine sonstige Inventarverfehlung nach §§ 2005 I, 2006 III begeht (Staud/Dobler § 2008 Rz 11, 24 ff).

C. Fristbeginn.

 

Rn 3

Die Inventarfrist muss, auch wenn dies nicht beantragt ist, in gleicher Weise dem nichterbenden, aber das Gesamtgut (mit-)verwaltenden Ehegatten gesetzt werden (Grüneberg/Weidlich § 2008 Rz 1). Im Falle der Alleinverwaltung ist nur ihm die Frist zu setzen.

 

Rn 4

Die Frist beginnt nach § 1995 I 2 mit der Zustellung; sie läuft für jeden Ehegatten gesondert, so dass sie auch dem Erben ggü nicht endet, solange sie dem Ehegatten des Erben ggü nicht verstrichen ist, § 2008 I 2.

 

Rn 5

Haben die Ehegatten erst nach dem Anfall der Erbschaft geheiratet oder Gütergemeinschaft vereinbart, muss dem nichterbenden Ehegatten, gleichgültig, ob allein- oder mitverwaltend, nachträglich eine Inventarfrist gesetzt werden. Daher kann er sowohl eine Fristverlängerung als auch die Bestimmung einer neuen Inventarfrist beantragen bzw Beschwerde gegen den Fristsetzungsbeschluss einlegen.

 

Rn 6

War die Inventarfrist bereits in diesem Zeitpunkt abgelaufen, tritt der nicht erbende Ehegatte in die entstandene Haftungssituation ein, läuft die Frist noch, ist ihm nachträglich eine Inventarfrist zu setzen (RGRK/Johannsen § 2008 Rz 6; aA Staud/Dobler § 2008 Rz 18).

D. Verfahren.

 

Rn 7

Der Fristsetzungsbeschluss ist beiden Ehegatten vAw zuzustellen. Eines Antrages bedarf es nicht, weil das Nachlassgericht den Güterstand vAw zu beachten, zu ermitteln hat.

 

Rn 8

Das Inventar kann von beiden Ehegatten getrennt oder gemeinsam errichtet werden. Der erbende Ehegatte haftet für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt erst ab dem Zeitpunkt, in dem auch der allein- oder mitverwaltende Ehegatte die Inventarfrist versäumt hat, § 2008 I 3. Durch ein richtiges und rechtzeitig eingereichtes Inventar kann jeder Ehegatte die Inventarversäumnis des Partners bzw dessen Inventaruntreue und damit die unbeschränkte Haftung beider Ehegatten abwenden (NK-BGB/Odersky § 2008 Rz 11).

 

Rn 9

Nach § 2008 II haftet der Ehegatte auch nach Beendigung des Güterstandes bis zur Auseinandersetzung des Gesamtgutes, § 1472 (Staud/Dobler § 2008 Rz 3 ff). Bei der Beendigung der Gütergemeinschaft durch Tod des nichterbenden (mit-)verwaltenden Ehegatten läuft die begonnene Inventarfrist gegen den Erben weiter; war sie noch nicht bestimmt, muss sie ggü dem Erben festgesetzt werden (Soergel/Kaltenbach § 2008 Rz 8). Abkömmlingen, welche die Gütergemeinschaft fortsetzen, ist keine Frist zu setzen, da sie nach § 1489 III nicht persönlich haften.

 

Rn 10

Die Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 2006 trifft nicht nur den erbenden Ehegatten, sondern auch seinen (mit-)verwaltenden Ehegatten.

E. Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung.

 

Rn 11

Der Ehegatte des Erben kann die Haftungsbeschränkung in erster Linie durch die haftungsbeschränkenden Einreden der §§ 1973, 1974, 1989, 1990–1992, 2014, 2015 herbeiführen. Ein Verzicht auf das Beschränkungsrecht ist nur mit Zustimmung des anderen, das Gesamtgut (mit-)verwaltenden Ehegatten wirksam. Hat der Erbe den Vorbehalt des § 780 ZPO versäumt, kann sein Ehegatte diesen in das gegen ihn ergehende Duldungsurteil aufnehmen lassen (Erman/Horn § 2008 Rz 6).

 

Rn 12

Gehört der Nachlass weder zum Sonder- noch zum Vorbehaltsgut, kann er die Haftung durch das Aufgebot der Nachlassgläubiger gem § 462 FamFG, das Nachlassinsolvenzverfahren nach § 318 InsO oder durch die Anordnung der Nachlassverwaltung herbeiführen.

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