Gesetzestext

 

(1) Der Erbe hat auf Verlangen eines Nachlassgläubigers zu Protokoll des Nachlassgerichts an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Nachlassgegenstände so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei.

(2) Der Erbe kann vor der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das Inventar vervollständigen.

(3) 1Verweigert der Erbe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so haftet er dem Gläubiger, der den Antrag gestellt hat, unbeschränkt. 2Das Gleiche gilt, wenn er weder in dem Termin noch in einem auf Antrag des Gläubigers bestimmten neuen Termin erscheint, es sei denn, dass ein Grund vorliegt, durch den das Nichterscheinen in diesem Termin genügend entschuldigt wird.

(4) Eine wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kann derselbe Gläubiger oder ein anderer Gläubiger nur verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dem Erben nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weitere Nachlassgegenstände bekannt geworden sind.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Auch die Mitwirkung des Nachlassgerichts, des Notars oder einer sonstigen Behörde bietet keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit des vom Erben errichteten Inventars (vgl Zimmer ZEV 2008, 365). Auch kann die Auskunftspflicht der §§ 1978, 666, 681, 259, 260 nur im Klagewege durchgesetzt werden. Daher haben die Nachlassgläubiger die Möglichkeit, die eidesstattliche Versicherung zu verlangen. Die Voraussetzungen des § 260 II müssen dabei nicht vorliegen, der Anspruch kann aber auch nicht im Klagewege durchgesetzt werden, vielmehr führt die Weigerung zur unbeschränkten Haftung nach III.

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Hat der Erbe ein Inventar (freiwillig oder nach Fristsetzung, § 1994) in einer der Formen der §§ 2002–2004 errichtet, ist er auf Verlangen eines Nachlassgläubigers zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet. Diese Verpflichtung trifft aber weder den Ehegatten des Erben im Güterstand der Gütergemeinschaft noch den Nachlasspfleger oder -insolvenzverwalter (Staud/Dobler § 2006 Rz 8). Ist Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, ist der Erbe wegen § 2000 nicht verpflichtet, dem Gläubigerverlangen zu entsprechen (RGRK/Johannsen § 2006 Rz 3).

 

Rn 3

Im Nachlassinsolvenzverfahren kann das Insolvenzgericht dem Erben nach § 153 II InsO auf Antrag des Insolvenzverwalters aufgeben, die Vervollständigung des Vermögensverzeichnisses eidesstattlich zu versichern; die Weigerung führt aber nicht zum Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts (Erman/Horn § 2006 Rz 3).

 

Rn 4

Jeder Nachlassgläubiger, die ausgeschlossenen Gläubiger nach §§ 1973, 1974 sowie der Pflichtteilsberechtigte (LG Krefeld MDR 70, 766), der einen Antrag auf Bestimmung einer Inventarfrist hätte stellen können, kann die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beantragen. Der Gläubiger kann sich mit seinem Verlangen auch an den Erben wenden (MüKo/Küpper § 2006 Rz 2; aA Staud/Dobler § 2006 Rz 6) und hat, wie im Fall des § 1994, seine Forderung glaubhaft zu machen; ein vollstreckbarer Titel ist nicht erforderlich.

C. Verfahren der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

 

Rn 5

Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfolgt zu Protokoll des Nachlassgerichts.

 

Rn 6

Das Nachlassgericht hat auf Bedenken gegen die Richtigkeit des Inventars hinzuweisen, auch wenn diese vom Nachlassgläubiger erst im Termin geäußert werden; der Erbe soll gem II das Recht haben, das Inventar zu überprüfen und zu ergänzen (Hamm FamRZ 95, 698).

 

Rn 7

Die eidesstattliche Versicherung erfasst nur die Vollständigkeit der angegebenen Nachlassaktiva zum Zeitpunkt des Erbfalls; sie erstreckt sich nicht auf die Verbindlichkeiten und durch deren Umfang, die nähere Beschreibung und die Wertangabe, § 2001 I (NK-BGB/Odersky § 2006 Rz 9). Der Erbe muss, bezogen auf seinen Wissensstand, eine aktuelle Auskunft eidesstattlich versichern (NK-BGB/Odersky § 2006 Rz 10). Soweit nicht ein Fall des IV vorliegt, ist der Erbe vor einer weiteren eV geschützt.

 

Rn 8

Im Prozess ist der Gegenbeweis ohne Einschränkung zulässig. Die Entscheidung des Nachlassgerichts, ob die eV als verweigert oder das Nichterscheinen entschuldigt ist, bindet das Prozessgericht (str für eine Bindung: Erman/Horn § 2006 Rz 6; aA Hamm FamRZ 95, 698).

 

Rn 9

Das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung richtet sich nach § 361 FamFG iVm §§ 478480, 483 ZPO analog (Hamm RPfleger 95, 161). Gem § 361 FamFG sind beide Teile zum Termin zu laden, wobei die Anwesenheit des Gläubigers nicht erforderlich ist (§ 361 S 2).

 

Rn 10

Die Kosten, die sich aus KV Nr 15212 GNotKG ergeben, hat der Antragsteller zu tragen (§ 22 II GNotKG).

D. Verweigerung/Unentschuldigtes Nichterscheinen.

 

Rn 11

Das unentschuldigte Nichterscheinen in dem vom Gläubiger beantragten zweiten Termin oder die Verweigerung nach III 1 ggü dem Antragsteller bzgl der im Antrag bezeichneten Forderungen hat eine relativ unbeschränkbare Haftung, § 2013 II, zur Folge. Dies gilt nicht, wenn die unbeschränkte Haftung bereits wegen Inventaruntreue oder wegen Inventarversäumnis eingetreten ist. Hierüber entscheidet nicht das Nachlass-, sondern das Prozessgericht (Hamm FGPrax 1995, 69).

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