Rn 26

Der Wirkungskreis des Nachlasspflegers wird im Anordnungsbeschluss des Nachlassgerichts festgelegt. Er kann sich auf einzelne Aufgaben beschränken (KG NJW 65, 1719). Die idR Erhaltung und Sicherung vorzunehmenden Maßnahmen bestimmen sich weitgehend nach der Zweckmäßigkeit; eine vollständige gesetzliche Regelung ist kaum möglich (Mot V 549). Nicht zu den primären Aufgaben des Nachlasspflegers gehört jedoch die Durchführung und Überwachung der Erbauseinandersetzung (Rn 2). Die Veräußerung von Grundbesitz ist aber nur ausnahmsweise vom Aufgabenkreis umfasst (Frankf ZEV 20, 351 [OLG München 11.03.2020 - 31 Wx 74/20]). Dagegen trifft ihn die Pflicht, auf Verlangen die Erbschaftsteuererklärung abzugeben. Steuerschuldner sind hingegen die unbekannten Erben (BFH ZEV 20, 723 [BFH 17.06.2020 - II R 40/17]).

 

Rn 27

Zu Beginn seiner Tätigkeit hat der Nachlasspfleger dem Nachlassgericht zunächst ein Nachlassverzeichnis einzureichen, §§ 1960, 1915, 1820, 1839. Auf Verlangen hat er dem Nachlassgericht Auskunft zu erteilen und jährlich über seine vermögensrechtliche Tätigkeit Rechnung zu legen und zu berichten, §§ 1915, 1840. Dem Nachlasspfleger obliegt auch die Ermittlung des unbekannten Erben (Karlsr FamRZ 07, 2109), hierzu darf er sich auch eines gewerblichen Erbenermittlers (Genealoge) bedienen, sofern dies pflichtgemäß ist und nicht eine vollständige Übertragung seiner Aufgaben darstellt (Schlesw FG Prax 05, 129). Allerdings muss er den Erbenermittler verpflichten, ihm das Ergebnis der Ermittlungen bekannt zu geben (LG Berlin FamRZ 00, 1125). Für die Tätigkeit erhält der Ermittler eine erfolgsabhängige Vergütung von 10–30 % am Reinnachlass (Celle ZEV 99, 449 [OLG Celle 11.02.1998 - 21 U 49/97]). Zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses gehört in erster Linie die Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Wahrnehmung der Vermögensinteressen des noch unbekannten Erben. Der mit umfassenden Verwaltungsaufgaben betraute Nachlasspfleger hat den Nachlass zu sichern und in Besitz zu nehmen (BGH NJW 81, 2299 [BGH 22.01.1981 - IVa ZR 97/80]). Er ist gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben (BGH NJW 83, 226) und kann von jedem, der kein Recht zum Besitz an den einzelnen Nachlassgegenständen nachweist, die Herausgabe verlangen (Karlsr ZFE 07, 438). Daher hat der Nachlasspfleger auch gegen den Erbanwärter einen Anspruch auf Herausgabe von Nachlassgegenständen unmittelbar aus § 1960, solange das Erbrecht noch nicht rechtskräftig festgestellt ist (Hamm ErbR 06, 56). Nicht erforderlich für den Herausgabeanspruch ist ein Sicherungsbedürfnis oder -interesse. Der Nachlasspfleger hat den Nachlass an die Erben herauszugeben, wenn er die Entziehung erlangter Nachlassgegenstände nicht beweisen kann (Brandbg ErbR 07, 198), mit Genehmigung des Nachlassgerichts gehandelt oder gegen seine Pflichten verstoßen hat (Brandbg ErbR 08, 260) und nach Beendigung seines Amtes (Brandbg ZFE 07, 478). Er kann für den Erben ein Inventar nach § 1993 errichten, wobei ihm eine Inventarfrist nicht gesetzt werden kann, § 2012 I 1. Darüber hinaus ist der Nachlasspfleger berechtigt, das Gläubigeraufgebot gem §§ 1970 ff, das Nachlassinsolvenzverfahren nach § 317 I InsO (BGH ZEV 07, 587 [BGH 12.07.2007 - IX ZB 82/04]) und die Zwangsversteigerung eines Grundstücks gem § 175 ZVG zu beantragen. Er kann aber, weil er in den §§ 1980, 1982, 2062 nicht als Antragsberechtigter benannt ist, nicht die Nachlassverwaltung beantragen (BayObLGZ 76, 167). Schließlich kann er als gesetzlicher Vertreter des Erben den Antrag auf eine Todeserklärung für einen verschollenen Erben stellen (Köln FamRZ 67, 58).

 

Rn 28

Nach § 2012 I 2 ist der Nachlasspfleger den Nachlassgläubigern ggü verpflichtet, Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Auf die Beschränkung der Erbenhaftung kann er nicht verzichten, § 2012 I 3, wohl aber die aufschiebenden Einreden der §§ 2014, 2015 geltend machen (MüKo/Leipold § 1960 Rz 49). Er ist berechtigt, Verbindlichkeiten zu begründen, für welche die Erben unbeschränkt, aber beschränkbar haften, und über Nachlassgegenstände zu verfügen. Soweit die Verwaltung des Nachlasses zu seinem Wirkungskreis gehört, ist der Nachlasspfleger, wie ein Nachlassverwalter, zur Bedienung von Nachlassverbindlichkeiten befugt, wenn durch die Befriedigung des Gläubigers unnötige Kosten und Prozesse vermieden werden (Schlesw FamRZ 10, 1194). Daher kann auch der Verkauf eines Grundstücks erforderlich sein, um die bestehenden Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen (München FamRZ 10, 838). Steuerschulden muss der Nachlasspfleger gem § 34 I AO tilgen, weil er ansonsten persönlich haftbar gemacht werden kann, § 69 AO. Daher kann er auch für die Dauer der Nachlasspflegschaft auf die Einrede der Verjährung verzichten (BayObLG FamRZ 97, 314). Die Befriedigung der Forderungen der Nachlassgläubiger ist nicht die eigentliche Aufgabe des Nachlasspflegers (OLGR Schlesw 98, 358). Allerdings hat er im Interesse der Erben eindeutige Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen, wenn e...

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