Gesetzestext

 

(1) Wer von der Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines Betreuers für einen Volljährigen Kenntnis erlangt und ein Dokument besitzt, in dem der Volljährige eine andere Person mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, hat das Betreuungsgericht hierüber unverzüglich zu unterrichten. Das Betreuungsgericht kann die Vorlage einer Abschrift verlangen.

(2) Folgende Maßnahmen eines Bevollmächtigten setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die Maßnahmen ausdrücklich umfasst:

1. die Einwilligung sowie ihr Widerruf oder die Nichteinwilligung in Maßnahmen nach § 1829 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2,
2. die Unterbringung nach § 1831 und die Einwilligung in Maßnahmen nach § 1831 Absatz 4,
3. die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1832 und die Verbringung nach § 1832 Absatz 4.

(3) Das Betreuungsgericht bestellt einen Kontrollbetreuer, wenn die Bestellung erforderlich ist, weil

1. der Vollmachtgeber aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben, und
2. aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt.

(4) Das Betreuungsgericht kann anordnen, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vollmacht nicht ausüben darf und die Vollmachtsurkunde an den Betreuer herauszugeben hat, wenn

1. die dringende Gefahr besteht, dass der Bevollmächtigte nicht den Wünschen des Vollmachtgebers entsprechend handelt und dadurch die Person des Vollmachtgebers oder dessen Vermögen erheblich gefährdet oder
2. der Bevollmächtigte den Betreuer bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben behindert.

Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht mehr vor, hat das Betreuungsgericht die Anordnung aufzuheben und den Betreuer zu verpflichten, den Bevollmächtigten die Vollmachtsurkunde herauszugeben, wenn die Vollmacht nicht erloschen ist.

(5) Der Betreuer darf eine Vollmacht oder einen Teil einer Vollmacht, die den Bevollmächtigten zu Maßnahmen der Personensorge oder zu Maßnahmen in wesentlichen Bereichen der Vermögenssorge ermächtigt, nur widerrufen, wenn das Festhalten an der Vollmacht eine künftige Verletzung der Person oder des Vermögens des Betreuten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betreuten geeignet erscheinen. Der Widerruf bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Mit der Genehmigung des Widerrufs einer Vollmacht kann das Betreuungsgericht die Herausgabe der Vollmachtsurkunde an den Betreuer anordnen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

In § 1820 werden verschiedene Regelungen zu Vorsorgevollmachten in einer Vorschrift zusammengefasst. I entspricht mit kleineren Modifikationen § 1901c 2 aF, in II werden alle Maßnahmen zusammengefasst, für die bereits im bisherigen Recht nach §§ 1904 V 2, 1906 V 1, 1906 a V 1 aF zwingned die Schriftform und die konkrete Bezeichnung der Maßnahme vorgesehen war. In III–V werden dann die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kontrollbetreuers (§ 1815 III) und für den Widerruf einer Vollmacht, die durch die Rspr entwickelt worden sind, nunmehr auch gesetzlich normiert. Der Begriff der Vorsorgevollmacht ist im Gesetz nicht definiert. Üblicherweise wird dann eine Vollmacht als ›Vorsorgevollmacht‹ bezeichnet, wenn in ihr zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten vereinbart ist, dass von ihr nur bei Handlungs- und Entscheidungsunfähigkeit des Vollmachtgebers infolge Unfall, Krankheit oder Alter Gebrauch gemacht werden soll. Für das Handeln des Bevollmächtigten gelten die §§ 164 ff. Da eine einmal erteilte Vollmacht auch durch den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nicht erlischt, ginge eine solche Vorsorgevollmacht der Bestellung eines Betreuers vor (vgl § 1814 III 2 Nr 1). Vorsorgevollmachten können außerdem in einem bei der Bundesnotarkammer geführt Zentralregister registriert werden, um sicherzustellen, dass sie auch gefunden werden, wenn eine Betreuung angeordnet werden soll (vgl Jürgens/Jürgens § 1901a aF Rz 21). Eine gem § 6 II 1 BtBG öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht genügt den Anforderungen des § 29 GBO (Karlsr FamRZ 16, 577).

B. Unterrichtungspflicht (I).

 

Rn 2

I 1 soll sicherstellen, dass das Gericht über Vollmachten informiert ist, die die Bestellung eines Betreuers nach § 1814 III 2 Nr 1 ggf entbehrlich machen. Der Besitzer solcher Dokumente ist verpflichtet, sobald er Kenntnis von der Einleitung eines Betreuungsverfahrens erlangt, dass Gericht entspr zu informieren. Der Begriff der Dokumente umfasst sowohl klassische Schriftstücke in ›Papierform‹ als auch elektronische Dokumente. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, auf welche Weise die Kenntnis bzw der Besitz an den Dokumenten erlangt wurde. Unerheblich ist überdies, ob der Besitzer selbst oder eine dritte Person bevollmächtigt wurde. Anders als bei Betreuungsve...

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