Gesetzestext

 

Der Betreuer bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts

1. zu einem Rechtsgeschäft, durch das der Betreute zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen verpflichtet wird,
2. zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Betreuten mit Ausnahme einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit für das auf einem Girokonto des Betreuten bei einem Kreditinstitut bereitzuhaltende Verfügungsgeld (§ 1839 Absatz 1),
3. zur Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder zur Eingehung einer Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder einem anderen Papier, das durch Indossament übertragen werden kann,
4. zu einem Rechtsgeschäft, das auf Übernahme einer fremden Verbindlichkeit gerichtet ist,
5. zur Eingehung einer Bürgschaft,
6. zu einem Vergleich oder einer auf ein Schiedsverfahren gerichteten Vereinbarung, es sei denn, dass der Gegenstand des Streites oder der Ungewissheit in Geld schätzbar ist und den Wert von 6.000 Euro nicht übersteigt oder der Vergleich einem schriftlichen oder protokollierten gerichtlichen Vergleichsvorschlag entspricht,
7. zu einem Rechtsgeschäft, durch das die für eine Forderung des Betreuten bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung dazu begründet wird, und
8. zu einer Schenkung oder unentgeltlichen Zuwendung, es sei denn, diese ist nach den Lebensverhältnissen des Betreuten angemessen oder als Gelegenheitsgeschenk üblich.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 1854 fasst in Form eines Auffangtatbestandes die verbleibenden Genehmigungstatbestände zusammen. Übernommen werden dabei die bisherigen Regelungen in § 1822 aF Nr 1 Alt 1, Nr 8–10, 12 und 13. Die Regelung nach § 1822 aF Nr 6 u 7 zur Genehmigungspflicht von Lehr-, Dienst- und Arbeitsverträgen, die für länger als ein Jahr abgeschlossen werden, die iVm § 1908i aF I 1 auch für das Betreuungsrecht galt, fehlt. Für das Vormundschaftsrecht vgl § 1795. § 1908 aF wurde nicht übernommen, da der Regelungsinhalt nunmehr von § 1854 Nr 8 mitumfasst wird. § 1824 aF ist wegen fehlender praktischer Relevanz ersatzlos entfallen. Zur Befreiung von der Genehmigungspflicht Nr 2–5 vgl 1860 II.

B. Genehmigungstatbestände.

 

Rn 2

Nr 1 unterstellt zunächst die Verpflichtung zur Verfügung über das Vermögen des Betreuten im Ganzen dem Genehmigungsvorbehalt. Anders als bei § 1365 fallen hierunter nur Geschäfte über das Vermögen en bloc, wie sich aus der Gleichstellung mit Erbschaften ergibt (Staud/Veit § 1822 aF Rz 2 mwN). Dies sind Geschäfte iSd § 311 b III und solche, mit denen eine Gütergemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird (vgl §§ 1411 I 2, 1484 II, 1492 III). Der Wille der Vertragspartner muss sich auf die Übertragung des Vermögens beziehen (hM Grüneberg/Götz § 1854 Rz 2). Rechtsgeschäfte über einen Einzelgegenstand, mag er auch wirtschaftlich das gesamte Mündelvermögen darstellen, werden nicht erfasst (Soergel/Zimmermann § 1822 aF Rz 2).

 

Rn 3

Nr 2 betrifft mit Ausnahme der eingeräumten Überziehungsmöglichkeiten für das (Verfügungsgeld-)Girokonto des Betreuten jede Art der Kreditaufnahme auf dessen Namen. Hierzu zählt hauptsächlich die Darlehensaufnahme (§ 607), aber auch die Inanspruchnahme eines Kontokorrentkredits (KG FamRZ 10, 402), der Abschluss von Vorverträgen und die Abgabe von Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnissen (§§ 780, 781). Nicht dagegen die Umwandlung einer bestehenden Zahlungsverpflichtung in ein Darlehen (Hamm FamRZ 04, 23 mwN; aA MüKo/Schwab § 1822 Rz 52); auch nicht ein Abzahlungskauf (BGH WM 72, 698), wohl aber ein drittfinanzierter Teilzahlungskauf (Staud/Veit § 1822 aF Rz 148 mwN).

 

Rn 4

Nr 3 erfasst die Ausstellung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber (§§ 793 ff) und die Eingehung von Verbindlichkeiten aus Orderpapieren, wie Wechsel, Scheck, Papiere nach §§ 373 ff HGB. Genehmigungsbedürftig ist auch die Ausstellung eines Inhaberschecks (Westermann FamRZ 67, 650; aA Staud/Veit § 1822 aF Rz 161, MüKo/Schwab § 1822 afF Rz 60).

 

Rn 5

Nr 4 betrifft die Übernahme fremder Verbindlichkeiten, soweit sie sich nicht lediglich als Nebenfolge aus einem anderen Rechtsgeschäft ergeben. Die Vorschrift dient dazu, zu verhindern, dass der Betreuer zu Lasten des Betreuten leichtfertig eine fremde Schuld im Vertrauen auf eine Rückgriffsmöglichkeit gegen den Erstschuldner übernimmt (RGZ 158, 210, 215). Sie ist daher nicht anwendbar, wenn der Betreuer von vornherein die Schuld ohne Möglichkeit des Regresses selbst erfüllen muss (BGHZ 60, 385), wie etwa bei der Übernahme von Grundpfandrechten beim Grundstückserwerb (s aber § 1850 Nr 6). Die Genehmigungspflicht entfällt auch nicht dadurch, dass sich ein Dritter im Innenverhältnis zum Betreuten zur Übernahme der Belastungen verpflichtet (Hamm FamRZ 01, 53). Genehmigungsbedürftig sind die Übernahme fremder Schulden iSd §§ 414 ff, die Verpfändung (RG 63, 76) oder Sicherungsübereignung zur Sicherung fremder Schulden (RG JW 15, 141), der Erwerb von Miteigentumsanteilen bei gesamtschuldnerischer Haftung für den gesamten Kaufpreis (BGHZ 60, 385), der Beitritt zu einer Gesellschaft, sofern der Betreute nach §§ 16 III, 24 GmbHG mit der Haft...

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