Gesetzestext

 

(1) Der Betreuer kann den Betreuten nicht vertreten:

1. bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Betreuten andererseits, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht,
2. bei einem Rechtsgeschäft, das die Übertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek, Schiffshypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Betreuten gegen den Betreuer oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstand hat oder die Verpflichtung des Betreuten zu einer solchen Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung begründet,
3. bei einem Rechtsstreit zwischen den in Nummer 1 bezeichneten Personen sowie bei einem Rechtsstreit über eine Angelegenheit der in Nummer 2 bezeichneten Art.

(2) § 181 bleibt unberührt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Der bisher in § 1795 aF geregelte gesetzliche Vertretungsausschluss wird unter sprachlicher Anpassung inhaltlich unverändert in das Betreuungsrecht übernommen. Um eine Gefährdung der Interessen des Betreuten durch Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Betreuer zu verhindern, wird zusätzlich zu § 181 (II) für einen Katalog von bestimmten Angelegenheiten kraft Gesetzes die Vertretungsmacht des Betreuers grds ausgeschlossen (I Nr 1–3). Die Vorschrift gilt auch für den Vormund (§ 1789 II 2), den Pfleger für Minderjährige gem §§ 1809 ff (§§ 1813 I, 1789 II 2), die Pfleger gem §§ 1776, 1777 (§§ 1776 III 1, 1777 IV 2, 1813 I, 1789 II 2), die sonstigen Pfleger gem §§ 1882 ff (§ 1888 I) und die gesetzliche Vertretung durch Eltern (§ 1629 II 1).

B. Ausschlussgründe I Nr 1–3.

 

Rn 2

Ein einseitiges Rechtsgeschäft (I Nr 1), wie Anfechtung, Kündigung und Zustimmung, dass vom Betreuer unter Verstoß gegen das Vertretungsverbot vorgenommen worden ist, ist nichtig. Nicht hingegen rein verfahrensrechtliche Handlungen, wie zB die Anmeldung zum Handelsregister (BayObLG OLGZ 70, 133 f). Zweiseitige Rechtsgeschäfte (§ 177) sind schwebend unwirksam, sodass sie entweder durch den geschäftsfähigen Betreuten oder einen Pfleger (Ergänzungsbetreuer gem § 1817 V) genehmigt werden können (Staud/Veit § 1795 aF Rz 69). Dritten ggü haftet der Betreuer nach § 179. Für den Prozess gelten bei fehlender Vertretungsmacht des Betreuers §§ 56, 89 ZPO und es liegt ein Restitutionsgrund nach § 579 Nr 4 ZPO vor.

C. Verbot von Insichgeschäften.

 

Rn 3

In den Fällen des § 181 II ist eine Vertretung des Betreuten durch den Betreuer bei allen Geschäften des Betreuers mit dem Betreuten selbst (Insichgeschäft) und bei Geschäften des Betreuten mit einem Dritten, der gleichfalls durch den Betreuer vertreten wird (Doppelvertretung), ausgeschlossen. Dies gilt zB für Rechtsgeschäfte zwischen Betreuten, die durch denselben Betreuer vertreten werden oder auch, wenn die gesetzliche Vertretung eines zum Erben eingesetzten Betreuten mit der Berufung des Vertreters zum Testamentsvollstrecker zusammenfällt. Bei zusammengesetzten Rechtsgeschäften, die aber als Einheit zu betrachten sind, genügt für eine Vertretungsverbot auch bereits, wenn nur ein Teilgeschäft dem § 181 unterfällt (BGH BGHZ 50, 5). Erfasst wird auch der Abschluss von Gesellschaftsverträgen (BGH NJW 61, 724; Soergel/Zimmermann § 1795 aF Rz 3).

D. Ausnahmen vom Verbot des Selbstkontrahierens.

 

Rn 4

Geben Betreuer und Betreuter zwar jeweils für sich Erklärungen ab, die aber nicht wechselbezüglich sind, sondern sich auf einen Dritten beziehen (sog Parallelgeschäfte), etwa Veräußerung eines Nachlassgegenstandes durch den vertretungsberechtigten Betreuer und den Betreuer, die zu Miterben berufen sind, an einen Dritten (KGJ 40, 1), so liegt kein Verstoß gegen § 181 vor. Geschäfte, die ausschließlich der Erfüllung einer Verbindlichkeit dienen (§ 181 aE), sind vom Vertretungsverbot ausgenommen. Auch wenn das Geschäft des Betreuers für den Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, findet § 181 keine Anwendung (Staud/Veit § 1795 aF Rz 14; Grüneberg/Götz § 1824 Rz 8 mwN). Etwa bei Schenkungen des Betreuers oder Dritter an den Betreuten, wenn sie für diesen lediglich vorteilhaft sind (BGH NJW 75, 1885 [BGH 16.04.1975 - V ZB 15/74]). Ausschlaggebend ist jew eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und dinglichen Rechtsgeschäfts (BGH NJW 05, 1430 [BGH 03.02.2005 - V ZB 44/04]).

 

Rn 5

Das Verbot des § 181 (II) wird durch die besonderen Ausschlussgründe des Betreuungsrechts (I Nr 1) auch auf Rechtsgeschäfte zwischen dem Betreuten und dem Betreuer bzw dem eingetragenen Lebenspartner (nur bei bestehender Ehe oder Lebenspartnerschaft) und Verwandten in gerader Linie (§ 1589) des Betreuers erweitert. Eine analoge Anwendung auf Verwandte in der Seitenlinie und Verschwägerte des Betreuers kommt nicht in Betracht (Hamm FamRZ 65, 86).

 

Rn 6

Bei Rechtsgeschäften über gesicherte Forderungen des Betreuten gegen den Betreuer (I Nr 2) wird die Vertretung des Betreuers dann ausgeschlossen, wenn diese Geschäfte die Übertragung oder Belastung einer der genannten Sicherheiten zum Gegenstand haben oder die Verpflichtung des Betreuten zu einer solchen Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Minde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge