Gesetzestext

 

(1) Das Familiengericht kann bei Bestellung eines ehrenamtlichen Vormunds mit dessen Einverständnis einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten auf einen Pfleger übertragen, wenn die Übertragung dieser Angelegenheiten dem Wohl des Mündels dient. Die Übertragung ist auch nachträglich möglich, wenn der Vormund zustimmt.

(2) Die Übertragung ist ganz oder teilweise aufzuheben,

1. wenn sie dem Wohl des Mündels widerspricht,
2. auf Antrag des Vormunds oder des Pflegers, wenn der jeweils andere Teil zustimmt und die Aufhebung desm Wohl des Mündels nicht widerspricht, oder
3. auf Antrag des Mündels, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, wenn Vormund und Pfleger der Aufhebung zustimmen.

Die Zustimmung gemäß Satz 1 Nummer 2 und 3 ist entbehrlich, wenn ein wichtiger Grund für die Aufhebung vorliegt.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über die Pflegschaft für Minderjährige entsprechend. Neben einem Pfleger nach § 1809 oder § 1777 kann ein Pfleger nach Absatz 1 nicht bestellt werden.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm ermöglicht es, bei ehrenamtlich geführten Vormundschaften komplexe oder konfliktträchtige Sorgebereiche auf einen zusätzlichen Pfleger nach den Vorschriften über die Pflegschaft für Minderjährige (§§ 1809 ff) zu übertragen, ohne dass solche Probleme die generelle Eignung des Vormunds infrage stellen. Der zusätzliche Pfleger gem § 1776 besorgt die ihm übertragenen Angelegenheiten des Mündels und vertritt den Mündel (§ 1776 III 1, § 1813 I iVm § 1789 I u II). Der Vormund trägt aber auch in diesem Fall weiterhin eine Mitverantwortung für das Wohl des Mündels, da der Pfleger gem § 1792 III bei seinen Entscheidungen die Auffassung des Vormunds einzubeziehen hat. Gleichzeitig wird der Vormund iRd Kooperationspflicht gem § 1792 II über die Entscheidungen des Pflegers informiert. Damit wird der Vormund in die Lage versetzt, seine ihm verbleibende Verantwortung für den Mündel wahrzunehmen und bei aus seiner Sicht dem Mündel abträglichen Entscheidungen des Pflegers eine gerichtliche Entscheidung nach § 1793 I Nr 3 herbeizuführen (BTDrs 19/24445, 190 ff).

Bei der Person des zusätzlichen Pflegers kommt der in § 1774 genannte Personenkreis in Betracht (§ 1776 III 1, 1813 I). Ein Pfleger kann durch die Eltern auch nur für einzelne Bereiche benannt werden (§§ 1813 I, 1782).

B. Bestellung.

 

Rn 2

Nach I 1 kann das FamG den Pfleger bereits bei Bestellung des ehrenamtlichen Vormunds mit dessen Einverständnis zusätzlich bestellen oder mit Zustimmung des Vormunds nachträglich, sobald ein entsprechendes Bedürfnis für die Bestellung eines zusätzlichen Pflegers auftritt (I 2). Einverständnis bzw nachträgliche Zustimmung des Vormunds sind notwendig, da die Gesamtverantwortung für den Mündel letztlich beim Vormund verbleibt (1792 III).

C. Aufhebung.

 

Rn 3

Nach II 1 Nr 1 hat das FamG die Übertragung auf den Pfleger ganz oder tw vAw aufzuheben, wenn nachträglich Umstände auftreten, denen zufolge die Übertragung der Sorgeangelegenheiten auf den Pfleger dem Wohl des Mündels widerspricht. Ein solcher Fall wäre etwa gegeben, wenn sich die Aufteilung der Sorgeangelegenheiten zwischen Vormund und Pfleger aus tatsächlichen Gründen als nicht praktikabel erweist und dadurch zu Defiziten bei der Sorge für den Mündel führt oder aber der Pfleger die Regelung der Sorgeangelegenheiten des Mündels vernachlässigt, etwa als Pfleger für Behördenangelegenheiten vom Vormund für notwendig erachtete Anträge auf Leistungen nicht stellt. Nach Nr 2 soll die Aufhebung der Übertragung auf Antrag im Einvernehmen von Vormund und Pfleger möglich sein, wenn sie dem Wohl des Mündels nicht widerspricht. Dies gilt nach Nr 3 entspr, wenn der Mündel, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, die Aufhebung wünscht. Eine Zustimmung von Vormund und Pfleger zu einer Aufhebung auf Antrag nach Nr 2 und Nr 3 ist gem II 2 ist entbehrlich, wenn derjenige, der die Aufhebung beantragt, dafür einen wichtigen Grund hat. Dies können etwa wiederholte Auseinandersetzungen zwischen Pfleger und Vormund oder dessen fehlende Kooperation sein, aber auch aus persönlichen Belangen des Pflegers, etwa bei einer ernsthaften Erkrankung oder einer sonstigen Änderung der Lebensverhältnisse herrühren (BTDrs 19/24445, 190 ff).

D. Vergütung und Aufwendungsersatz.

 

Rn 4

Für den Pfleger nach § 1776 gelten gem III 1 iÜ die Vorschriften über die Pflegschaft für Minderjährige. Dem zusätzlichen Pfleger stehen auch Vergütung und Aufwendungsersatz nach Maßgabe des Pflegschaftsrecht für Minderjährige zu (s § 1813 Rn 4).

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