Gesetzestext

 

(1) Ehegatten führen die ihnen übertragene Vormundschaft gemeinschaftlich.

(2) Vormünder und Pfleger sind zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit im Interesse des Mündels zu dessen Wohl verpflichtet.

(3) Der nach § 1776 bestellte Pfleger hat bei seinen Entscheidungen die Auffassung des Vormunds einzubeziehen.

(4) Der nach § 1777 bestellte Pfleger und der Vormund entscheiden in Angelegenheiten, für die ihnen die Sorge gemeinsam zusteht, in gegenseitigem Einvernehmen.

(5) In den Fällen der Absätze 1 und 4 gilt § 1629 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm übernimmt mit wesentlichen Änderungen § 1797 aF und regelt in I die Amtsführung der Mitvormünder. Da Eltern nach dem neuen Recht nicht mehr mehrere Vormünder benennen können, ist § 1797 III entfallen. Das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten der gemeinschaftlichen Vormünder und von Vormund und Pfleger ist aus systematischen Gründen nunmehr in § 1793 geregelt. Neu hinzugekommen sind die Regelungen in III u IV, in denen das Verhältnis zwischen Vormund und zusätzlichem Pfleger sowie zwischen Vormund und sorgeberechtigter Pflegeperson geregelt wird.

B. Gemeinschaftliche Vormundschaft.

 

Rn 2

Nach § 1775 I soll die Mitvormundschaft nur noch bei Ehegatten möglich sein. Ehegatten führen die Vormundschaft grds gemeinschaftlich (I). Da Gesamtvertretungsmacht besteht (§ 1629 I 2), müssen sie Übereinstimmung erzielen, sodass zB auch eine Prozessvollmacht von sämtlichen Mitvormündern erteilt werden muss (Staud/Veit § 1797 aF Rz 11). Eine stillschweigende Verteilung der Geschäftsführung ist unzulässig (Dresd OLGE 36, 212, 213), doch kann ein Mitvormund von den anderen bevollmächtigt werden. Handelt ein Mitvormund ohne Zustimmung des anderen, so ist er Vertreter ohne Vertretungsmacht und haftet Dritten nach § 179 (Staud/Veit § 1797 aF Rz 18). Bei Erklärungen ggü Dritten oder der Zustellung einer Klage (§ 171 III ZPO) reicht der Zugang bei einem der Mitvormünder. Außerdem steht jedem Vormund ein selbstständiges Beschwerderecht zu (§ 59 I FamFG). Verstößt ein Mitvormund gegen seine Amtspflichten, tritt gesamtschuldnerische Haftung mit dem anderen Mitvormund aus § 1794, 1826 II ein, wenn dieser seine Aufsichtspflichten verletzt hat (Staud/Veit § 1797 aF Rz 10). Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vormündern entscheidet das FamG (s § 1793 Rn 1 ff).

C. Kooperationspflicht.

 

Rn 3

Nach II besteht für Vormund und Pfleger im Interesse des Mündels und zu dessen Wohl die Pflicht zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit. Während die Kooperationspflicht für die Fälle der Bestellung eines zusätzlichen Pflegers gem § 1776 von besonderer Bedeutung ist, kommt der gegenseitigen Informationspflicht bei der Übertragung bestimmter Sorgeangelegenheiten an eine Pflegeperson nach § 1777 besondere Bedeutung zu. Gem §§ 1813 I, 1792 II sind auch mehrere Ergänzungspfleger zur gegenseitigen Zusammenarbeit im Interesse des Mündels zu dessen Wohl verpflichtet. Gleiches gilt für Vormund und Zuwendungspfleger (BTDrs 19/24445, 205 f).

 

Rn 4

III bestimmt für den nach § 1776 bestellten zusätzlichen Pfleger die Pflicht, bei Entscheidungen in seinem Sorgebereich zunächst die Auffassung des ehrenamtlichen Vormunds einzuholen, um sie bei seiner Entscheidung mit abzuwägen. Da beim Vormund auch im Sorgebereich des zusätzlichen Pflegers eine Mitverantwortung für das Wohl des Mündels verbleibt, hat er sich seinerseits in Kenntnis der vom zusätzlichen Pfleger beabsichtigten Entscheidung eine eigene Meinung zu bilden. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet auf Antrag das Familiengericht (§ 1793 I Nr 3). Ggf können durch den Vormund (zB wenn bestimmte notwendige Anträge nicht gestellt werden) auch Aufsichtsmaßnahmen des FamG ggü dem zusätzlichen Pfleger angeregt werden (BTDrs 19/24445, 205 f).

 

Rn 5

IV ist § 1687 I 1 nachgebildet. Sind dem Vormund und der Pflegeperson gem § 1777 II Angelegenheiten zur gemeinsamen Sorge übertragen, so müssen die Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung im gegenseitigen Einvernehmen entschieden werden. Kann das notwendige Einvernehmen nicht hergestellt werden, so können sie nach § 1793 I Nr 3 die Entscheidung durch das FamG beantragen.

 

Rn 6

V verweist für die gemeinschaftliche Vertretung in I und IV für Willenserklärungen gegenüber einem Vertreter und das Notvertretungsrecht zur Klarstellung auf die entsprechende Regelung im Kindschaftsrecht (§ 1629 I 2 u 4).

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