Gesetzestext

 

(1) Lebt der Mündel für längere Zeit bei der Pflegeperson, ist diese berechtigt, in Angelegenheiten des täglichen Lebens zu entscheiden und den Vormund insoweit zu vertreten. § 1629 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 ist auf die Person gemäß § 1796 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Der Vormund kann die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 durch Erklärung gegenüber der Pflegeperson einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Mündels erforderlich ist.

Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm regelt die Entscheidungsbefugnis der Pflegeperson in Alltagsangelegenheiten. Sie entspricht § 1687 I 1 und soll eine praktikable und unbürokratische Organisation des Erziehungsalltags ermöglichen. Nach I kann die Pflegeperson, wenn der Mündel längere Zeit bei ihr lebt, in den Angelegenheiten des täglichen Lebens (vgl Legaldefinition § 1687 I 3: zB regelmäßig vorkommende ärztliche Vorsorgeuntersuchungen, Umgang mit Freunden, Ernährung) entscheiden und den Vormund insoweit vertreten. Andere über die Alltagssorge hinausgehende Angelegenheiten (s § 1688 I 2), wie etwa die Verwaltung des Arbeitsverdienstes des Mündels oder die Geltendmachung von Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstigen Sozialleistungen für den Mündel, verbleiben dagegen in der alleinigen Verantwortung des Vormunds, können aber ggf gem § 1777 auf die Pflegeperson übertragen werden (BTDrs 19/24445, 210 f). I 2 räumt der Pflegeperson unter Verweis auf § 1629 I 4 im Verhältnis zum Vormund zudem ein Notvertretungsrecht ein. II stellt Personen, die für die Erziehung und Betreuung des Mündels in einer Einrichtung oder einer sonstigen Wohnform (s § 1796 III) zuständig sind in Bezug auf die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis Pflegepersonen nach I gleich. Nach III kann der Vormund die Vertretungsbefugnis der Pflegeperson und der gleichgestellten Erziehungsperson einschränken oder ganz ausschließen, wenn dies zum Wohl des Mündels erforderlich ist. Handelt er, ohne dass das Wohl des Mündels dies erfordern würde oder unterlässt er eine im Mündelinteresse gebotene Einschränkung bzw den Ausschluss der Vertretungsbefugnis, so kommen Aufsichtsmaßnahmen des FamG in Betracht.

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