Gesetzestext

 

Ist das Amtsgericht sachlich oder örtlich unzuständig, so hat es den Beklagten vor der Verhandlung zur Hauptsache darauf und auf die Folgen einer rügelosen Einlassung zur Hauptsache hinzuweisen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Geregelt wird eine spezielle Hinweispflicht des Amtsrichters, die ggf über die allgemeine Hinweispflicht gem § 139 hinausgeht. Die im amtsgerichtlichen Verfahren uU nicht anwaltlich vertretene, rechtlich unerfahrene Partei soll davor bewahrt werden, Nachteile infolge einer rügelosen Einlassung gem § 39 S 1 dadurch zu erleiden, dass sich die gegnerische Partei die – sachliche und örtliche – Zuständigkeit des angerufenen AG (auch nur objektiv) erschleicht und der Beklagte die sich aus der Unzuständigkeit herzuleitenden Rechte nicht ausübt (KG FamRZ 89, 1105). Dies ist umso notwendiger, als die rügelose Einlassung gem § 39 S 1 grds noch nicht einmal einer prozessualen Erklärung bedarf. Andererseits wird die rügelose Einlassung wegen § 39 S 2 erst wirksam, wenn tatsächlich eine Belehrung gem § 504 erfolgt ist. Daher schützt sie letztlich auch das Interesse des Klägers auf Gewissheit darüber, ob die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts durch die rügelose Einlassung gem § 39 S 1 tatsächlich begründet worden ist (vgl MüKoZPO/Deubner Rz 8).

B. Hinweispflicht.

I. Von Amts wegen.

 

Rn 2

Die Hinweispflicht besteht vAw, unabhängig davon, ob die beklagte Partei anwaltlich vertreten ist, oder nicht und galt daher nach der bis 31.8.09 geltenden Gesetzeslage trotz Anwaltszwangs gem §§ 78 II ZPO aF grds auch vor dem FamG (vgl hierzu Stuttg FamRZ 80, 385), mit Ausnahme von Verfahren in Ehesachen (§ 608 aF), güterrechtlichen Streitigkeiten (§§ 621 I Nr 8, 621b aF), Folgesachen (§ 624 III aF) oder auch Lebenspartnerschaftsverfahren (§ 661 I Nr 3, II aF). Mit der neuen Gesetzeslage seit Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.09 ist dies jedoch in dessen Anwendungsbereich nicht mehr vereinbar, da in der speziellen Verfahrensordnung nicht vorgesehen und der Verweis auf die Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften in § 113 FamFG die Bestimmungen über das Verfahren vor den Amtsgerichten gem §§ 495 ff gerade ausnimmt (§ 113 I 2 FamFG, vgl § 495 Rn 1). Soweit eine Hinweispflicht gem § 504 jedoch besteht, gilt sie auch in Fällen, in denen ein anderes Gericht ausschließlich zuständig ist und eine rügelose Einlassung wegen § 40 II 2 folgenlos bliebe (vgl St/J/Leipold Rz 2; MüKoZPO/Deubner Rz 2). § 504 ist auch anwendbar in den Fällen des § 506, also wenn die Unzuständigkeit erst nachträglich durch Klageerweiterung oder Widerklage gem dieser Vorschrift eingetreten ist (LG Hannover MDR 85, 772; Zö/Herget Rz 2; St/J/Leipold Rz 2 mwN; aA LG Hamburg MDR 78, 940 [LG Hamburg 12.05.1978 - 11 S 56/78], wohl auch Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 4).

II. Sachlich und örtlich.

 

Rn 3

Die Hinweispflicht gem § 504 bezieht sich gleichermaßen auf die örtliche wie die sachliche Unzuständigkeit. Sie besteht insb im Hinblick auf Sinn und Zweck der Vorschrift auch hinsichtlich einer fehlenden internationalen Zuständigkeit des deutschen Gerichts (Musielak/Voit/Wittschier Rz 2 mwN; MüKoZPO/Deubner Rz 4). Der (inländischen) Vollstreckbarkeit eines vor einem unzuständigen ausländischen Gericht aufgrund rügeloser Einlassung erwirkten Titels gegen einen deutschen Beklagten steht § 504 jedoch nicht entgegen (Frankf VersR 80, 58; Musielak/Voit/Wittschier Rz 2 mwN).

III. Zeitpunkt.

 

Rn 4

Der Hinweis hat grds vor der Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zu erfolgen. Dies kann – mündlich – in der Güteverhandlung (§ 278) oder zu Beginn der mündlichen Verhandlung vorgenommen werden, zweckmäßig erscheint jedoch die schriftliche Form im Vorfeld gem § 273 I. Der Hinweis kann jederzeit im Verlauf des Verfahrens nachgeholt werden, selbst nach Schluss der mündlichen Verhandlung (LG Hannover MDR 85, 772; zu den Folgen s.u. Rn 7). Der mündliche Hinweis sollte aus Gründen der Rechtssicherheit unbedingt protokolliert werden, auch wenn es sich nicht um einen notwendigen Bestandteil des Protokolls gem § 160 I–III, insb nicht iSv § 160 II handelt (St/J/Leipold Rz 6; Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 6; aA MüKoZPO/Deubner Rz 7; Musielak/Voit/Wittschier Rz 2).

IV. Entbehrlichkeit.

 

Rn 5

Entbehrlich ist ein Hinweis gem § 504 allenfalls in Sonderfällen, etwa wenn der Beklagte bereits vor Erteilung des Hinweises zu erkennen gegeben hat, dass er über die Möglichkeit und die Folgen der rügelosen Einlassung informiert ist (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 5). Eine wirksame Verweisung auf Antrag des Klägers wird auch nicht dadurch gehindert, dass der Beklagte zuvor nicht ordnungsgemäß auf die Möglichkeit der rügelosen Einlassung gem § 504 iVm § 39 hingewiesen worden ist. § 504 schützt nicht die Möglichkeit des Beklagten, eine vor dem unzuständigen Gericht erhobene Klage im Nachhinein zulässig zu machen, sondern dient lediglich dazu, die Erschleichung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit durch den Kläger zu verhindern (München ZIP 12, 2180; Schlesw v 11.7.12 – 2 W 187/11 – entgegen BayObLG NJW 03, 366, vgl 11. Aufl Rz 5).

V. Formulierung.

 

Rn 6

Aus der Formulierung des Hinweises gem § 504 durch das Gericht müssen sich nach Wortlaut und Z...

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