Gesetzestext

 

(1) Die Vereinbarung hat keine rechtliche Wirkung, wenn sie nicht auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis und die aus ihm entspringenden Rechtsstreitigkeiten sich bezieht.

(2) 1Eine Vereinbarung ist unzulässig, wenn

1. der Rechtsstreit nichtvermögensrechtliche Ansprüche betrifft, die den Amtsgerichten ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes zugewiesen sind, oder
2. für die Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

2In diesen Fällen wird die Zuständigkeit eines Gerichts auch nicht durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache begründet.

A. Normgegenstand.

 

Rn 1

§ 40 bestimmt zusammen mit § 38 die Grenzen wirksamer Gerichtsstandsvereinbarungen. Man spricht insoweit auch von Derogation (Einschränkung; s nur Zö/Schultzky Rz 7). Die Terminologie in § 40 I und II ist irreführend. In beiden Fällen geht es um die Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen eine Verbotsnorm (vgl Zö/Schultzky Rz 1; Musielak/Voit/Heinrich Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 2). Zweck der Vorschrift ist es, dem Bestreben entgegenzuwirken, durch eine Gerichtsstandsvereinbarung die Gerichtsstandsregelungen der §§ 12 ff mit dem ihnen eigenen Schutzzweck auszuschalten (vgl MüKoZPO/Patzina Rz 2; Musielak/Voit/Heinrich Rz 1). Durch § 40 II werden zudem die durch das Gesetz angeordneten ausschließlichen Zuständigkeiten abgesichert und deren zwingender Charakter betont. Dem dient auch die Beschränkung des § 39 durch § 40 II 2.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

§ 40 gilt für die örtliche und sachliche Zuständigkeit (Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; ThoPu/Hüßtege Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 4). Zur internationalen Zuständigkeit s Rn 6. Die Vorschrift ist zwingend und durch das Gericht in jeder Lage des Rechtsstreits vAw zu beachten (vgl Zö/Schultzky Rz 2; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; ThoPu/Hüßtege Rz 3). Aus § 40 II 2 ergibt sich, dass die Vorschriften der §§ 282 III, 296 III keine Anwendung finden (Zö/Schultzky Rz 2; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; vgl dazu § 39 Rn 2, 8). Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen wie auch zur Prüfung in den höheren Instanzen s näher § 12 Rn 11 ff.

I. Bestimmtes Rechtsverhältnis (§ 40 I 1).

 

Rn 3

Der Begriff des Rechtsverhältnisses iRd § 40 I 1 hat dieselbe Bedeutung wie iRd § 256 (Zö/Schultzky Rz 3; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; ThoPu/Hüßtege Rz 4; s dazu § 256 Rn 12). Das Rechtsverhältnis ist bestimmt, wenn es hinreichend individualisiert werden kann, dh von anderen Rechtsverhältnissen abgrenzbar ist (vgl Zö/Schultzky Rz 3; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; MüKoZPO/Patzina Rz 5; näher Ehricke ZZP 111, 145, 152 ff). Der Bezug auf ein konkretes Vertragsverhältnis reicht in jedem Fall aus, zB ein Kontokorrentverhältnis (Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; ThoPu/Hüßtege Rz 4), auch bei Einbeziehung durch AGB, in denen eine Gerichtsstandsklausel enthalten ist (Hamm 5.2.16 – I-32 SA 79/15). Der Bezug auf sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus einem bestimmten Vertragsverhältnis erfasst neben vertraglichen idR auch künftige deliktische Ansprüche, soweit sie mit vertraglichen Ansprüchen konkurrieren (vgl BAGE 22, 410 [BAG 20.07.1970 - 3 AZR 417/69]; München RIW 89, 901 ff zu Art 17 EuGVÜ; Stuttg EuZW 91, 125 ff zu Art 17 EuGVÜ; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; Busse MDR 01, 733; Ehricke ZZP 111, 145, 154 ff, 163 ff; vgl auch BGH NJW 65, 300 [BGH 24.11.1964 - VI ZR 187/63]; BAG AP Nr 4 zu § 38 ZPO Internationale Zuständigkeit). Anderes soll aber für Vereinbarungen in AGB gelten (vgl Hambg VersR 82, 341; Stuttg BB 74, 1270; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; MüKoZPO/Patzina Rz 5; aA Stuttg OLGR 08, 305, 307). Bestimmt genug ist auch eine satzungsmäßige Gerichtsstandsklausel für alle Streitigkeiten aus einem Mitgliedschaftsverhältnis (vgl BGHZ 123, 347, 351 ff zu Art 17 EuGVÜ; Zö/Schultzky Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3). Bei Bestehen einer bestimmten Rahmenvereinbarung genügt auch die Bestimmbarkeit des Einzelvertrages (vgl Schlesw SchlHA 14, 239; Zö/Schultzky Rz 3; Ehricke ZZP 111, 145, 157 ff; Schilken FS Musielak, S 435, 446), anders dagegen bei Vereinbarung eines Gerichts für alle Streitigkeiten aus der Geschäftsverbindung (RGZ 36, 421, 422; Hamm 5.2.16 – I-32 SA 79/15; Zö/Schultzky Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3) oder für alle künftigen Rechtsstreitigkeiten (Zö/Schultzky Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; St/J/Bork Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 5; vgl auch Ehricke ZZP 111, 145, 152 ff).

II. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten der Amtsgerichte (§ 40 II Nr 1).

 

Rn 4

Zu dem Begriff der nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit s § 3 Rn 8. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, die den Amtsgerichten streitwertunabhängig zugewiesen sind, bestehen in Form der Familiensachen (§ 23a I GVG iVm § 111 FamFG) und der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem § 23a II GVG.

III. Ausschließliche Zuständigkeit (§ 40 II Nr 2).

 

Rn 5

Ausschließliche Zuständigkeit iSd § 40 II Nr 2 meint nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit. Der Begriff ›Gerichtsstand‹ ist insoweit ggü den §§ 12 ff erweitert (allgM; s nur Zö/Schultzky Rz 6; Musielak/Voit/Heinrich Rz 5; ThoPu/Hüßtege Rz 6; vgl auch § 12 Rn 2). Es muss sich um eine ausschließliche gesetzliche Zuständigkeit handeln (Musielak/Voit/Heinrich Rz 5; Zö/Schultzky Rz 7; MüKoZPO/Patzi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge