Gesetzestext

 

(1) 1In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. 2Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift erfasst nur die prozessuale Sicherheitsleistung, etwa in den Fällen der §§ 89 (vollmachtloser Vertreter), 110–113 (Auslandsbezug), 707, 709–712, 714, 715, 719, 720, 720a, 732, 769, 771 ff, 838, 890 (Zwangsvollstreckung), 921, 923, 925 II, 927, 936, 939 (Arrest und einstweilige Verfügung). Hierunter fallen auch die Fälle, in denen auf die entsprechenden Regelungen der ZPO Bezug genommen wird, zB §§ 67 ff ZVG. Nicht erfasst ist die materielle Sicherheitsleistung nach §§ 232240 BGB, worunter auch die Sicherheit nach § 283a fällt (str s § 283a Rn 20). Die prozessuale Sicherheitsleistung schützt Ansprüche des Schuldners bei Vollstreckung aus einer nicht rechtskräftigen Entscheidung. Umgekehrt sichert die Abwendungsbefugnis des Schuldners den Gläubiger vor den Risiken aus einer Verzögerung der Vollstreckung (Musielak/Voit/Foerste § 108 Rz 1). Die Entscheidung erfolgt im Endurteil nur in den Fällen der §§ 709, 711, 712, 925, 927, 939. Bei Arrest und einstweiliger Verfügung durch Endurteil oder Beschl nach §§ 921, 923, 936; im Falle des § 280 II durch Zwischenurteil. In den übrigen Fällen wird durch Beschl entschieden, wenn die Sicherheitsleistung gesetzlich vorgesehen ist (Zö/Herget 108 Rz 13).

B. Parteivereinbarungen.

 

Rn 2

Die Parteien können jederzeit eine Vereinbarung sowohl über Art als auch Höhe der Sicherheitsleistung treffen. Diese Parteivereinbarung kann in einem gerichtlichen Verfahren oder außergerichtlich erfolgen. Möglich ist bspw auch lediglich die Vereinbarung einer von § 108 abweichenden Stellung einer Bürgschaft. Parteivereinbarungen haben Vorrang vor der gerichtlichen Anordnung. Wird die Parteivereinbarung nicht berücksichtigt, kann Änderungsantrag gestellt, Rechtsmittel eingelegt oder eine neue Klage erhoben werden (Zö/Herget 108 Rz 3). Die Parteien können mit bindender Wirkung für das Gericht von einer Sicherheit auch dort absehen, wo das Gesetz eine solche vorsieht und umgekehrt eine solche auch in Fällen vereinbaren, in denen das Gesetz keine Sicherheitsleistung kennt (MüKoZPO/Schulz § 108 Rz 20).

C. Bestimmung von Art und Höhe.

 

Rn 3

Zuständig zur Bestimmung der Sicherheitsleistung ist das Prozessgericht, welches die Entscheidung fällt, in deren Rahmen Sicherheit zu leisten ist. Bei der KfH entscheidet der Vorsitzende, § 349 II Nr 9 (sowohl Art als auch Höhe). Dies kann ausnahmsweise auch das Gericht höherer Instanz sein, etwa wenn die Vorinstanz zu Unrecht aber in unanfechtbarer Weise keine Entscheidung getroffen hat (BGH NJW 66, 1028, 1029). Gründe der Prozessökonomie sprechen dafür, auch das Berufungsgericht als zuständig anzusehen (LG Aachen MDR 66, 244). Hat das Gericht über die vorläufige Vollstreckbarkeit ganz oder teilweise nicht entschieden, ist das Urteil nach §§ 716, 321 auf Antrag zu ergänzen. Das gilt allerdings nur dann, wenn die Entscheidung versehentlich unterblieben ist, nicht etwa, wenn bewusst eine Abwendungsbefugnis nach § 711 (irrig) deshalb nicht ausgesprochen wurde, da von der Anwendbarkeit des § 713 ausgegangen wurde (BGH WuM 18, 221, 222 [BGH 12.02.2018 - VIII ZR 273/17]; WuM 04, 553, 554). Im Falle einer einstweiligen Einstellung – §§ 707, 719, 732 II, 769 – ist das Gericht zuständig, welches die Einstellung anordnete, mithin ggf das Vollstreckungsgericht.

I. Höhe der Sicherheitsleistung.

 

Rn 4

Erforderlich ist eine ausdrückliche, in Geld bemessene Bestimmung. Ausnahme: §§ 709 S 2, 711 S 2. Das Ermessen des Gerichts bestimmt sich nach dem drohenden Nachteil bzw dem Schaden, dessen Eintritt abgesichert werden soll und ist voll durch das Rechtsmittelgericht überprüfbar. An seine getroffene Festsetzung ist das Gericht nach § 318 gebunden (Frankf OLGZ 70, 172). Bei der Vollstreckungssicherheit (§§ 709, 707, 711, 732 II, 769, 771 III, 921, 925, 936) deckt die Höhe der Sicherheit den im Falle einer Änderung oder Aufhebung des zugrunde liegenden Titels durch die Vollstreckung verursachten Schaden ab. Der ebenfalls umfasste Schaden nach § 717 II, etwa Verdienstausfall, Betriebseinstellung, wird auch im Falle einer Geldvollstreckung berücksichtigt, obgleich hier § 720a der Praktikabilität wegen die Blockade des Schuldnervermögens gestattet ohne Sicherheit für Folgeschäden zu verlangen (Musielak/Voit/Foerste § 108 Rz 3a). Die Berücksichtigung eines Schadens iSv § 717 II setzt jedoch voraus, dass hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine...

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