Gesetzestext
(1) 1Über Einwendungen des Schuldners, welche die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel betreffen, entscheidet das Gericht, von dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt ist. 2Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(2) Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
A. Ratio.
Rn 1
Der Schuldner ist aufgrund des vorrangigen Interesses des Titelgläubigers an der raschen Durchführung der Zwangsvollstreckung grds darauf verwiesen, Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel nach dem Vollstreckungszugriff geltend zu machen (zu den Ausnahmen: Anhörung vor Erteilung der Klausel s § 730 Rn 2). § 732 bringt das Interesse des Schuldners zur Geltung, nach der Durchführung der Vollstreckung das Erfordernis einer Vollstreckungsklausel als solcher oder deren formelle Rechtmäßigkeit gerichtlich auf den Prüfstand zu stellen und deren Beseitigung oder Beschränkung zu erreichen. Seinem Regelungsziel nach erschöpft sich die Erinnerung mithin weder allein in einer Nachholung der Anhörung noch in der Gewährleistung des Richtervorbehalts (Musielak/Voit/Lackmann § 732 Rz 1). Es handelt sich um einen speziellen Rechtsbehelf, der dem Umstand Rechnung trägt, dass das Klauselerteilungsverfahren der Vollstreckung als selbstständiger verfahrensrechtlicher Vorgang vorgeschaltet ist (s § 724 Rn 2).
B. Anwendungsbereich.
I. Rüge der formell unzulässigen Klauselerteilung.
Rn 2
Gegenstand der Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist der Umstand, dass die Klausel nach der objektiven Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Rechtsbehelf (s Rn 10) nicht hätte erteilt werden dürfen (BGH NJW 06, 26). Das kann zweierlei heißen: Zum einen kann der Schuldner mit dem Rechtsbehelf nach § 732 formelle Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der dem Gläubiger erteilten Vollstreckungsklausel erheben (BGH Rpfleger 05, 612; Rpfleger 05, 33; BGH WM 10, 1788, 1789; s Rn 3). Zum anderen kann die Zulässigkeit der Erteilung einer Vollstreckungsklausel an sich gerügt werden, vorausgesetzt der Angriff richtet sich gegen formelle Fehler beim Zustandekommen des Titels. Das ist zB der Fall, wenn eine vollstreckbare Urkunde nicht wirksam errichtet worden (BGH NJW-RR 90, 246; NJW-RR 87, 1149) oder mangels ordnungsgemäßer Protokollierung ein wirksamer Prozessvergleich überhaupt nicht zustande gekommen ist (BGHZ 15, 190). Auch darf keine Klausel erteilt werden für einen nicht vollstreckungsfähigen, weil inhaltlich unbestimmten Titel. Allerdings handelt es sich in diesem Fall um materielle Einwendungen, die den titulierten Anspruch als solchen betreffen. Sie können nicht mit der Klauselerinnerung nach § 732 gerügt werden (BGH NJW-RR 04, 1135 [BGH 05.12.2003 - V ZR 341/02] für einen unbestimmten Titel; Musielak/Voit/Lackmann § 732 Rz 4, 8; Zö/Seibel § 732 Rz 13). Macht der Schuldner von dem Rechtsbehelf keinen Gebrauch, so kann die Erteilung der Vollstreckungsklausel allenfalls bei schweren Mängeln nichtig und deshalb von vornherein unwirksam sein (BGH BeckRS 13, 11008; NJW-RR 12, 1146 [BGH 12.01.2012 - VII ZB 71/09]).
II. Formelle Einwendungen gegen die Vollstreckungsklausel.
1. Abgrenzung zur Vollstreckungsabwehrklage nach § 767.
Rn 3
Mit der Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel kann der Schuldner nur solche Einwendungen (zB gegen eine dem Gläubiger erteilte Klausel) erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben (BGH Rpfleger 05, 612; NJW-RR 04, 1718 [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 326/03]; NJW-RR 04, 1135, 1136 [BGH 05.12.2003 - V ZR 341/02]). Auch kann die Erinnerung nach § 732 nicht damit begründet werden, der Anspruch bestehe materiell-rechtlich (etwa wegen Verstoßes nach § 307 I BGB) nicht (BGH NJW 09, 1887 [BGH 16.04.2009 - VII ZB 62/08]; offengelassen von BGH NJW-RR 06, 567, für den Fall, dass die Forderung ersichtlich nicht besteht). Denn diese Frage gehört grds zum Rechtsschutzbereich der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 (analog: BGH NJW-RR 07, 1724 [BGH 23.08.2007 - VII ZB 115/06]).
Rn 4
Die Rechtsbehelfe nach § 732 und § 767 unterscheiden sich nicht nur in ihrem rechtlichen Ziel, sondern, sofern sie begründet sind, auch in ihrer rechtlichen Wirkung. So beseitigt die Vollstreckungsabwehrklage die Vollstreckbarkeit der Urkunde schlechthin, während sich die Klauselerinnerung nur gegen die jeweilige vollstreckbare Ausfertigung richtet und die Erteilung einer weiteren Vollstreckungsklausel nicht hindert (BGH NJW-RR 04, 1718, 1719; BGHZ 118, 229, 236). Einen prinzipiellen Vorrang des einen ggü dem anderen Rechtsbehelf gibt es daher nicht (BGH NJW-RR 04, 472, 473 f [BGH 15.12.2003 - II ZR 358/01]; BayObLG Rpfleger 04, 692 [BayObLG 21.07.2004 - 2 Z BR 83/04]; anders noch BGH NJW-RR 87, 1149 [BGH 21.05.1987 - VII ZR 210/86]). Vielmehr hat der Schuldner hinsichtlich seines prozessualen Vorgehens ein Wahlrecht, wenn die Voraussetzungen einer Klauselerinnerung nach § 732 und einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 (analog) nebeneinander vorliegen (BGH NJW-RR 04, 1718, 1719 [BGH 16....