Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit. Verweisung eines Baumaschinenvorarbeiters auf eine Pförtnertätigkeit

 

Orientierungssatz

Ein Facharbeiter kann im Grundsatz (nur) auf Tätigkeiten eines angelernten Arbeiters verwiesen werden.

Des weiteren können Facharbeiter unter bestimmten Voraussetzungen auch auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, nämlich dann, wenn diese sich aufgrund besonderer Merkmale - etwa durch eine Vertrauensstellung oder besondere Verantwortung - aus dem Kreis anderer ungelernter Arbeiten deutlich herausheben und dadurch dem Niveau eines Ausbildungsberufes entsprechen. Das gilt für diejenigen Tätigkeiten, die wegen ihrer Qualität, nicht wegen mit ihnen verbundener Nachteile oder Erschwernisse, tariflich wie Ausbildungsberufe eingestuft sind (vgl BSG 1980-11-12 1 RJ 104/79 = SozR 2200 § 1246 Nr 69).

 

Normenkette

RVO § 1246 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 18.08.1980; Aktenzeichen L 3 J 65/79)

SG Lübeck (Entscheidung vom 17.01.1979; Aktenzeichen S 2 J 686/77)

 

Tatbestand

Streitig ist eine Versichertenrente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Der 1934 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er war bis 1959 als Arbeiter beschäftigt. Dann arbeitete er bei ein und derselben Firma bis zu seinem Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen im August 1975 zunächst als Baumaschinist, dann als Baumaschinenvorarbeiter (Tarifgruppe II des Bezirkslohntarifvertrags für das Baugewerbe). Die Beklagte bewilligte ihm aufgrund eines am 14. August 1975 eingetretenen Versicherungsfalles eine Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 13. Februar 1976 bis zum 31. Juli 1977. Anschließend erhielt er Krankengeld, später Sozialhilfe. Erstmals während der Kursaison 1979 übte der Kläger eine Tätigkeit als Kurtaxenkassierer und WC-Reiniger aus.

Den im Mai 1977 gestellten Antrag auf Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente über Juli 1977 hinaus lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 12. Dezember 1977). Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen, das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen (Urteile vom 17. Januar 1979 und 18. August 1980).

Das LSG ist davon ausgegangen, daß der Kläger insbesondere durch Narbenverwachsungen nach mehrfacher Laparotomie im Oberbauchbereich, durch eine Periarthritis im linken Schultergelenk, mäßige Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule und den Verlust des linken Auges, ferner durch Krampfadern an beiden Unterschenkeln sowie leichten Bluthochdruck beeinträchtigt werde. Es hat ihn für fähig gehalten, noch vollschichtig leichte Arbeiten, die keine Anforderungen an räumliches Sehen stellen, im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen zu verrichten.

Das LSG hat ausgeführt, entgegen der Ansicht des SG sei der Kläger nicht auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbar. Zwar besitze er keine abgeschlossene Berufsausbildung, er habe jedoch langjährig eine nach Gruppe II des Baugewerbelohntarifvertrags entlohnte Tätigkeit als Baumaschinenvorarbeiter ausgeübt. Wenngleich er, wie er nunmehr selbst einräume, bei dieser Sachlage nicht die Voraussetzungen des gesteigerten Berufsschutzes eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion erfülle, müsse er doch als Facharbeiter angesehen werden. Als Baumaschinenvorarbeiter sei er nicht mehr einsatzfähig. Er könne jedoch auf die Tätigkeit des qualifizierten Pförtners im öffentlichen Dienst nach Lohngruppe IV Nr 3 des Manteltarifvertrages der Länder (MTL II) verwiesen werden; denn diese erfasse "angelernte Arbeiter". Entgegen der Auffassung des 1. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 12. Dezember 1970 - 1 RJ 132/78 - (= SozR 2200 § 1246 Nr 55) müsse es genügen, wenn diese Pförtnertätigkeit wie eine angelernte Tätigkeit entlohnt werde. Hilfsweise sei der Kläger auf die qualifizierte Pförtnertätigkeit der Lohngruppe V Nr 4 des MTL II zu verweisen. Dasselbe gelte für die Tätigkeiten nach Lohngruppe III Nrn 37, 38 des Tarifvertrages für Gemeindearbeiter in Schleswig-Holstein vom 17. April 1976).

Gegen dieses Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision: Es sei unerheblich, ob er - der Kläger - eingeräumt habe, kein Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gewesen zu sein. Er müsse nach den vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätzen als "besonders hoch qualifizierter Facharbeiter" angesehen werden. Abgesehen hiervon sei er auch als Facharbeiter nicht auf die erwähnten "qualifizierten" Pförtnertätigkeiten verweisbar, weil diese Tätigkeiten entweder keinem sonstigen Ausbildungsberuf entsprächen oder Kenntnisse und Fähigkeiten verlangten, die er nicht besitze. Im übrigen solle die Rechtsprechung dahingehend ergänzt werden, daß einem Facharbeiter, der seinen Beruf nicht mehr ausüben könne, Berufsunfähigkeitsrente nur verweigert werden dürfte, wenn er eine zumutbare Verweisungstätigkeit verrichte oder durch berufsfördernde Maßnahmen in die Lage versetzt worden sei, eine solche auszuüben.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen

Landessozialgerichts vom 18. August 1980 sowie

des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Januar 1979

aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres

Bescheides vom 12. Dezember 1977 zu verurteilen,

ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie wendet sich vor allem dagegen, daß der Kläger nunmehr wieder behaupte, Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion gewesen zu sein sowie gegen das Vorbringen, die bisherige Verweisungspraxis schränke das Recht des Behinderten auf berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation ein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist insoweit begründet, als der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden muß. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob der Kläger berufsunfähig ist.

Nach § 1246 Abs 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist ein Versicherter berufsunfähig, dessen Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr die Hälfte derjenigen eines vergleichbaren gesunden Versicherten beträgt. Nach Satz 2 der Vorschrift beurteilt sich dabei die Erwerbsfähigkeit des Versicherten nach allen (objektiv) seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten, die ihm (subjektiv) unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Hiernach stehen die sogenannten Verweisungstätigkeiten in einer Wechselwirkung zum bisherigen Beruf (Hauptberuf). Von ihm aus bestimmt sich, welche Verweisungstätigkeiten als zumutbar in Betracht kommen. Deshalb muß er zunächst ermittelt und - da die Verweisbarkeit von seiner Qualität abhängt - nach den vorgenannten Kriterien des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO bewertet werden.

Das LSG ist zwar nicht ausdrücklich, aber erkennbar und unwidersprOchen davon ausgegangen, daß der bisherige Beruf des Klägers der des Baumaschinenvorarbeiters gewesen ist und daß der Kläger aus gesundheitlichen Gründen diesen Beruf nicht mehr ausüben kann. Das Berufungsgericht hat im Gegensatz zur ersten Instanz den Kläger dem Leitberuf des Facharbeiters zugeordnet; hierzu ist auf die langjährig nach Tarifgruppe II des Bezirkslohntarifvertrages für das Baugewerbe im Land Schleswig-Holstein entlohnte Tätigkeit als Baumaschinenvorarbeiter hingewiesen worden. Wenn damit das berufungsgerichtliche Urteil auch nicht ausdrücklich Feststellungen enthält, ob die erlangte berufliche Position des Klägers, der keine Lehre durchlaufen hat, tatsächlich - wie erforderlich - in voller Breite derjenigen des vergleichbaren Facharbeiters entsprach, der die üblichen Stadien der Ausbildung durchlaufen hat (vgl Urteil des Senats vom 29. November 1979 - 4 RJ 111/78 = SozR 2200 § 1246 Nr 53; im Anschluß daran 1. Senat, Urteile vom 12. November 1980 - 1 RJ 24/79 = SozR aaO Nr 68 und 1 RJ 144/79 = Nr 70 aaO), so sind doch unter den gegebenen Umständen auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die dies in Frage stellen.

Ob der Kläger darüber hinaus sogar als "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion" oder als "besonders hoch qualifizierter Facharbeiter" eingestuft werden kann mit der Folge, daß er dann nur auf Facharbeitertätigkeiten oder gleichgestellte Tätigkeiten verweisbar wäre, vermag der Senat wegen der insoweit fehlenden Feststellungen des LSG nicht zu beurteilen. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils heißt es dazu lediglich, daß er, "wie er nunmehr selbst einräumt, nicht die Voraussetzungen für den gesteigerten Berufsschutz eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion erfüllt". Die in diesem Zusammenhang noch erforderlichen Ermittlungen und Feststellungen sind vom LSG nachzuholen, damit auf dieser Grundlage die Frage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl Urteil vom 28. Juni 1979 - 4 RJ 53/78 = SozR 2200 § 1246 Nr 44, insbesondere Seiten 129, 130) beantwortet werden kann.

Aber auch die Verweisbarkeit eines Facharbeiters unterliegt Beschränkungen. Diese gehen freilich nicht so weit, wie es mit der Revision als Fortführung der Rechtsprechung angeregt wird, nämlich Berufsunfähigkeit eines Facharbeiters, der seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, nur dann zu verneinen, wenn er entweder eine zumutbare Verweisungstätigkeit verrichtet oder durch berufsfördernde Maßnahmen zu deren Verrichtung befähigt worden ist bzw aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht hat befähigt werden können. Eine solche Einengung des Verweisungsbereiches hat bereits der 1. Senat des BSG im Urteil vom 9. Dezember 1981 - 1 RJ 124/80 - (Seiten 10, 11) abgelehnt. Dem pflichtet der Senat aus folgenden Gründen bei: Eine Verknüpfung zwischen Verweisbarkeit und berufsfördernden Maßnahmen besteht nach dem Gesetz nicht. § 1246 Abs 1 Satz 2 RVO enthält den allgemeinen Beurteilungsmaßstab für den Kreis der zumutbaren Tätigkeiten; Satz 3 der Vorschrift regelt einen Sonderfall, indem er die Zumutbarkeit einer Tätigkeit bejaht, für die im Wege der Rehabilitation eine erfolgreiche Ausbildung oder Umschulung stattgefunden hat. Folgte man der Ansicht der Revision, so würde dies bedeuten, daß der Versicherungsträger selbst dann Rehabilitationsmaßnahmen durchführen müßte, wenn Verweisungstätigkeiten vorhanden sind. Deshalb ist an der bisherigen Rechtsprechung zur Verweisungsfrage festzuhalten, daß ein Facharbeiter im Grundsatz (nur) auf Tätigkeiten eines angelernten Arbeiters verwiesen werden kann. Darunter sind allerdings nicht nur die - seltenen - Ausbildungsberufe zu verstehen, die eine Regelausbildungszeit von ein bis zwei Jahren voraussetzen, sondern auch Tätigkeiten, die eine echte betriebliche Ausbildung erfordern, sofern diese eindeutig das Stadium der bloßen Einweisung und Einarbeitung überschreitet (zB BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 = BSGE 43, 243, 245 = SozR 2200 § 1246 Nr 16). Des weiteren können Facharbeiter unter bestimmten Voraussetzungen auch auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, nämlich dann, wenn diese sich aufgrund besonderer Merkmale - etwa durch eine Vertrauensstellung oder besondere Verantwortung - aus dem Kreis anderer ungelernter Arbeiten deutlich herausheben und dadurch dem Niveau eines Ausbildungsberufes entsprechen. Das gilt jedenfalls für diejenigen Tätigkeiten, die wegen ihrer Qualität, nicht wegen mit ihnen verbundener Nachteile oder Erschwernisse, tariflich wie Ausbildungsberufe eingestuft sind (vgl zu BSG, Urteil vom 12. November 1980 - 1 RJ 104/79 = SozR 2200 § 1246 Nr 69 und die dort zitierte Rechtsprechung sowie Urteil des erkennenden Senats vom 3. Dezember 1980 - 4 RJ 83/79 = SozR aaO Nr 72). Diesen Erfordernissen einer zumutbaren Verweisbarkeit genügt die vom LSG genannte Pförtnertätigkeit der Lohngruppe IV Nr 3 MTL II nicht. Der 1. Senat des BSG hat im Urteil vom 12. Dezember 1979 - 1 RJ 132/78 - (= SozR 2200 § 1246 Nr 55) bereits darauf hingewiesen, daß sich insbesondere aus der dieser Lohngruppe vorangestellten Definition ("angelernte Arbeiter, das sind Arbeiter mit Tätigkeiten, die eine handwerkliche oder fachliche Anlernung erfordern") nicht die Qualität eines Ausbildungsberufs herleiten läßt, sondern nur das Erfordernis einer kurzfristigen Einweisung und Einarbeitung; erst die nächsthöhere Lohngruppe V des MTL II erfaßt "Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als zweieinhalb Jahren". Dieser Rechtsprechung des 1. Senats hat sich der 5. Senat des BSG (Urteile vom 12. September 1980 - 5 RJ 98/78 - und vom 28. November 1980 - 5 RJ 50/80 - = SozR 2200 § 1246 Nr 71) und der erkennende Senat (Urteil vom 15. Januar 1981 - 4 RJ 37/80 -) angeschlossen. Eine Pförtnertätigkeit im Sinne dieser Tarifgruppe ist somit dem Kläger nicht zumutbar, eine Verweisung deshalb insoweit unzulässig.

Allerdings hat das Berufungsgericht den Kläger auch ("hilfsweise") auf eine "qualifizierte" Pförtnertätigkeit nach der Lohngruppe V verwiesen. Eine solche Tätigkeit ist dem Kläger, wie sich bereits aus obigen Ausführungen ergibt, grundsätzlich zumutbar, denn sie steht aufgrund ihrer Qualität tariflich einem Ausbildungsberuf gleich. Das gilt zwar nicht für die - vom LSG mit Recht auch nicht erwähnte - Untergruppe b der Nr 4.27 (Pförtner nach dreijähriger Bewährung als solche in der Lohngruppe IV), wohl aber für die Gruppen a (Pförtner, die in nicht unerheblichem Umfang mit schriftlichen Arbeiten beschäftigt werden) oder c (Pförtner mit Fernsprechvermittlungsdienst bei mehr als einem Amtsanschluß); dabei ist bei sonst gleichem Regelungsinhalt durch den Änderungs-Tarifvertrag Nr 7 vom 10. September 1980 mit Wirkung vom 1. Januar 1981 an die Stelle der Untergruppe b zu Nr 4.27 die Nr 4.30 getreten sowie an die Stelle der Gruppen a und c die Nr 4.29, Untergruppen a und b.

Indessen fehlen ausreichende Feststellungen des LSG darüber, ob der Kläger die objektiven Voraussetzungen für die Verrichtung der in Erwägung gezogenen Pförtnertätigkeit erfüllt. Das Berufungsgericht hat hierzu nur ausgeführt, der Kläger bringe die erforderlichen geistigen und körperlichen Voraussetzungen für diesen Beruf mit. Selbst wenn mit diesem Hinweis auf die Darlegungen der medizinischen Sachverständigen zum Leistungsvermögen zugleich die körperliche und geistige Eignung des Klägers für die ins Auge gefaßte Tätigkeit hinreichend umrissen sein sollte, fehlt es jedenfalls an Feststellungen, ob der Kläger die erforderlichen berufsspezifischen Kenntnisse und Fertigkeiten hat oder innerhalb von drei Monaten zu erwerben vermag (BSG, Urteil vom 15. Februar 1979 - 5 RJ 48/78 - = SozR 2200 § 1246 Nr 38 sowie - auf den "gehobenen" Pförtner bezogen - Urteil vom 12. Dezember 1980 - 5 RJ 98/78 - = SozSich 1981, 94). Die hiernach noch gebotenen Ermittlungen und Prüfungen wird das LSG nachzuholen haben.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Berufungsgericht darüber hinaus in Betracht gezogenen Tätigkeiten der Lohngruppe III Nrn 37, 38 des Tarifvertrages über ein Lohngruppenverzeichnis für Gemeindearbeiter in Schleswig-Holstein vom 17. April 1976. Soweit dort - anders als nach der Lohngruppe V Nr 4.27 des MTL II - alternativ auch Pförtner an Eingängen mit starkem Besucherverkehr genannt sind, bestehen schon Zweifel an der Zumutbarkeit der Tätigkeit deshalb, weil möglicherweise die tarifliche Einstufung dieser Untergruppe auf Gründen beruht, die mit der Qualität des Arbeitsinhalts nicht im Zusammenhang stehen und daher die Gleichstellung mit einem Ausbildungsberuf ausschließen (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 17. September 1981 - 4 RJ 101/80 - S 4 f). Ein Anhalt dafür, daß hierbei qualitätsneutrale Gesichtspunkte für die tarifliche Einordnung maßgebend gewesen sein können, sind einer Anzahl anderer an gleicher Stelle genannter Tätigkeiten zu entnehmen, wie zB Fäkalarbeiter, Hilfsarbeiter im Kanalbau, Kanalarbeiter, Müllwerker und Wagenpfleger; zum anderen ist zu beachten, daß der "Pförtner an verkehrsreichen Eingängen" im MTL II nur der Lohngruppe IV (Nr 4.11. b) zugeordnet wurde (seit 1. Januar 1981: Nr 4.11. a).

Schließlich drängt sich in diesem Zusammenhang wegen der mehrfachen Einschränkungen (Untergruppe einer Pförtnertätigkeit im kommunalen Bereich nur eines Bundesstaates) die Frage auf, ob überhaupt ein offener Arbeitsmarkt für derartige Tätigkeiten besteht. Zwar hat das BSG entschieden, daß auch die Bezeichnung nur einer zumutbaren Verweisungstätigkeit genüge, um das Risiko der Rentenversicherung auszuschalten; dieses Prinzip gilt aber nicht ausnahmslos. Sind für eine Tätigkeit überhaupt nur einzelne wenige - freie oder besetzte - Arbeitsplätze vorhanden, so kann ein Versicherter in aller Regel darauf nicht verwiesen werden (vgl Urteile des Senats vom 14. Mai 1981 - 4 RJ 125/79 - und vom 17. September 1981 - 4 RJ 101/80 -).

Nach alledem wird das LSG erneut Feststellungen über das Bestehen einer zumutbaren Verweisungstätigkeit iS des § 1246 Abs 2 RVO treffen müssen. Der Rechtsstreit war deshalb zurückzuverweisen.

Auch über die Kosten wird das LSG zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1659695

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