Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

a) Zur Errechnung des Erwerbstätigenbonus beim Ehegattenunterhalt.

b) Zur Behandlung von Kindergeld im Mangelfall (Abweichung von BGHZ 104, 158 f.; Senatsurteil vom 29. Januar 1992 – XII ZR 239/90 – FamRZ 1992, 539 f.).

 

Normenkette

BGB §§ 1578, 1570, 1578 Abs. 1 S. 1, §§ 1581, 1606 Abs. 3

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 17.08.1995)

AG Pforzheim (Urteil vom 23.12.1994)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. August 1995 teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin zu 2 wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Pforzheim vom 23. Dezember 1994 in Ziffern I. und II., soweit es die Klägerin zu 2 betrifft, unter Zurückweisung ihrer Berufung im übrigen, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2 über den freiwillig bezahlten Betrag von monatlich 400 DM hinaus jeweils monatlich

  • vom 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1994 weitere 221 DM,
  • vom 1. Juli 1994 bis 31. Dezember 1994 weitere 218 DM
  • und ab 1. Januar 1995 weitere 167 DM Unterhalt zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Für die Kosten der ersten Instanz gilt: Von den Gerichtskosten trägt der Beklagte 4/5, die Klägerin zu 1 1/20, die Klägerin zu 2 3/20; von den außergerichtlichen Kosten beider Klägerinnen trägt der Beklagte 4/5; von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt die Klägerin zu 1 1/20, die Klägerin zu 2 3/20; im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte 4/5, die Klägerin zu 2 1/5.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 2 (im folgenden: Klägerin) und der Beklagte streiten um den nachehelichen Unterhalt.

Die seit 15. Juli 1988 miteinander verheirateten Parteien lebten seit Mitte August 1990 getrennt. Ihre Ehe wurde am 11. März 1993 rechtskräftig geschieden. Die Klägerin erhielt die elterliche Sorge für die am 2. August 1990 geborene gemeinsame Tochter R., für die sie – im maßgeblichen Zeitraum – ein Kindergeld von monatlich 70 DM bezog. Wegen der Betreuung des Kindes geht sie keiner Erwerbstätigkeit nach. Zur Abgeltung von Ausgleichsansprüchen im Rahmen des Zugewinnausgleichs und der Hausratsverteilung erhielt sie vom Beklagten 18.000 DM.

Der Beklagte ist Busfahrer bei der Deutschen Bahn AG und bezog 1994 ein monatliches Nettoeinkommen von 2.756 DM, welches sich ab 1995 durch den Solidaritätszuschlag und die Pflegeversicherung (zusammen 72 DM monatlich) auf 2.684 DM ermäßigte. Er lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin und dem aus dieser Verbindung stammenden, am 30. September 1991 geborenen Sohn K., für den er im maßgebenden Zeitraum ein erhöhtes Kindergeld von 130 DM bezog. An die Klägerin zahlt er freiwillig einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 400 DM. An die eheliche Tochter R. zahlt er aufgrund eines 1991 während der Trennungszeit ergangenen Urteils einen monatlichen Unterhalt von 245 DM und darüberhinaus freiwillig 30 DM, zusammen also 275 DM monatlich.

Die Klägerin und das gemeinsame Kind R. haben – letzteres im Wege einer Abänderungsklage – in erster Instanz eine Erhöhung ihres jeweiligen Unterhalts über die freiwillig bezahlten bzw. titulierten Unterhaltsbeträge hinaus in unterschiedlicher Höhe verlangt. Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Kind R. hat das Urteil nicht angegriffen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin ihr Begehren nur noch in Höhe eines monatlichen Unterhalts von 221 DM – über die freiwillig bezahlten 400 DM hinaus – ab 1. Januar 1994 weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat dem stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der er eine Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat nur zum Teil Erfolg

I.

Zeitraum 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1994

1. Das Oberlandesgericht ist rechtlich bedenkenfrei davon ausgegangen, daß der Klägerin wegen der Betreuung der gemeinsamen Tochter ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zusteht. Bei der Berechnung des für die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen relevanten, bereinigten monatlichen Einkommens des Beklagten hat es dessen Nettoeinkommen von 2.756 DM zunächst um die Sparzulage von 13 DM, berufsbedingte tatsächliche Fahrtkosten von 210 DM, Gewerkschaftsbeiträge von 29 DM und Prozeßkostenhilferaten von 40 DM (zusammen monatlich 292 DM) vermindert und ist so zu einem Einkommen von 2.464 DM gelangt. Als vorweg abzugsfähig hat es ferner nicht nur den Unterhalt für das 1990 geborene eheliche Kind, sondern auch den Unterhalt für das 1991 nach Trennung, aber noch vor der Rechtskraft des Scheidungsurteils geborene nichteheliche Kind des Beklagten angesehen. Letzteres steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, weil auch die Unterhaltsbelastung durch das nichteheliche Kind die ehelichen Lebensverhältnisse mitgeprägt hat (Senatsurteile vom 13. Juli 1988 – IVb ZR 39/87 – FamRZ 1988, 1031, 1032; und vom 20. Oktober 1993 – XII ZR 89/92 – FamRZ 1994, 87, 89). Den Unterhalt beider Kinder hat es entsprechend den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Stand 1. Juli 1992, abgedruckt in FamRZ-Buch 1 Familienrecht 96 S. 6) mit je 310 DM bemessen. Dabei ist es von dem vorläufig errechneten Einkommen von 2.464 DM ausgegangen, dem es das vom Beklagten für das nichteheliche Kind bezogene Kindergeld von 130 DM hinzugerechnet hat (2.594 DM).

Diese Berechnungsweise stößt auf Bedenken, weil der Unterhaltsbedarf eines Kindes vom staatlichen Kindergeld nicht beeinflußt wird. Staatliches Kindergeld wird den unterhaltspflichtigen Eltern zur Erleichterung ihrer Unterhaltslast gewährt, soll aber nicht den Unterhaltsanspruch des Kindes erhöhen (Senatsurteile BGHZ 70, 151, 153; vom 26. November 1986 – IVb ZR 64/85 – FamRZ 1987, 270, 271; vom 11. Mai 1988 – IVb ZR 89/87 – FamRZ 1988, 834). Der Fehler wirkt sich aber im Ergebnis nicht aus, weil die maßgebende zweite Gehaltsstufe der Tabelle auch ohne Hinzurechnung dieses Kindergeldes erreicht wird.

Zutreffend ist auch, daß das Oberlandesgericht den nach materiellem Recht maßgebenden vollen Tabellenunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1990 – XII ZR 85/89 – FamRZ 1990, 1091, 1094 f.) ohne anteilige Verrechnung des Kindergeldes in die Berechnung einbezogen hat. Dadurch wird eine Ungleichbehandlung des unterhaltspflichtigen und unterhaltsberechtigten Ehegatten vermieden, die sich ergäbe, wenn beim Unterhaltspflichtigen das Kindergeld als Einkommen berücksichtigt würde, beim Unterhaltsberechtigten hingegen nicht (Senatsurteil vom 23. April 1986 – IVb ZR 34/85 – FamRZ 1986, 783, 786). Nach Abzug des Kindesunterhalts von zusammen 620 DM ist das Oberlandesgericht zu einem Einkommen des Beklagten von (2.464 DM – 620 DM =) 1.844 DM gelangt.

2. Um dem mit der Erwerbstätigkeit verbundenen erhöhten Aufwand und dem Gedanken des Erwerbsanreizes für den Unterhaltspflichtigen Rechnung zu tragen, hat das Oberlandesgericht – abweichend von der sonst üblichen vereinfachenden Aufteilungsmethode von 3/7 für den Unterhaltsberechtigten und 4/7 für den Unterhaltsverpflichteten – den sogenannten Erwerbstätigenbonus gesondert errechnet. In Anbetracht des Umstands, daß die tatsächlichen berufsbedingten Aufwendungen in Gestalt der Fahrtkosten schon vorweg abgezogen worden seien und im wesentlichen nur noch der Anreizgedanke zu berücksichtigen sei, hat es diesen Bonus geringer, nämlich mit 1/9 statt mit 1/7 angesetzt (1.844: 9 = 205 DM). Auch dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, der es für rechtlich unbedenklich erachtet hat, den Erwerbstätigenbonus geringer als üblich zu bemessen, wenn berufsbedingte Aufwendungen bei der Ermittlung des Nettoeinkommens bereits konkret berücksichtigt wurden (Senatsurteile vom 20. Juli 1990 – XII ZR 73/89 – FamRZ 1990, 1085, 1087; und XII ZR 74/89 – FamRZ 1990, 1090, 1091 m.N.). Im übrigen steht die Höhe des Erwerbstätigenbonus allein im Ermessen des Tatrichters (Senatsurteile aaO).

Demgegenüber meint die Revision, daß der Erwerbstätigenbonus aus einem Einkommen zu ermitteln sei, das vorab lediglich um die berufsbedingten Aufwendungen, nicht aber auch um den Kindesunterhalt und weitere Verbindlichkeiten bereinigt werden dürfe. Die gegenteilige Ansicht führe zu einer Aushöhlung des Erwerbstätigenbonus, die sich bei der hier angewandten Methode der gesonderten Ermittlung und der geringeren Quote um so mehr auswirke.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Richtig ist zwar, daß der Bonus bei Vorwegabzug aller Verbindlichkeiten geringer ausfällt. Das ist indes nicht ausschlaggebend. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf abgehoben, daß schon bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen dem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zum Unterhaltsberechtigten ein die Hälfte des „verteilungsfähigen Einkommens” maßvoll übersteigender Betrag verbleiben muß, um dem typischerweise mit der Berufstätigkeit verbundenen erhöhten Aufwand, auch soweit er sich nicht in konkret meßbaren Kosten niederschlägt, und dem Gedanken des Erwerbsanreizes Rechnung zu tragen (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 1987 – IVb ZR 102/86 – FamRZ 1988, 265, 267 und vom 26. September 1990 – XII ZR 45/89 – FamRZ 1991, 304, 305 m.N.). Dabei muß die Betonung vorliegend auf das „verteilungsfähige Einkommen” gelegt werden. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden im wesentlichen geprägt durch die Mittel, die den Ehegatten nach Vorwegabzug ihrer Verbindlichkeiten Dritten gegenüber, wozu vor allem der Kindesunterhalt gehört, noch zum Verbrauch zur Verfügung stehen. Das gilt für den Unterhaltsverpflichteten in gleicher Weise wie für den Berechtigten. Auch der erwerbstätige Unterhaltsverpflichtete muß sich daher von vornherein auf dasjenige beschränken, was insgesamt nach Abzug der Verbindlichkeiten übrig bleibt. Soweit ihm aufgrund seiner Erwerbstätigkeit im Verhältnis zum anderen Ehegatten ein höherer Anteil des Einkommens zu belassen ist, kann sich dieser nur aus dem restlichen verteilungsfähigen Einkommen errechnen. Die Berechnung des Erwerbstätigenbonus aus einem unbereinigten oder jedenfalls nur um die meßbaren berufsbedingten Aufwendungen bereinigten Nettoeinkommen würde dagegen zu einem Ungleichgewicht zu Lasten des Unterhaltberechtigten führen: Er müßte zum einen die volle Last der Verbindlichkeiten mittragen, zum anderen aber sich einen damit nicht konformen, weil überhöhten Erwerbstätigenbonus des anderen Ehegatten entgegenhalten lassen (wie hier OLG Karlsruhe FamRZ 1992, 1438; OLG München FamRZ 1993, 328, 329; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1049, 1052; Kalthoener/Büttner Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 5. Aufl. Rdn. 35; a.A. OLG Hamburg FamRZ 1991, 953).

Darüber hinaus ist zu bedenken, daß es sich bei den Unterhaltsfällen um Massenerscheinungen handelt, auf die aus Vereinfachungsgründen notwendig eine pauschalierende und typisierende Berechnungsmethode anzuwenden ist. Der Senat hat daher seit jeher gebilligt, daß nach Vorwegabzug aller anzuerkennenden Verbindlichkeiten das restliche Erwerbseinkommen nach einer pauschalen Quote (in der Regel 3/7: 4/7) zwischen erwerbstätigem und nicht erwerbstätigem Ehegatten aufgeteilt wird. Die hier vorliegende gesonderte Berechnung des Erwerbstätigenbonus ist lediglich eine andere, wenn auch kompliziertere Methode, die aber letztlich ebenfalls auf einer Pauschalierung beruht und es daher nicht rechtfertigt, vom System des Vorwegabzugs der Verbindlichkeiten abzuweichen.

3. Den eheangemessenen Unterhaltsbedarf der Klägerin hat das Oberlandesgericht nach Abzug des Erwerbstätigenbonus – insoweit folgerichtig – zunächst mit 1/2 des verbleibenden Einkommens bemessen, wobei es diesem Einkommen das vom Beklagten für das nichteheliche Kind bezogene Kindergeld von 130 DM hinzugerechnet hat. Es ist dabei zu einem Betrag von (1.844 DM – 205 DM + 130 DM = 1.769 DM: 2 =) gerundet 885 DM gelangt. Eigene Erwerbs- oder Kapitaleinkünfte, die auf diesen Bedarf anzurechnen wären, hat die Klägerin nicht. Die Berücksichtigung fiktiver Zinseinkünfte aus den im Zugewinnausgleich erhaltenen 18.000 DM hat das Oberlandesgericht mit dem zutreffenden Hinweis darauf verneint, daß das Verhalten der Klägerin keinen Anhaltspunkt für den Vorwurf eines leichtfertigen, unterhaltsbezogenen Verhaltens im Sinne von § 1579 Nr. 3 BGB ergeben habe (vgl. Senatsurteil vom 5. März 1986 – IVb ZR 12/85 – FamRZ 1986, 560). Die Klägerin hat das Geld für notwendige Lebenshaltungskosten, die ihr von ihren Eltern vorgestreckt waren, und für die Renovierung und Einrichtung einer Wohnung für sich und das Kind ausgegeben. Die Beurteilung, ob die Klägerin hierbei verschwenderisch vorgegangen ist, liegt im tatrichterlichen Ermessen. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine Überschreitung dieses Ermessens begründen könnten.

Das Oberlandesgericht hat sodann festgestellt, daß es dem Beklagten nicht möglich sei, den vollen Unterhaltsbedarf der Klägerin und der beiden Kinder von zusammen 1.505 DM zu befriedigen, ohne seinen eigenen angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB zu gefährden. Denn ihm verblieben bei Abzug der vollen Unterhaltsbeträge (2.594 DM – 885 DM – 620 DM =) nur 1.089 DM. Daher sei der Unterhalt aller Berechtigten anteilig zu kürzen. Bei der anschließenden Mangelfallberechnung hat es den angemessenen Selbstbehalt des Beklagten im Wege einer Billigkeitsabwägung an der unteren Haftungsgrenze des notwendigen Selbstbehalts von 1.300 DM angesiedelt. Den Bedarf der Klägerin hat es mit einem pauschalen Mindestbedarf bemessen. Das begegnet durchgreifenden Bedenken.

a) Gegen die Bemessung des Selbstbehalts des Beklagten wendet sich die Revision allerdings ohne Erfolg. Der Senat hat es zwar für nicht vertretbar gehalten, einem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten im Verhältnis zum anderen Ehegatten, dessen Existenzminimum nicht sichergestellt ist, regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Jedoch kann ihm, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles und eine Abwägung der beiderseitigen Interessen und Bedürfnisse dies rechtfertigen, ausnahmsweise auch eine Unterhaltsverpflichtung bis zur Grenze des eigenen notwendigen Selbstbehalts auferlegt werden (BGHZ 109, 72, 85). Soweit das Oberlandesgericht hier einen solchen Ausnahmefall angesichts der individuellen äußerst beengten Verhältnisse und des Umstands, daß der Klägerin und den Kindern im Vergleich zum Beklagten immer noch erheblich weniger zur Bedarfsdeckung verbleibt, angenommen hat, liegt dies im tatrichterlichen Ermessensbereich und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (BGHZ 109 aaO S. 88).

b) Die Revision rügt aber zu Recht, daß das Oberlandesgericht den Bedarf der Klägerin mit einem Mindestbedarfssatz – hier von 1.150 DM entsprechend dem notwendigen Eigenbedarf für einen nicht erwerbstätigen Ehegatten (nach Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Juli 1992 aaO) – angesetzt hat. Dies entspricht nicht der gesetzlichen Regelung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. unter anderem BGHZ 104, 158, 168; Urteil vom 11. Januar 1995 – XII ZR 122/93 – FamRZ 1995, 346 f.). Der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten bemißt sich vielmehr gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, die bis zum Zeitpunkt der Scheidung den ehelichen Lebensstandard bestimmt haben, gegebenenfalls erhöht um einen konkret darzulegenden trennungsbedingten Mehrbedarf. Denn es ist nicht auszuschließen, daß der pauschalierende Mindestbetrag den aus den ehelichen Lebensverhältnissen individuell ermittelten Betrag übersteigt und somit zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung des Ehegatten führt. Die zunächst noch offengelassene Frage, ob dies im Hinblick auf die Übung, auch die konkurrierenden Unterhaltsansprüche der Kinder nach Tabellenwerten zu bemessen und in die Berechnung einzustellen, auch in einem sogenannten echten Mangelfall gelte, der durch die mangelnde Fähigkeit des Unterhaltsverpflichteten gekennzeichnet sei, den ungedeckten Unterhaltsbedarf gleichrangiger Unterhaltsberechtigter zu decken (vgl. Urteil vom 11. Januar 1995 aaO S. 347), hat der Senat inzwischen ebenfalls im obigen Sinne entschieden (Senatsurteil vom 15. November 1995 – XII ZR 231/94 – FamRZ 1996, 345, 346 f.). Denn die Bemessung des Kindesunterhalts nach Tabellenwerten rechtfertigt es auch im echten Mangelfall nicht, den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten auf einen Mindestbedarfssatz zu erhöhen, weil dies im Ergebnis zu einer nicht gerechtfertigten Verzerrung des Verhältnisses der einzelnen Unterhaltsansprüche zu Lasten der Kinder führen würde, die im Gegensatz zu Erwachsenen ihren eigenen Lebensbedarf auch nicht teilweise decken können und daher besonders schutzwürdig sind (Senatsurteil vom 15. November 1995 aaO).

4. Da das Berufungsgericht somit seiner Unterhaltsberechnung einen (um 265 DM) zu hohen Unterhaltsbedarf der Klägerin zugrundegelegt hat, kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Indessen ist die Sache nach dem feststehenden Sachverhalt zur Endentscheidung reif, so daß der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Im Rahmen der mehrstufigen Mangelfallberechnung sind zunächst die Einsatzbeträge für die Ermittlung der gekürzten Unterhaltsansprüche aller Unterhaltsberechtigten festzustellen.

a) Für die beiden Kinder des Beklagten hat das Oberlandesgericht nicht den zuvor ermittelten angemessenen Tabellenunterhalt von je 310 DM aus der zweiten Gehaltsstufe der Düsseldorfer Tabelle, in die der Beklagte entsprechend seinem Einkommen einzuordnen ist, zugrundegelegt, sondern nur den Mindestbedarf von je 291 DM der ersten Gehaltsstufe. Es ist dabei den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle gefolgt, wonach der Kindesunterhalt im Mangelfall stets mit den Mindestsätzen aus der ersten Gehaltsgruppe zu bemessen sei (vgl. Erläuterungen zur Düsseldorfer Tabelle bei Scholz FamRZ 1993, 125, 145). Dieser Ansatz wäre zwar dann folgerichtig, wenn auch der Ehegattenunterhalt mit einem Mindestsatz einzustellen wäre, wie es die Düsseldorfer Leitlinien an sich vorsehen. Indessen sind ebenso, wie in der ersten Berechnungsstufe der eheangemessene Bedarf des Ehegatten nicht nach einem pauschalen Mindestbetrag, sondern individuell aus dem die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkommen zu berechnen ist, auf der gleichen Stufe auch die Bedarfsbeträge des angemessenen Unterhalts für andere Unterhaltsberechtigte festzustellen, d. h. hier die Beträge, die den Kindern bei voller Leistungsfähigkeit des Beklagten nach dessen Einkommen zuständen. Denn alle zu berücksichtigenden Ansprüche müssen zu dem insgesamt für Unterhaltszahlungen verfügbaren Betrag in Relation gesetzt werden. Der Ansatz bloßer Mindestbeträge würde anderenfalls bei der in der zweiten Berechnungsstufe gebotenen proportionalen Kürzung aller Bedarfsbeträge zu verzerrten Ergebnissen führen und insbesondere auch mit dem aufgrund des angemessenen Kindesunterhalts ermittelten eheangemessenen Ehegattenunterhalt nicht in Einklang stehen (Senatsurteile vom 27. April 1983 – IVb ZR 372/81 – FamRZ 1983, 678, 679; BGHZ 104, 158, 169). Danach verbleibt es hier bei einem Kindesunterhaltsbedarf von je 310 DM als Einsatzbetrag.

Der Unterhalt des ehelichen Kindes ist nicht vorab um den hälftigen Anteil des von der Klägerin bezogenen Kindergeldes von 70 DM zu kürzen, da dieser Ausgleich nur das Verhältnis der Ehegatten zueinander betrifft und für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des Kindes keine Bedeutung hat. Andernfalls würde der betreuende Ehegatte im Ergebnis neben seinem eigenen Kindergeldanteil vorab noch eine Quote des Anteils des anderen Ehegatten erhalten (Senatsurteile vom 23. April 1986 aaO; und vom 29. Januar 1992 – XII ZR 239/90 – FamRZ 1992, 539, 540; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. IV Rdn. 1123). Soweit der Senat in BGHZ 104 (aaO S. 169) eine andere Auffassung gebilligt hat, hält er hieran nicht fest.

b) Für die Ermittlung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach § 1578 BGB ist ferner bedeutsam, von welchem anrechnungsfähigen Einkommen des Beklagten auszugehen ist. Dabei ist fraglich, ob und in welcher Weise das Kindergeld in die Berechnung einzubeziehen ist, und zwar nicht nur das Kindergeld für gemeinsame Kinder, sondern auch für nicht gemeinsame Kinder. In beiden Fällen ist die Handhabung in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich (vgl. die Übersichten bei Hampel Bemessung des Unterhalts Rdn. 226 f., 421 f.; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 3. Aufl. § 5 Rdn. 83 f. S. 539; Köhler/Luthin Handbuch des Unterhaltsrechts 8. Aufl. Rdn. 544 f.).

Was das Kindergeld für ein gemeinsames Kind angeht, wird zum Teil vertreten, es bereits bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen (Wendl/Gutdeutsch aaO Rdn. 84).

Nach den Düsseldorfer Leitlinien (Anm. C laufende Nr. 45 in FamRZ Buch aaO S. 97) ist es dagegen bis zur Deckung des Mindestbedarfs erst in die Verteilungsmasse einzubeziehen. Dabei ist streitig, ob es insgesamt als Teil der Verteilungsmasse auf alle Berechtigten, also auf Kinder und Ehegatten, zu verteilen ist (so im Grundsatz Scholz FamRZ 1993, 125, 146, jedoch differenzierend für den Fall, daß die unterhaltsberechtigte Ehefrau das Kindergeld bezieht; Köhler/Luthin aaO Rdn. 545, 546; ähnlich Graba FamRZ 1992, 541, 545; Leitlinien Oberlandesgericht München Nr. 4.2 in FamRZ Buch aaO S. 158 f.) oder ob der Kindergeldausgleich erst im Anschluß an die Mangelfallberechnung durchzuführen und das Kindergeld bis zur Deckung des Mindestbedarfs in erster Linie für den Kindesunterhalt zu verwenden und nur hinsichtlich eines etwaigen Restes zwischen den Eltern zu verteilen ist (so Schwab/Borth aaO IV Rdn. 1119; ähnlich Hammer Leitlinien Nr. 15 FamRZ Buch aaO S. 116).

Ist das für ein nicht gemeinsames Kind gezahlte Kindergeld – wie hier – mit einem Zählkindvorteil für den Unterhaltsverpflichteten verbunden, wird zum Teil vertreten, den Zählkindvorteil dem Einkommen des Verpflichteten zuzurechnen und bereits bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen (Wendl/Gutdeutsch aaO Rdn. 90). Nach anderer Ansicht soll es – ungeachtet des Grundsatzes, daß Zählkindvorteile unberücksichtigt bleiben – im Mangelfall zur Aufstockung des Kindesunterhalts bis zur Höhe des Tabellenmindestbedarfs dienen (Hampel aaO Rdn. 434).

aa) Kindergeld für gemeinsame Kinder hat der Senat bisher bereits im Rahmen der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des berechtigten Ehegatten dem bereinigten Erwerbseinkommen des Unterhaltsverpflichteten hinzugerechnet, und zwar in voller Höhe, gleichgültig, ob es vom unterhaltsverpflichteten oder vom unterhaltsberechtigten Ehegatten bezogen wurde (vgl. Senatsurteile vom 24. Januar 1990 – XII ZR 2/89 – FamRZ 1990, 499, 502; vom 31. Januar 1990 – XII ZR 21/89 – FamRZ 1990, 979, 980; und vom 29. Januar 1992 – XII ZR 239/90 – FamRZ 1992, 539, 541). In zwei Fällen handelte es sich dabei um Kindergeld für volljährige Kinder, das einmal vom allein barunterhaltspflichtigen Ehemann, das andere Mal von der unterhaltsberechtigten Ehefrau bezogen wurde, in einem weiteren Fall um Kindergeld für minderjährige Kinder, das die Ehefrau erhielt. Die Einbeziehung des Kindergeldes in die Bedarfsermittlung wurde damit begründet, daß es im Verhältnis der Ehegatten zueinander als Einkommen gelte, das die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe und einkommenserhöhend wirke, da es nicht an das Kind weitergegeben zu werden brauche. Entsprechend wurde der dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zustehende hälftige Kindergeldanteil von seinem – nach Vorwegabzug des Tabellenkindesunterhalts – ermittelten Unterhaltsbedarf als bedarfsdeckend abgezogen und der danach verbleibende Betrag als Einsatzbetrag in die weitere Kürzungsberechnung einbezogen (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1992 aaO S. 541).

Diese Behandlung des Kindergeldes hat allerdings in der Praxis bei der ohnehin komplizierten Berechnung von Mangelfällen nicht zu einer wünschenswerten einheitlichen Handhabung geführt. Sie ist auch nicht ohne sachliche Kritik geblieben, der sich der Senat nicht verschließen kann (vgl. Graba aaO S. 543; Hampel aaO Rdn. 424, 425). Er hält daher an dem Berechnungsansatz, das Kindergeld zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zu zählen und daraus den eheangemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten zu ermitteln, nicht fest.

Dem steht nicht entgegen, daß der Senat zweckbestimmte Sozialleistungen im privaten Unterhaltsrecht grundsätzlich wie sonstiges Einkommen behandelt, soweit sie geeignet sind, den allgemeinen Lebensunterhalt des Leistungsempfängers und seiner Familie zu decken (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 – IVb ZR 3/87 – FamRZ 1988, 604, 606). Staatliches Kindergeld wird gewährt, um die Unterhaltslast der Eltern gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Diese öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung darf nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, daß sie – im Wege einer Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen – zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt. Dieser für die Berechnung des Kindesunterhalts allgemein anerkannte Grundsatz (BGHZ 70 aaO S. 153) muß in gleicher Weise für den Unterhaltsbedarf eines Ehegatten gelten. Auch hier kann sich Kindergeld nicht bedarfserhöhend auswirken. Auch der Gedanke, daß Kindergeld im Verhältnis der Ehegatten zueinander als Einkommen gilt, weil es ihnen beiden anteilig zusteht und nicht direkt an das Kind weitergegeben werden muß, führt nicht dazu, es bereits in die Bedarfsermittlung des Ehegattenunterhalts einzubeziehen. Geht man von der vom Gesetz gewollten Funktion des Kindergeldes aus, beide Eltern in angemessener Weise bei der Erfüllung ihrer jeweiligen Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern zu entlasten, so steht ihnen das Kindergeld jeweils entsprechend ihren Anteilen an der Erfüllung der Bar- und Naturalunterhaltspflicht zu. Der Leistungsempfänger, an den das Kindergeld ausgezahlt wird, muß dem anderen einen entsprechenden Ausgleich zukommen lassen. Dabei handelt es sich um einen Unterfall des von der Rechtsprechung entwickelten besonderen familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs. Dieser Ausgleich vollzieht sich aus Vereinfachungsgründen zwar meist über die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils für das Kind; das ändert jedoch nichts daran, daß es um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen daher auch unmittelbar auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes in Anspruch nehmen kann (Senatsurteile vom 24. Februar 1988 – IVb ZR 29/87 – FamRZ 1988, 607, 609; und vom 11. Mai 1988 – IVb ZR 89/87 – FamRZ 1988, 834 m.w.N.). Der Ausgleichsmaßstab folgt aus § 1606 Abs. 3 BGB. Bestreiten die Eltern den Unterhalt zu gleichen Anteilen, sei es, daß der eine den Barunterhalt, der andere den gleichwertigen Naturalunterhalt leistet (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), oder sei es, daß beide hälftig zum Barunterhalt beitragen, wird im allgemeinen auch ein hälftiger Ausgleich des Kindergeldes in Betracht kommen. Tragen sie zu verschiedenen Anteilen zur Erfüllung der Unterhaltspflicht bei, etwa zum Barunterhalt entsprechend ihren unterschiedlichen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), so ist auch das Kindergeld entsprechend aufzuteilen. Wird das Kindergeld dagegen bereits in die Bedarfsermittlung einbezogen, so unterliegt es ggf. einer abweichenden Aufteilungsquote nach § 1578 BGB und darüber hinaus der unterschiedlichen Quote bei der anschließenden Kürzung der Unterhaltsbedarfsbeträge im Rahmen der Mangelberechnung. Beides steht mit dem an sich vorrangigen Aufteilungsverhältnis nach § 1606 Abs. 3 BGB nicht in Einklang. Obwohl Kindergeld für ein gemeinsames Kind unterhaltsrechtlich zum Einkommen zählt, kann es nicht wie sonstiges Einkommen zur Bedarfsberechnung nach § 1578 BGB herangezogen werden, sondern unterliegt der Sonderbestimmung des § 1606 Abs. 3 BGB (so zutreffend Graba aaO S. 543).

bb) Für das dem Beklagten ausgezahlte erhöhte Kindergeld für sein nichteheliches Kind kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Auch hier gilt in erster Linie der eingangs genannte allgemeine Grundsatz, daß öffentlich-rechtliche Sozialleistungen, die aufgrund ihrer Zweckbestimmung entlastend wirken sollen, nicht im Gegenteil zu einer Bedarfserhöhung führen dürfen. Im übrigen handelt es sich, zumindest was den Sockelbetrag dieses Kindergeldes angeht, von vornherein nicht um Einkommen des Beklagten, das im Verhältnis zu seiner geschiedenen Frau als unterhaltsrelevantes Einkommen zu behandeln ist und beiden anteilig zusteht. Denn das Kindergeld wird für ein nicht gemeinsames Kind gezahlt, für das nicht der Klägerin, sondern der leiblichen Mutter ein Anteil gebührt. Ein Kindergeldausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten kann nur insoweit stattfinden, als das Kindergeld für gemeinsame Kinder gezahlt wird (Senatsurteil vom 11. Juli 1984 – IVb ZR 24/83 – FamRZ 1984, 1000).

Aber auch soweit einem Ehegatten bei einem weiteren nicht gemeinsamen Kind wegen der Berücksichtigung gemeinsamer Kinder ein sogenannter Zählkindvorteil erwächst, ist dieser dem Kindergeld für die gemeinsamen Kinder weder ganz noch teilweise zuzurechnen und damit auch nicht in den Ausgleich einzubeziehen. Denn die Unterhaltslast, die einem Elternteil für ein gemeinsames Kind obliegt und die durch das staatliche Kindergeld erleichtert werden soll, wird nicht dadurch erhöht, daß der andere Ehegatte ein weiteres Kind hat. Im Innenverhältnis der Elternteile kommt daher demjenigen, der eine zusätzliche Unterhaltslast für ein nicht gemeinsames Kind hat, der damit verbundene Zählkindvorteil allein zugute. Hierin ist keine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung des Ehegatten zu sehen. Denn nur er, nicht aber der andere Ehegatte, hat sowohl für die gemeinsamen Kinder als auch für sein weiteres Kind Unterhalt zu leisten. Vielmehr entspricht es dem Regelungszweck des Kindergeldgesetzes, mit dem Zählkindvorteil diese Doppelbelastung aufzufangen (st. Rspr. Senatsurteile vom 8. Oktober 1980 – IVb ZR 533/80 – FamRZ 1981, 26 f.; vom 29. April 1981 – IVb ZR 582/80 – FamRZ 1981, 650 f. und vom 11. Juli 1984 aaO S. 1000). Die Anrechnung eines Zählkindvorteils als unterhaltsrelevantes Einkommen ist nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn der das erhöhte Kindergeld beziehende Ehegatte nur den bei ihm lebenden Kindern, nicht dagegen seinem anderweit betreuten sogenannten Zählkind Unterhalt gewährt. Da er in diesem Fall eine Entlastung nur hinsichtlich der bei ihm lebenden Kinder beanspruchen kann, ist der ihm zusätzlich zukommende Zählkindvorteil ein Vermögensvorteil, der außerhalb jener Zweckbestimmung liegt, und den er daher nicht für sich allein beanspruchen kann, sondern sich als verfügbares Einkommen zurechnen lassen muß (Senatsurteil vom 26. November 1986 – IVb ZR 64/85 – FamRZ 1987, 270, 271).

Diese Grundsätze, die der Senat bisher im Rahmen der Kindergeldanrechnung beim Kindesunterhalt aufgestellt hat, können hier gleichfalls herangezogen werden, weil es bei der Berücksichtigung des Zählkindvorteils nicht um den Ausgleich eines Vorteils zwischen dem barunterhaltspflichtigen Elternteil und den Kindern, sondern zwischen den Eltern geht (Senatsurteil vom 8. Oktober 1980 aaO S. 27). Danach kommt eine Teilhabe der Klägerin am Kindergeld für das nichteheliche Kind des Beklagten, die sich bei einer Hinzurechnung zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Beklagten im Rahmen der Bedarfsermittlung notwendig ergäbe, nicht in Betracht. Denn da der Beklagte hier beiden Kindern Unterhalt leistet, liegt auch der oben geschilderte Ausnahmefall nicht vor.

cc) Der eheangemessene Unterhaltsbedarf der Klägerin nach § 1578 BGB errechnet sich somit gemäß der vom Oberlandesgericht gewählten Halbteilungsmethode aus einem um die regelmäßigen Kosten und Verbindlichkeiten, den Erwerbstätigenbonus und den Tabellenunterhalt der Kinder bereinigten Erwerbseinkommen des Beklagten mit (2.756 DM – 292 DM – 205 DM – 620 DM) = 1.639 DM: 2 = 820 DM. Einen darüber hinausgehenden trennungsbedingten Mehrbedarf hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Auf diesen Unterhaltsbedarf ist der hälftige Kindergeldanteil der Klägerin in dieser Berechnungsstufe nicht bedarfsdeckend anzurechnen, da sich andernfalls wiederum eine Verfälschung der Ausgleichsquote nach § 1606 Abs. 3 BGB ergäbe. Vielmehr ist für den Einsatzbetrag, der zur Errechnung der Kürzungsquote dient, der volle Bedarf maßgebend.

c) aa) In der zweiten Stufe der Mangelfallberechnung ist das zur Verteilung zur Verfügung stehende Einkommen des Beklagten abzüglich seines Selbstbehalts festzustellen. Es dient – wie die Einsatzbeträge des Unterhaltsbedarfs – der Ermittlung der Kürzungsquote. Dabei hat das Oberlandesgericht zutreffend lediglich die festen Abzüge (inkl. Fahrtkosten) von 292 DM, nicht aber den Erwerbstätigenbonus berücksichtigt. Da die Fahrtkosten bereits abgezogen sind, ist der im wesentlichen nur noch auf dem Anreizgedanken beruhende pauschale Erwerbstätigenbonus bereits in dem notwendigen Selbstbehalt von 1.300 DM enthalten, den das Oberlandesgericht dem Beklagten im Vergleich zu einem nicht erwerbstätigen Ehegatten mit einem Selbstbehalt von nur 1.150 DM in Anlehnung an die Beträge der Düsseldorfer Tabelle zugebilligt hat. Für eine darüber hinausgehende Privilegierung des Beklagten hat das Oberlandesgericht angesichts der beengten Verhältnisse keine Veranlassung gesehen. Diese im Rahmen tatrichterlichen Ermessens liegende Entscheidung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1992 aaO S. 541).

bb) Eine weitere Frage ist, ob und in welcher Höhe das Kindergeld für das gemeinsame und das nicht gemeinsame Kind in das zur Verfügung stehende Einkommen einzubeziehen ist. Für die Einbeziehung könnte sprechen, daß das Kindergeld allgemein die Leistungsfähigkeit eines Verpflichteten erhöht, ferner, daß Eltern gemäß § 1603 Abs. 2 BGB verpflichtet sind, in Mangelfällen alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der minderjährigen Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Der Senat hält indes eine solche Einbeziehung in die Verteilungsmasse weder von Gesetzes wegen für geboten noch für zweckmäßig. Zum einen betrifft die Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB nur den Kindesunterhalt, nicht den Ehegattenunterhalt. Für diesen fehlt eine entsprechende Bestimmung. Zum anderen würde der Kindergeldausgleich zwischen den Ehegatten entsprechend § 1606 Abs. 3 BGB – ähnlich wie bei einer Einbeziehung des Kindergeldes in die Bedarfsermittlung (vgl. oben zu 4. b) aa)) – aufgrund der unterschiedlichen Kürzungsquote verfälscht. Schwierigkeiten ergeben sich auch daraus, daß die Fälle unterschiedlich zu behandeln sind, je nach dem, ob der barunterhaltspflichtige oder der betreuende Elternteil das Kindergeld für das gemeinsame Kind erhält.

Diese Schwierigkeiten verstärken sich noch, wenn einer der Ehegatten – wie hier der Beklagte – Kindergeld einschließlich eines Zählkindvorteils für ein nicht gemeinsames Kind bezieht. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts könnte dieses Kindergeld schon deshalb nicht in voller Höhe (130 DM) zum Einkommen des Beklagten gerechnet werden, weil zumindest ein Anteil von 35 DM (Hälfte des Sockelbetrages von 70 DM ohne Erhöhung durch den Zählkindvorteil) der leiblichen Mutter des Kindes zusteht und daher in das Unterhaltsverhältnis zwischen dem Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau und dem ehelichen Kind nicht einbezogen werden darf (vgl. oben unter 4. b). Aber auch der dem Beklagten zustehende restliche Teil ist nicht zur Verteilungsmasse zu rechnen, und zwar aus den gleichen Gründen, die zur Nichtanrechenbarkeit des Zählkindvorteils führen (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 1984 aaO) und deretwegen sich auch eine Berücksichtigung bei der Bedarfsermittlung (vgl. oben) verbietet. Hiervon für den Bereich des Mangel – falls eine Ausnahme zu machen, ist nicht geboten, da auch für Mangelfälle die Grundaussage bestehen bleibt, daß die einem Elternteil für ein gemeinsames Kind obliegende Unterhaltslast, die durch das staatliche Kindergeld erleichtert werden soll, nicht durch ein weiteres nicht gemeinsames Kind des anderen Ehegatten erhöht wird. Angesichts der Fülle von Variationsmöglichkeiten, in denen sich für den einen oder anderen Ehegatten oder auch beide ein Zählkindvorteil ergeben kann, ist an dem Grundsatz des Nichteinbezugs dieses Kindergeldes festzuhalten. Dafür sprechen auch Gründe der Praktikabilität. Zwar verbleibt dann dem unterhaltspflichtigen Elternteil, hier dem Beklagten, im Ergebnis mehr als der notwendige Selbstbehalt. Diese Ungereimtheit wurzelt aber in der gesetzgeberischen Entscheidung, Kindergeld für mehrere Kinder, gleichgültig, ob sie aus einer oder aus verschiedenen Verbindungen stammen, nicht in gleichbleibender, sondern in gestaffelter Höhe zu zahlen. Damit soll die Mehrbelastung ausgeglichen werden, die einen Unterhaltspflichtigen mit mehreren Kindern trifft. Fällt das erhöhte Kindergeld umgekehrt bei der unterhaltsberechtigten Ehefrau an, muß es ihr insoweit ebenfalls voll belassen werden.

Es errechnet sich somit eine Verteilungsmasse von (2.756 DM Nettoeinkommen – 292 DM feste Kosten – 1.300 DM Selbstbehalt =) 1.164 DM.

d) Aus dem Verhältnis dieser Verteilungsmasse zum Unterhaltsbedarf aller (gleichrangigen) Unterhaltsberechtigten (310 DM + 310 DM + 820 DM = 1.440 DM) errechnet sich die Quote, nach der der Unterhaltsbedarf des berechtigten Ehegatten zu kürzen ist. Für die Klägerin ergibt sich danach ein Unterhalt von (1.164 DM : 1.440 DM = 0,8083 × 820 DM =) 663 DM (gerundet).

e) Erst in einer weiteren vierten Stufe ist das im Rahmen der Mangelverteilung gewonnene Ergebnis darauf zu überprüfen, ob im konkreten Einzelfall die Aufteilung des verfügbaren Einkommens auf die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigte Ehefrau – auch im Hinblick auf dieser evtl. anzurechnende eigene Einkünfte – insgesamt billig und angemessen ist (§ 1581 BGB; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 15. November 1995 aaO S. 347 m.w.N.). Erst in diesem Rahmen ist auch die Frage des Ausgleichs des Kindergeldes für gemeinsame Kinder zu erörtern. Das gilt nicht nur für die bisherige Kindergeldregelung, sondern auch für die Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl. I S. 1250) mit ihren erhöhten Kindergeldbeträgen.

Der der Klägerin zustehende hälftige Anteil von 35 DM an dem von ihr bezogenen Kindergeld ist ihr vorab anrechnungsfrei zu belassen. Eine Auskehrung des an sich dem Beklagten zustehenden hälftigen Kindergeldanteils an ihn erscheint hier wegen der beengten Verhältnisse, in denen die Klägerin mit dem gemeinsamen Kind lebt und in denen auch der angemessene Unterhalt des Kindes nicht gedeckt ist, nicht zumutbar. Dabei bedarf es hier keiner Auseinandersetzung mit der strittigen Frage, ob der Kindergeldanteil des Verpflichteten – ggf. entsprechend der Kürzungsquote – allen Unterhaltsberechtigten zugute kommen oder in erster Linie der Aufstockung des Kindesunterhalts dienen soll (vgl. die Übersicht bei Hampel aaO Rdn. 230–232, 435). Für den Regelfall ist nämlich nach der Lebenswirklichkeit davon auszugehen, daß eine Mutter, die das Kindergeld für die bei ihr lebenden und von ihr betreuten minderjährigen Kinder bezieht, es in vollem Umfang – und zwar sowohl was ihren eigenen als auch was den Anteil des Vaters betrifft – einsetzt, um ihren und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu befriedigen. Das entspricht auch der elterlichen Verpflichtung aus § 1603 Abs. 2 BGB. Eine besondere Aufteilung des Kindergeldanteils des Verpflichteten nach Kopfteilen oder nach einer Quote würde die Berechnung nur unnötig komplizieren, aber zu keinem nennenswert anderen tatsächlichen Ergebnis führen. Diese Handhabung des Kindergeldausgleichs erscheint auch für die neuen Kindergeldbeträge angemessen.

Damit verbleibt es bei dem gekürzten Unterhaltsanspruch der Klägerin von 663 DM für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1994. Da sie nur 621 DM begehrt hat, bleibt die Revision des Beklagten insoweit ohne Erfolg.

II.

Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 1994

Der Beklagte hat in dieser Zeit erhöhte Fahrtkosten von monatlich 273 DM, so daß sich seine regelmäßigen monatlichen Abzüge auf 355 DM erhöhen. Auf die Höhe des Kindesunterhalts von je 310 DM wirkt sich dies nicht aus, da er mit (2.756 DM – 355 DM =) 2.401 DM in der zweiten Gehaltsstufe der Düsseldorfer Tabelle bleibt. Entsprechend den obigen Grundsätzen errechnet sich ein Erwerbstätigenbonus von (2.756 DM – 355 DM – 620 DM =) 1.781 DM: 9 = 198 DM, ein Unterhaltsbedarf der Kinder von 620 DM, ein Unterhaltsbedarf der Klägerin von (1.781 DM – 198 DM) : 2 = gerundet 792 DM, eine Verteilungsmasse von (2.756 DM – 355 DM – 1.300 DM =) 1.101 DM, die zu einem Gesamtbedarf von (792 DM + 620 DM =) 1.412 DM ins Verhältnis zu setzen ist und eine Kürzungsquote von 0,7797 ergibt. Der gekürzte Unterhalt der Klägerin beträgt gerundet 618 DM, ein Kindergeldausgleich unterbleibt. Die Revision hat hier einen geringen Teilerfolg.

III.

Zeitraum ab 1. Januar 1995

Hier erhöhen sich die regelmäßigen monatlichen Abzüge von 355 DM um den Solidaritätszuschlag und die Pflegeversicherung (zusammen 72 DM) auf 427 DM. Auf die Höhe des Kindesunterhalts wirkt sich dies ebenfalls noch nicht aus. Der Erwerbstätigenbonus beträgt hier (2.756 DM – 427 DM – 620 DM) : 9 = rund 190 DM, der Unterhaltsbedarf der Kinder wiederum 620 DM, der Unterhaltsbedarf der Klägerin (1.709 DM – 190 DM) : 2 = rund 760 DM, der Gesamtbedarf 1.380 DM, die Verteilungsmasse (2.756 DM – 427 DM – 1.300 DM =) 1.029 DM, die Kürzungsquote (1.029 DM: 1.380 DM =) 0,7456, so daß sich ein gekürzter Unterhalt der Klägerin von nur noch rund 567 DM ergibt. Auch hier unterbleibt der Kindergeldausgleich. Die Revision des Beklagten hat insoweit ebenfalls einen Teilerfolg.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber

 

Fundstellen

Haufe-Index 884743

NJW 1997, 1919

Nachschlagewerk BGH

MDR 1997, 842

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