Rdn 773

 

Literaturhinweise:

Bockemühl, Das Ermittlungsverfahren – Sonderopfer des Tatverdächtigen, StraFo 2016, 60: Bohlander, Vorschläge zur Reform einer verfassungswidrigen Kostenerstattungsregelung im Ermittlungsverfahren, AnwBl 1992, 161

Fromm, Kostentragungspflicht im Strafverfahren bei Freisprüchen und Einstellungen – ein Überblick, JurBüro 2016, 175

Göhler, § 467a StPO regelt die Erstattung notwendiger Auslagen bei einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens abschließend, MDR 1970, 283

Kotz, Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 1, StRR 2010, 164

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 2, StRR 2010, 204

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 3, StRR 2010, 244

­Meyer, Erstattung notwendiger Auslagen im Vorverfahren?, JurBüro 1993, 521

von Galen, Kosten, Daten, Akten: Unerwünschte Relikte der Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, in: FS BRAK S. 490.

 

Rdn 774

1. Wichtigstes → Verteidigungsziel, Teil V Rdn 5079, für den Verteidiger ist im EV, dass das Verfahren gegen den Beschuldigten schon durch die StA eingestellt wird. Hat der Verteidiger das erreicht, werden er bzw. sein Mandant dafür jedoch nicht dadurch "belohnt", dass die entstandenen Kosten und Auslagen auf jeden Fall von der Staatskasse zu tragen sind. Vielmehr greift im EV § 467a Abs. 1 S. 1 ein. Insoweit gilt:

 

Rdn 775

2.a)aa) Nach § 467a Abs. 1 S. 1 werden die dem Angeschuldigten (im EV) erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse nur dann auferlegt, wenn die StA die Anklage zurücknimmt und das Verfahren einstellt (wegen der Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 467a Rn 1 ff. m.w.N.; → Rücknahme der Anklage, Teil R Rdn 4056). Nach § 467a Abs. 1 S. 2 ist § 467 Abs. 2 – 5 sinngemäß anwendbar. Das bedeutet, dass bei der Einstellung des Verfahrens aufgrund einer Ermessensvorschrift auf die Stärke des Tatverdachts abgestellt werden kann (Meyer-Goßner/Schmitt, § 467 Rn 19 m.w.N.; zuletzt u.a. BGH NJW 2000, 1427 und OLG Hamm, einerseits StV 2000, 659, andererseits NStZ-RR 1997, 127; auch BVerfG NJW 1992, 1612 und EGMR, Urt. v. 24.1.2019 – 24247/15 [Demjanjuk/Deutschland], NJW 2020, 1275). Allerdings darf dem Beschuldigten über Verdachtserwägungen hinaus strafrechtliche Schuld nicht zugewiesen werden (OLG Köln, Beschl. v. 26.2.2009 – 2 Ws 66/09; zu allem auch EGMR, a.a.O.; BVerfG NJW 2016, 861 m. Anm. Burhoff StRR 2015, 474; NJW 2017, 2459 m. Anm. Burhoff RVGreport 2017, 316 und krit. Anm. Sandherr NZV 2017, 484; NStZ 1992, 283; StV 2008, 368; zur Auslagenentscheidung bei Einstellung aufgrund eines Verfahrenshindernisses s. Teil A Rdn 779).

 

☆ Die Regelung in § 467a ist abschließend und kann erweiternd auf zeitlich frühere Einstellungen nicht angewendet werden (BGHSt 30, 152, 157; Meyer-Goßner/Schmitt , § 467a Rn 2; KK- Gieg , § 467a Rn 1, jeweils m. zahlr. weit. Nachw. aus der Rspr. und der Lit. auch zur a.A.).zeitlich frühere Einstellungen nicht angewendet werden (BGHSt 30, 152, 157; Meyer-Goßner/Schmitt, § 467a Rn 2; KK-Gieg, § 467a Rn 1, jeweils m. zahlr. weit. Nachw. aus der Rspr. und der Lit. auch zur a.A.).

 

Rdn 776

bb) Eine Ausnahme von § 467a gilt für abschließende gerichtliche Zwischenentscheidungen (eingehend BVerfG NJW 2010, 360). Ist z.B. auf die → Beschwerde, Teil B Rdn 1169, die → Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, Teil V Rdn 5252, aufgehoben worden, sind die notwendigen Auslagen des Beschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen (KK-Gieg, § 467a Rn 1 i.V.m. § 464 Rn 3). Entsprechendes gilt für die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Durchsuchungsmaßnahme nach § 98 Abs. 2 S. 2 (BVerfG NJW 2010, 360 m. Anm. Kotz StRR 2010, 220). Der Verteidiger muss darauf achten, dass diese Zwischenentscheidungen Kostengrundentscheidungen enthalten (vgl. die Fallgestaltung bei BVerfG, a.a.O.). Die Frage, ob die Zwischenentscheidungen eine Kosten-/Auslagenentscheidung enthalten müssen, ist in der Rspr. aber nicht unbestritten. So geht z.B. das KG (StRR 2012, 307 m. zust. Anm. Hanschke) davon aus, dass Entscheidungen in unselbstständigen Zwischenverfahren/Beschwerdeverfahren nicht mit einer Auslagenentscheidung zu versehen sind, und zwar u.a. deshalb, weil die Tätigkeiten des Verteidigers in einem Beschwerdeverfahren grds. durch die Gebühren der jeweiligen Instanz mit abgegolten werden.

 

☆ Die Entscheidung über einen entsprechenden (Kosten-)Antrag ist gem. § 467a Abs. 3 i.Ü. unanfechtbar (auch LG Koblenz StraFo 2007, 41; KK- Gieg , § 467a Rn 4 m.w.N.).Entscheidung über einen entsprechenden (Kosten-)Antrag ist gem. § 467a Abs. 3 i.Ü. unanfechtbar (auch LG Koblenz StraFo 2007, 41; KK-Gieg, § 467a Rn 4 m.w.N.).

 

Rdn 777

b) Der Rücknahme der Anklage stehen gleich

die Ablehnung des Antrags auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren (LG Aachen JMBl. NW 1970, 47),
die Rücknahme des Antrags auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren nach § 417 (AG Wetzlar AnwBl 1983, 464; → Beschleunigtes Verfahren, Teil B Rdn 1136),
...

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