Rdn 4057

1. Gem. § 156 kann die Anklage nach Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr zurückgenommen werden. Dann ist auch eine Änderung der in der Anklageschrift angegebenen Tatzeiten, durch die bisher von der Anklage nicht erfasste Straftaten in die Strafverfolgung einbezogen werden sollen, nicht mehr zulässig (BGHSt 46, 130). Mit der Eröffnung des Hauptverfahrens hat die StA nämlich grds. (s.u.) ihre Dispositionsbefugnis über die Anklage verloren (BGHSt 29, 224, 229; Meyer-Goßner/Schmitt, § 156 Rn 1). Die Zurücknahme der Anklage ist nach Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens ebenfalls ausgeschlossen (OLG Frankfurt am Main StV 1986, 330; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).

 

Rdn 4058

2. Bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens kann die StA die Anklage zurücknehmen. Das kann sich anbieten, wenn die StA der Auffassung ist, dass – etwa aufgrund neuer Beweismittel – die von ihr erhobene Anklage (nun) unbegründet (geworden) sei oder wenn sie Anklage beim unzuständigen Gericht erhoben hat (i.Ü. Meyer-Goßner/Schmitt, § 156 Rn 2 m.w.N.). Mit der Zurücknahme der öffentlichen Klage wird das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurückversetzt (OLG Düsseldorf StV 2010, 512 [Ls.]). Wird nach Rücknahme nicht neu Anklage erhoben, muss die StA das Verfahren einstellen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; zur Kostenfrage s. § 467a; → Auslagenerstattung im Ermittlungsverfahren, Teil A Rdn 772). Wird erneut Anklage erhoben, sind die Formvorschriften des § 200 zu beachten. Die bloße Bezugnahme auf die durch die vorherige Rücknahme gegenstandslos gewordene Anklageschrift genügt diesen Formerfordernissen nicht (OLG Düsseldorf, a.a.O.).

 

Rdn 4059

Die StA darf die Anklage auch zurücknehmen, um das Verfahren nach § 153 Abs. 1 bzw. nach § 153a Abs. 1 einzustellen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 156 Rn 5; → Einstellung des Verfahrens nach § 153 wegen Geringfügigkeit, Teil E Rdn 2056; → Einstellung nach § 153a nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen, Teil E Rdn 2085, m.w.N.). Ggf. sollte der Verteidiger bei "Einstellungsgesprächen" eine solche Verfahrensweise anregen.

 

☆ Führt die Rücknahme der Anklage zu einer endgültigen Beendigung des Verfahrens, kann für den Verteidiger, wenn er an der Rücknahme mitgewirkt hat, die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 S. 1 Nr. 1 VV RVG entstehen (vgl. Burhoff/Volpert/ Burhoff , RVG, Nr. 4141 VV Rn 41 f.; OLG Köln AGS 2010, 175).zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 S. 1 Nr. 1 VV RVG entstehen (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn 41 f.; OLG Köln AGS 2010, 175).

Siehe auch: → Anklageschrift, Teil A Rdn 572; → Eröffnungsbeschluss, Teil E Rdn 2332; → Eröffnungsverfahren, Teil E Rdn 2356; → Steuerstrafverfahren, Besonderheiten, Teil S Rdn 4155; → Strafbefehlsverfahren, Teil S Rdn 4204.

[Autor] Burhoff

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