Das Wichtigste in Kürze:

1. Das im EV dem Verteidiger i.d.R. zur Verfügung stehende Rechtsmittel ist die einfache Beschwerde.
2. Die einfache Beschwerde ist nicht fristgebunden.
3. Eine Begründung der Beschwerde ist nicht zwingend notwendig, jedoch dringend zu empfehlen.
4. Das (gerichtliche Beschwerde-)Verfahren ist in den §§ 306 ff. geregelt.
5. In bestimmten Fällen ist die Beschwerde gesetzlich ausgeschlossen.
 

Rdn 1170

 

Literaturhinweise:

Börner, Grenzfragen der Akteneinsicht nach Zwangsmaßnahmen, NStZ 2010, 417

Burhoff, Die Abrechnung von Beschwerden in Straf- und Bußgeldsachen, RVGreport 2012, 12

Ellersiek, Die Beschwerde im Strafprozeß, 1981

Gimbel, Einführung einer allgemeinen Untätigkeitsbeschwerde im Strafprozess durch Gesetz. Begrüßenswerte Neuerung oder Irrweg?, ZRP 2004, 35

Graßmann, Rechtsbehelfe gegen Unterlassen im Strafverfahren, 2004

Hillenbrand, Akteneinsicht im Ermittlungsverfahren – Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, StRR 9/2020, 4

Hoffmann, Die Untätigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft bei Nichtentscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens – Versuch einer Grenzziehung, NStZ 2006, 256

Klaws, Die Neuregelung des Telekommunikationsüberwachungsrechts im Strafverfahren, StRR 2008, 7

Kotz, Verzögerungsrüge als Fallbeil für die Untätigkeitsbeschwerde, StRR 2012, 207

Meyer-Mews, Rechtsschutzgarantie und rechtliches Gehör im Strafverfahren, NJW 2004, 716

Schlicht/Leipold, Zur praktischen Anwendung des § 307 Abs. 2 StPO, StraFo 2005, 90

Schmidt, Zur Bindungswirkung strafprozessualer Beschwerdeentscheidungen für das erkennende Gericht, NStZ 2009, 243

Weidemann, Die Stellung der Beschwerde im funktionalen Zusammenhang der Rechtsmittel des Strafprozesses, 1999

s.a. die Hinw. bei → Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren, Teil R Rdn 3950.

 

Rdn 1171

1.a) Das im EV dem Verteidiger i.d.R. zur Verfügung stehende Rechtsmittel ist die einfache Beschwerde. Diese ist nach § 304 Abs. 1 gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Richters im Vorverfahren und des (Gerichts-)Vorsitzenden zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht (s. Teil B Rdn 1193 f.). Darüber hinaus kann die Beschwerde grds. gegen alle richterlichen Maßnahmen eingelegt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 304 Rn 1; eingehend zur Beschwerde Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 399 ff.), soweit es sich nicht nur um vorbereitende Maßnahmen, wie Mitteilungen und Ankündigungen handelt (vgl. insoweit z.B. OLG Hamburg NJW 1998, 1328 [die Abmahnung eines Verteidigers wegen nicht justizförmigen Verhaltens ist nicht beschwerdefähig]). Zulässigkeitsvoraussetzung einer Beschwerde der StA ist, dass nach deren Auffassung die angefochtene gerichtliche Entscheidung sachlich oder rechtlich unrichtig ist. Maßgeblich hierfür ist grds. die Entscheidungsformel; aufgrund besonderer Rechtsvorschriften oder -sätze können die Entscheidungsgründe bestimmend sein (OLG Hamburg NStZ 2008, 478 m. Anm. Lorenz StRR 2008, 186 und Vogel/Brodowski StV 2009, 631).

 

☆ Durch die Regelung der Rechtsmittel bei verdeckten Ermittlungsmaßnahmen in § 101 Abs. 7 S. 2 – 4 wird in den in § 101 genannten Fällen die Beschwerde als allgemeiner Rechtsbehelf verdrängt (BGHSt 53, 1; wegen weit. Einzelh. → Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren , Teil R Rdn  3966 ).§ 101 Abs. 7 S. 2 – 4 wird in den in § 101 genannten Fällen die Beschwerde als allgemeiner Rechtsbehelf verdrängt (BGHSt 53, 1; wegen weit. Einzelh. → Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren, Teil R Rdn 3966).

Durch das "Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung v. 10.12.2019" (BGBl I, S. 2128) ist in §§ 142 Abs. 7, 143a Abs. 4, 144 Abs. 2 S. 2 jetzt ausdrücklich bestimmt, dass gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers (§ 142), den Verteidigerwechsel (§ 143a) und einen zusätzlichen Pflichtverteidiger (§ 144) nicht mehr nur mit der einfachen Beschwerde nach § 304 angefochten werden können, sondern mit der → sofortigen Beschwerde, Teil S Rdn 4112, angefochten werden müssen (zur Reichweite der Regelung BGH, Beschl. v. 5.3.2020 – StB 6/20, NJW 2020, 1534; OLG Hamm, Beschl. v. 5.5.2020 – 4 Ws 94/20, StRR 6/2020, 3 [Ls.]; eingehend → Pflichtverteidiger, Rechtsmittel, Teil P Rdn 3593).

 

Rdn 1172

 

b) Hinweis für den Verteidiger!

Von Bedeutung ist, dass eine Beschwerde nicht nur gegen eine dem Mandanten ungünstige Entscheidung eingelegt werden kann, sondern grds. auch gegen die Unterlassung einer rechtlich gebotenen Entscheidung. Das gilt i.d.R. jedoch nur dann, wenn die unterlassene Entscheidung selbst oder deren Ablehnung anfechtbar ist (h.M.; vgl. BGH NJW 1993, 1279 f. m.w.N.; OLG Hamm JMBl. NW 1981, 69) und die Unterlassung einer endgültigen Ablehnung gleichkommt. Eine reine Untätigkeitsbeschwerde ist der StPO fremd (BGH, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 304 Rn 3; dazu auch Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 560 ff., Gimbel ZRP 2004, 35, Graßmann, a.a.O., und vor allem Hoffmann NStZ 2006, 256, der im Hinblick auf den Bes...

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