Rz. 324

Nimmt der Geschädigte, wenn das beim Unfall beschädigte Fahrzeug nicht mehr zu benutzen ist, ein Mietfahrzeug in Anspruch, so ist der hierfür anfallende Aufwand zu ersetzen.[378]

Der "Unfallersatztarif" ist nur insoweit ein "erforderlicher" Aufwand zur Schadenbeseitigung, wenn der gegenüber dem "Normaltarif" höhere Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist.[379] Hierbei hat sich nach der neuen BGH-Rechtsprechung ein mehrstufiges Prüfungsschema herausgebildet:

Der Geschädigte hat darzulegen, dass ihm die Anmietung des Ersatzfahrzeugs nicht zu einem anderen Tarif ohne weiteres möglich gewesen ist.[380] Dabei kann es auch geboten sein, Vergleichsangebote einzuholen,[381] insbesondere, wenn für den Geschädigten keine Eilsituation vorlag und er in der Großstadt auf mehrere Vermieter zurückgreifen kann.[382] Steht dagegen fest, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif zur Verfügung stand erhält er lediglich die üblicherweise anfallenden Mietwagenkosten ersetzt.[383]
Kann dies nicht geklärt werden, so kann der Geschädigte einen Unfallersatztarif erstattet verlangen, soweit dieser – was der Geschädigte zu beweisen hat – sich als wirtschaftlich erforderlich erweist.[384] Dabei darf der Tatrichter als Schätzungsgrundlage zur Ermittlung des Normaltarifes auf die in dem sog. Schwacke-Mietpreisspiegel[385] oder dem Fraunhofer-Institut[386] angeführten Werte zurückgreifen, solange keine berechtigten Zweifel an der darin enthaltenen Werten bezogen auf den konkreten Einzelfall bestehen.[387] Die Instanzgerichte[388] schätzen den auf den so ermittelten Normaltarif vorzunehmenden Aufschlag bei der Anmietung des Ersatzfahrzeugs (i.d.R. nur in einem Not- oder Eilfall) bei 25 %[389] oder 20 %.[390]
Da sowohl gegen den Schwacke-Mietpreisspiegel als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel eine Reihe an Bedenken bestehen, gehen eine Vielzahl an Gerichten zwischenzeitlich dazu über, den Normaltarif aus einem Mittelwert der Mietpreise aus beiden Befragungen zu schätzen.[391] Alternativ besteht auch die Möglichkeit, entweder auf den Schwacke-Mietpreisspiegel mit einem Abschlag oder Fraunhofer mit einem Sicherheitsaufschlag als konkrete Schätzung abzustellen.[392]

Der Geschädigte muss sich nach h.M. ersparte Eigenaufwendungen wegen der "Schonung" des eigenen Pkw anrechnen lassen, die mit mindestens 3 %, maximal 10 % zu beziffern sind[393] – es sei denn, er mietet ein klassentieferes Kfz an bzw. es so wird abgerechnet.

[378] BGHZ 54, 82; BGH NJW 1975, 255.
[380] BGH NJW 2005, 1906.
[383] BGH NJW 2007, 1124; OLG Köln Schaden-Praxis 2008, 218.
[384] BGH NJW 205, 569.
[385] OLG Köln NZV 2009, 447; OLG Stuttgart NZV 2009, 563; OLG Dresden NZV 2009, 604.
[386] OLG Hamburg NZV 2009, 394; OLG Bamberg Schaden-Praxis 2009, 330; OLG Köln NZV 2009, 600; OLG München RuS 2008, 439 und OLG Jena RuS 2009, 40.
[387] BGH NJW 2007, 1125.
[388] Grundlegend: OLG Karlsruhe Schaden-Praxis 2008, 218.
[389] Beispielhaft: OLG Saarbrücken zfs 2008, 223; LG Bonn NZV 2007, 362.
[390] OLG Köln Schaden-Praxis 2007, 215.
[393] BGH NJW 2010, 1445; OLG Hamm v. 21.4.2008 – 6 U 188/07, juris; OLG Dresden NZV 2009, 604; OLG Jena Schaden-Praxis 2008, 223.

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