Leitsatz (amtlich)

Die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten ist nach dem arithmetischen Mittel der Fraunhofer Liste und des Schwacke Mietpreisspiegels nach § 287 ZPO zu schätzen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 701/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 25.11.2019 - 4 O 701/19 - im Kostenpunkt aufgehoben und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.528,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 11.04.2019 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.302,32 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist zum Teil begründet.

A Der Klägerin - einer gewerblichen Autovermietung - steht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von restlichen Mietwagenkosten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 398 BGB in Höhe von 3.528,74 EUR zu. Die Haftung, der bei der Beklagten haftpflichtversicherten 9 Unfallgegner zu 100% ist unstreitig. Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Verkehrsunfallgeschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist grundsätzlich erlaubt, wenn - wie hier - allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.09.2012 - VI ZR 238/11 - juris). Die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten ist nach dem arithmetischen Mittel der Fraunhofer Liste und des Schwacke Mietpreisspiegels nach § 287 ZPO zu schätzen.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.2019 - VI ZR 141/18; Urteil vom 05.03.2013 - VI ZR 245/11 - juris) und der Oberlandesgerichte (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 28.03.2019 - 7 U 1319/18 - juris; OLG Dresden, Urteil vom 30.12.2015 - 1 U 304/15 - nicht veröffentlicht; OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014 - 1 U 165/11 - juris) kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigsten Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen (BGH, zuletzt Urteil vom 12.02.2019 - VI ZR 141/18 - juris).

a) Inwieweit dies der Fall ist, hat der nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter - gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen - zu schätzen. Bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ist die Art der Schätzgrundlage für die Ermittlung des Normaltarifs im Einzelnen nicht vorgegeben (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2011 - VI ZR 353/09 - juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014 - 1 U 165/11 -juris). Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht gelassen werden (BGH, a.a.O.). Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 22.02.2011 - VI ZR 353/09; vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012 - VI ZR 316/11 -juris) hat eine Schätzung anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels, der Fraunhofer-Liste sowie einer Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Erhebungen für grundsätzlich zulässig gehalten.

In der Rechtsprechung und Literatur werden Einwendungen und Vorbehalte gegen die Heranziehung der Schwacke- und der Fraunhofer-Liste erhoben. Kern der gegen die Schwacke-Liste geltend gemachten Bedenken war und ist, dass ihr zugrunde liegende Erhebungen durch Übersendung von Fragebögen an die Mietwagenunternehmen vorgenommen werden, wobei der Verwendungszweck offen gelegt wird. Dies beinhaltet ein nicht unerhebliches Risiko für eine Ergebnismanipulation aufgrund des damit verbundenen wirtschaftlichen Interesses der Autovermieter (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 30.12.2015 - 1 U 304/15 - nicht veröffentlicht; OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014 - 1 U 165/11 - juris). ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge