Entscheidungsstichwort (Thema)

Brauchbarer Marktpreisspiegel für Mietwagen

 

Normenkette

BGB § 249; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 31.10.2008; Aktenzeichen 331 O 19/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 31, vom 31.10.2008, Az. 331 O 19/08, unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 760,77 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 15.3.2007 bis zum 19.12.2007 auf 2.939,91 EUR sowie ab 20.12.2007 auf 760,77 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu 86/100, die Beklagte zu 14/100 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin nach einem Streitwert von 4.799,85 EUR.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO

Auf die tatbestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Im Übrigen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO von der Darstellung gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II. Begründung für die Entscheidung gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 ZPO

Die zulässige Berufung der Bekl. ist begründet.

Die KI. hat zwar Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten aus Anlass des Unfalls vom 10.12.2006 gem. §§ 7, 17 StVG, 249 BGB. Der Höhe nach bemisst sich der diesbezügliche Schaden aber für die Mietdauer von 58 Tagen auf 3.094,64 EUR abzgl. 5 % ersparter Aufwendungen, also 2.939,91 EUR (I.).

Demgegenüber ist die Anschlussberufung der KI. ohne Erfolg. Das LG ist im Ausgangspunkt seiner Schätzung zu Recht von dem Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ausgegangen (II.).

I. Die Bekl. rügt zu Recht, dass das LG bei der Schätzung des Normaltarifs einen Zuschlag von 30 Prozent wegen unfallbedingter Mehraufwendungen vorgenommen hat. Die KI. hat nämlich nicht dargelegt und bewiesen, dass ihr ein wesentlich günstigerer Tarif als der tatsächlich in Anspruch genommene Unfallersatztarif nicht zugänglich war. Es war aber Sache der KI. als Geschädigte, im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ihr unter Berücksichtigung ihrer individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für sie bestehenden Schwierigkeiten und zumutbaren Anstrengungen auf dem in ihrer Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt ein wesentlich günstigerer Tarif verwehrt war (BGH VersR 2008, 1706). Aus der vom Gericht vorgenommenen persönlichen Anhörung der KI. gem. § 141 ZPO ist ersichtlich, dass die KI. zu keinem Zeitpunkt nach der Höhe des Mietwagenpreises fragte. Sie nahm den Mietwagen ohne Nachfrage in Anspruch, obwohl seit dem Unfall bereits einige Tage vergangen waren. Sie hatte Zeit, sich über Mietpreise bei geeigneten Mietwagenanbietern zu informieren. Es kann davon ausgegangen werden, dass die in Achim wohnende Kl. im dortigen Großraum Bremen unter einer größeren Anzahl anderer Mietwagenangebote ggf. hätte auswählen können.

Zu Recht beanstandet die Bekl ihrer Berufung, dass das LG dem auf Grundlage des Fraunhofer Marktspiegels geschätzten Normaltarif von 3.094,64 EUR einen Vollkaskozuschlag hinzu addiert hat. Tatsächlich enthalten die Preisdaten des Fraunhofer IAO nach eigener Veröffentlichung bereits eine der Vollkaskoversicherung entsprechende Haftungsbefreiung (Fraunhofer IAO, Auszüge und Zusatzinformation, Seite 3, auf www.mietwagenspiegel.iao.frauenhofer.de) Das ist in der Berufung auch unstreitig.

II. Ohne Erfolg wendet sich demgegenüber die Anschlussberufung der Kl. gegen die Schätzung des LG.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG den Normaltarif unter Zugrundelegung der maßgeblichen Werte des Marktpreisspiegels "Mietwagen Deutschland 2008" des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO gem. § 287 ZPO geschätzt hat. Der Marktpreisspiegel ist eine geeignete Schätzgrundlage.

Soweit die KI. meint, der Anwendung des Mietpreisspiegels stünde entgegen, dass den ermittelten Preisen eine Vorbuchzeit von einer Woche zugrunde liegen würde, trägt dieses Argument gerade im Falle der KI. nicht. Denn nach deren eigenem Vortrag war die Haftungslage klar. Dennoch mietete sie ja erst am Nachmittag des 18.12.2006 an, obwohl der Unfall bereits eine gute Woche vorher, nämlich am 10.12.2006 passierte. Damit erledigt sich auch die Einwendung der KI., der Marktpreisspiegel berücksichtige nicht den "Tresenpreis", sondern nur Telefon- und Internettarife. Das ist zwar richtig, führt aber für die Berufung der KI. nicht zum Erfolg. Denn es wäre eher lebensfremd, wollte man annehmen, dass ein Geschädigter beim Vergleich bzw. Erfragen von Mietwagenkosten den jeweiligen Anbieter persönlich aufsucht. Abgesehen legt die Berufung auch nicht dar, dass der am "Tresen" genannte Preis höher wäre als der am Telefon genannte. Dass im Übrigen das Internet keinen Sondermarkt mit grundsätzlich günstigeren Preisen eröffnet, hat di...

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