Leitsatz (amtlich)

Als Schätzungsgrundlage zur Ermittlung des angemessenen Normaltarifs für Mietwagenkosten ist die so genannte Mittelwertlösung (Fracke) vorzugswürdig.

 

Normenkette

StVG § 7; BGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 02.06.2015; Aktenzeichen 2 O 359/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 02.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bielefeld teilweise abgeändert.

Die Beklagten bleiben verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 7.891,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2014 zu zahlen.

Die Beklagten bleiben ferner verurteilt, den Kläger als Gesamtschuldner in Bezug auf vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 729,23 EUR freizustellen.

Die weiter gehende Berufung und die weiter gehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen. Die weiter gehende Klage bleibt abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 70 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 16.08.2014 in D ereignet hat. Der Kläger bog von der I-Straße kommend mit seinem Fahrzeug Toyota nach links in die C-Straße ein. Hierbei kam es zum Zusammenstoß mit dem sich im Gegenverkehr befindlichen Fahrzeug Mercedes des bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Beklagten zu 1), wobei der rechte Frontbereich des Mercedes mit dem rechten Seitenteil des Toyota, beginnend hinter der hinteren rechten Beifahrertür zusammenstieß. Der Beklagte zu 1) hatte vor der Einfahrt in den Kreuzungsbereich den Fahrstreifen für die Geradeausfahrt nach links hin verlassen und fuhr unter Befahren einer Sperrfläche in den Kreuzungsbereich ein. Im Kollisionszeitpunkt hatte das Heck des Toyotas den Einmündungstrichter, gebildet durch die gedachte Fortsetzung der rechten Begrenzung der I-Straße, soeben verlassen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts anderes ergibt, hat das LG dem Kläger nach einer Haftungsquote von 100 % vollen Schadensersatz für den Fahrzeugschaden, Sachverständigenkosten, Unkostenpauschale und Nutzungsausfall für den Zeitraum vom 16.08. bis zum 24.08.2014 zuerkannt. Hinsichtlich der geltend gemachten Mietwagenkosten iHv 828,- EUR hat es lediglich 396,- EUR zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Abänderung des angefochtenen Urteils die vollständige Abweisung der Klage begehren. Mit seiner Anschlussberufung verlangt der Kläger die noch offenen 432,- EUR aus den Mietwagenkosten.

Der Senat hat die Parteien angehört und die Zeugen C und L vernommen. Der Sachverständige Prof. T hat im Senatstermin vom 19.01.2016 ein mündliches verkehrsanalytisches Gutachten zum Hergang des Verkehrsunfalls erstattet. Hinsichtlich des wesentlichen Ergebnisses der Parteianhörung nach § 141 ZPO und der Beweisaufnahme wird auf den hierüber aufgenommenen Berichterstattervermerk Bezug genommen.

II. Berufung und Anschlussberufung haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil des LG teilweise abzuändern, soweit die Beklagten nach einer höheren Haftungsquote als 70 % zur Leistung von Schadensersatz verurteilt worden sind. Der Kläger hat mit seiner Anschlussberufung insoweit Erfolg, als dass die Mietwagenkosten iHv 828,- EUR ihm nach einer Haftungsquote von 70 % zu erstatten sind.

1. Die nach § 17 Abs 1 und 2 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ergibt, dass der Unfall überwiegend, nämlich zu 70 % von dem Beklagten zu 1) und zu 30 % von dem Kläger selbst verursacht worden ist.

1.1 Die Beklagten belastet neben der von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) ausgehenden Betriebsgefahr ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 1) wegen Überfahrens der Sperrfläche, die vor der Kreuzung im Bereich der mittig verlaufenden Straßenbahngleise angeordnet ist, und den Geradeausverkehr, aber auch den Links- und den Rechtsabbiegerverkehr über die verbleibende Fahrspur auf die Kreuzung zuführt. Das Überfahren der Sperrfläche stellt einen Verstoß gegen § 41 StVO i.V.m. Anl. 2 zur StVO, Zeichen 298, dar, weil die entsprechend gekennzeichnete Fläche nicht benutzt, mithin nicht überfahren werden darf. Zwar diente die Sperrfläche in erster Linie dazu, Straßenbahnen das Halten an der Haltestelle in diesem Bereich zu ermöglichen. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass in den Schutzbereich des Verbots des Überfahrens einer Sperrfläche auch diejenigen Verkehrsteilnehmer einbezogen sind, die grundsätzlich auf die Beachtung der Sperrfläche vertrauen dürfen und ihr Verhalten darauf einstellen (vgl. BGH, NZV 1992, 150 und VersR 1987, 906, dort Rn. 21 und 24 im juris Ausdruck; OLG Köln...

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