Rz. 634
Erteilt der Auftraggeber zunächst außergerichtlichen Auftrag und soll die Einigung der Ehegatten sogleich notariell beurkundet werden, fällt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG und ggf. 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG an. Besprechungen mit der Gegenseite, die zum Abschluss der Einigung geführt haben, können nicht mit der Terminsgebühr abgerechnet werden, da kein unbedingter Verfahrensauftrag vorliegt. Auch die Teilnahme am Notartermin rechtfertigt in diesen Fällen nicht den Ansatz einer Terminsgebühr. Zur Frage, wann eine Terminsgebühr anfallen kann (vgl. Rdn 516 und 577 ff. in diesem Kapitel).
Rz. 635
Praxistipp
Besprechungen, die im Rahmen einer außergerichtlichen Vertretung mit der Gegenseite (oder auch dem Mandanten) geführt werden, rechtfertigen möglicherweise die Erhöhung des Gebührensatzes der Geschäftsgebühr. Sie können sich sowohl auf das Kriterium "Umfang" als auch auf die "Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit" auswirken. Es empfiehlt sich daher, derartige Besprechungen zu dokumentieren (mit Datum, Zeit und Inhalt). Zu den Kriterien "Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit" siehe auch Rdn 165 und 177 ff. in diesem Kapitel.
Rz. 636
Hat der Rechtsanwalt den Auftrag, eine Scheidungsfolgenvereinbarung notariell beurkunden zu lassen und sodann das Scheidungs- und Versorgungsausgleichsverfahren gerichtlich durchzuführen, liegen nach Ansicht der Verfasserin zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten vor, da bei der Tätigkeit eben kein einheitlicher Rahmen (der aber Voraussetzung für die Annahme "derselben Angelegenheit" ist) vorliegt. Auch kann hier nicht von einer Regelung der Folgesachen gesprochen werden, mit der Annahme, dass über § 16 Nr. 4 RVG dieselbe Angelegenheit vorläge. Denn die Gegenstände der Scheidungsfolgenvereinbarung werden eben gerade nicht als Folgesachen im Verbund anhängig.
Rz. 637
Muster 75: Musterrechnung 5.75: Scheidungsfolgenvereinbarung – notariell beurkundet
Musterrechnung 5.75: Scheidungsfolgenvereinbarung – notariell beurkundet
Rechtsanwalt Z hat den Auftrag, eine Scheidungsfolgenvereinbarung notariell beurkunden zu lassen: Zugewinnausgleich, wechselseitiger Unterhaltsverzicht, der Haushalt gilt als aufgeteilt.
▪ | Vereinbarung der Gütertrennung (unabhängig von einer Scheidung), Wert: 250.000,00 EUR (zur Wertberechnung siehe § 4 Rdn 103 ff.) |
▪ | Zugewinnausgleich, Wert: 40.000,00 EUR |
▪ | wechselseitiger Unterhaltsverzicht, Wert: 1.800,00 EUR |
▪ | Haushaltsgegenstände, deklaratorisch, ohne Wertansatz |
Rechtsanwalt Z reicht 8 Monate später für seine Mandantin den Scheidungsantrag ein. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Der Versorgungsausgleich wird durchgeführt. Der Wert der Ehesache wird vom Gericht auf 52.500,00 EUR, für den Versorgungsausgleich auf 3.500,00 EUR festgesetzt.
1. Notarielle Vereinbarung
Gegenstandswert: 291.800,00 EUR, (Gütertrennung, Zugewinnausgleich, Unterhaltsverzicht) §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 51 Abs. 1, 35 FamGKG, § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 100 GNotKG
1,8 Geschäftsgebühr aus 291.800,00 EUR Nr. 2300 VV RVG |
4.944,60 EUR |
1,5 Einigungsgebühr aus 291.800,00 EUR Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG |
4.120,50 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Zwischensumme | 9.085,10 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG | 1.726,17 EUR |
Summe | 10.811,27 EUR |
2. Gerichtliches Verfahren
Verfahrenswert: 56.000,00 EUR (Ehesache u. VA), §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 Abs. 1, 2, 50 FamGKG
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG |
1.784,90 EUR |
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG |
1.647,60 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Zwischensumme | 3.452,50 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG | 655,98 EUR |
Summe | 4.108,48 EUR |
Zu den Gegenstandswerten siehe § 4 Rdn 302 ff. und 537); zur Anwendung von § 15 Abs. 3 RVG siehe Rdn 509, zur Einigungsgebühr siehe Rdn 262 ff. u. 307 in diesem Kapitel.
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