Rz. 14

Für Unterhaltsfragen ist die EuGVO (siehe Rdn 36 ff.) vorrangig bzw. das Haager Übereinkommen vom 2.10.1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (HUntÜ; siehe Rdn 316 ff.) oder das Haager Übereinkommen vom 15.4.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern (HKindUntÜ; siehe Rdn 330 ff.), die seit dem 18.6.2011 allerdings, hinsichtlich Unterhaltssachen (Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts- oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen), mithin

den Ehegattenunterhalt während der Ehe und nach der Scheidung und
den Kindesunterhalt (gegenüber minder- und volljährigen Kindern)

durch die EU-UnterhaltsVO (siehe Rdn 199 ff.) bzw. das HUntProt (siehe Rdn 279 ff.) abgelöst worden sind.

 

Rz. 15

Im Rahmen ihres sachlichen Anwendungsbereichs (siehe Rdn 11) verdrängt die EUEheVO 2003 die in Art. 60 EUEheVO 2003 genannten Abkommen, mithin

das Haager Übereinkommen vom 5.10.1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA; siehe Rdn 360 ff.)[18] im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten – nach Art. 61 lit. a) EUEheVO 2003 hingegen die Regelungen des Haager Übereinkommens vom 19.10.1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (KSÜ; siehe Rdn 391), soweit sich das Kind in einem EU-Mitgliedstaat aufhält;

Hinweis: Das MSA ist weitgehend vom KSÜ (vgl. Art. 61 EUEheVO 2003, Rdn 16) abgelöst worden[19] (Rdn 392, 419 und 419);

das Luxemburger Übereinkommen vom 8.9.1967 über die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen (das von der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet, aber nicht ratifiziert worden ist, und das nur zwischen Österreich, der Türkei und den Niederlanden gilt);
das Haager Übereinkommen vom 1.6.1970 über die Anerkennung von Scheidungen und der Trennung von Tisch und Bett (siehe Rdn 148 ff.);
das Europäische Übereinkommen vom 20.5.1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechtsverhältnisses (LSU oder auch EuSorgeRÜbk genannt, Rdn 453 ff.);[20] sowie
das Haager Übereinkommen vom 25.10.1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKEntfÜ; siehe Rdn 422 ff.).[21]
 

Rz. 16

Nach Art. 61 EUEheVO 2003 wird grundsätzlich auch das Haager Übereinkommen vom 19.10.1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung sowie der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (KSÜ; siehe Rdn 391 ff.) verdrängt.[22] Letzteres bleibt nur anwendbar, wenn das betreffende Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat hat. Doch erfolgt eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen von Drittstaaten nach der EUEheVO 2003 auch dann, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat hat.

 

Rz. 17

Hinweis: Der Vorrang nach den Art. 60 f. EUEheVO 2003 betrifft nur die in der Verordnung geregelten Fragen der internationalen Zuständigkeit und der Anerkennung und Vollstreckung. Der Vorrang erfasst nicht Fragen der kollisionsrechtlichen Anknüpfung, weshalb bei Verfahren über die elterliche Verantwortung auch weiterhin auf das MSA und das KSÜ zurückzugreifen ist.[23]

[18] Zum Verhältnis der EUEheVO 2003 zum MSA näher MüKo-BGB/Heiderhoff, Vorbem. Brüssel IIa-VO Rn 12 ff.
[19] Näher MüKo-BGB/Heiderhoff, Art. 60 Brüssel IIa-VO Rn 3.
[20] Zum Verhältnis der EUEheVO 2003 zum LSU (EuSorgeRÜbk) näher MüKo-BGB/Heiderhoff, Vorbem. Brüssel IIa-VO Rn 15.
[21] Zum Verhältnis der EUEheVO 2003 zum HKEntfÜ näher MüKo-BGB/Heiderhoff, Vorbem. Brüssel IIa-VO Rn 16.
[22] Zum Verhältnis der EUEheVO 2003 zum KSÜ näher MüKo-BGB/Heiderhoff, Vorbem. Brüssel IIa-VO Rn 9 ff.
[23] Umstr., vgl. NK-BGB/Gruber, EheVO 2003, Vorbem. Rn 16; ders., Art. 8 Rn 9 ff. und Art. 61 Rn 10 ff. Für einen Rückgriff auf das MSA sprechen sich aus: v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, § 8 Rn 68j; Jayme/Kohler, IPRax 2000, 454, 457 f. Für einen Vorrang des KSÜ: Helms, FamRZ 2002, 1593, 1601. "Da jedoch die VO nur Zuständigkeit und Anerkennung, nicht aber das anwendbare Recht regelt, kommt es in EG-Binnenfällen zu einem Nebeneinander von VO und – abhängig vom Ratifikationsstand – MSA bzw. KSÜ (Rauscher, Einl. Brüssel IIa-Verordnung Rn 9)."

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