Rz. 316

Das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2.10.1973[404] (HUntÜ) regelte das Kollisionsrecht (unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitigkeit, auch wenn es das Recht eines Nichtvertragsstaates ist, Art. 3 HUntÜ) nur auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht (Art. 2 Abs. 1 HUntÜ), die sich aus Beziehungen der Familie, der Ehe oder der Schwägerschaft ergibt, einschließlich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind (Art. 1 HUntÜ). Es enthielt umfassende Anknüpfungsregeln für familienrechtliche Unterhaltspflichten.[405]

 

Rz. 317

Das HUntÜ war für die Bundesrepublik Deutschland ursprünglich am 1.4.1987 im Verhältnis zu Frankreich, Italien, Japan, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, der Schweiz, Spanien und der Türkei in Kraft getreten[406] – später zudem im Verhältnis zu Polen (seit dem 1.5.1996),[407] Litauen (seit dem 1.9.2001),[408] Estland (seit dem 1.1.2002),[409] Griechenland (seit dem 1.9.2003)[410] und Albanien (seit dem 1.11.2011). Wegen des Vorrangs des Haager Unterhaltsprotokolls (HUntProt, siehe Rdn 279 ff.) gilt es seit dem 18.6.2011 – nach umstrittener Auffassung (obwohl die Frage von hoher praktischer Bedeutung ist)[411] – nur noch im Verhältnis zu den Vertragsstaaten, die nicht Vertragsparteien des HUntProt geworden sind,[412] mithin zu Japan, der Schweiz[413] und der Türkei[414] (zudem zu Albanien und den niederländischen Überseebesitzungen).[415] Mit dem Inkrafttreten des HUntProt ist in der Bundesrepublik Deutschland für eine autonome kollisionsrechtliche Unterhaltsregelung kein Raum mehr.[416]

 

Rz. 318

Hinweis: Das HUntÜ ist nach seinem Art. 3 auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten in einem Nichtvertragsstaat anwendbar. Es handelt sich also um eine sog. loi uniforme.[417] Das HUntÜ wird daher von den Vertragsstaaten auch im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten angewendet.

 

Rz. 319

Nach Art. 15 HUntÜ kann jeder Vertragsstaat gem. Art. 24 HUntÜ einen Vorbehalt machen, dass seine Behörden sein innerstaatliches Recht anwenden werden, wenn sowohl der Berechtigte als auch der Verpflichtete Staatsangehörige dieses Staates sind und der Verpflichtete dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Einen Vorbehalt nach Art. 15 HUntÜ hatte die Bundesrepublik Deutschland bezüglich aller Deutschen i.S.d. Grundgesetzes gemacht – ebenso wie Italien, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Portugal, die Schweiz, Spanien und die Türkei.

[404] BGBl 1986 II, 837.
[405] NK-BGB/Gruber, Art. 18 EGBGB Rn 1.
[406] Bekanntmachung vom 26.3.1987 (BGBl II, 225).
[407] BGBl II, 664.
[408] BGBl II, 791.
[409] BGBl II, 957.
[410] BGBl II, 2169.
[411] Bamberger/Roth/Heiderhoff, Art. 18 HUP Rn 2 (arg.: Türkei, Schweiz und Japan).
[412] Palandt/Thorn, HUntProt Rn 55. A.A. Bamberger/Roth/Heiderhoff, Art. 18 HUP Rn 3: "Der deutsche Gesetzgeber geht eindeutig davon aus, dass dieses Übereinkommen nicht mehr anwendbar ist, und zwar auch nicht gegenüber den Vertragsstaaten, die nicht zugleich Vertragsstaaten des HUP geworden sind" (vgl. auch BT-Drucks 17/4887, S. 53) und Rn 6.
[413] Offengelassen vom BGH IPRax 2014, 345.
[414] Vgl. in Bezug auf die Türkei OLG Stuttgart NJW 2014, 1458.
[415] Bamberger/Roth/Heiderhoff, Art. 1 HUP Rn 22.
[416] NK-BGB/Gruber, Art. 18 EGBGB Rn 1.
[417] Vgl. OLG Hamm NJW-RR 1995, 520 = FamRZ 1995, 886; Staudinger/Mankowski, Art. 18 EGBGB Anhang I Rn 9.

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