Rz. 391

Das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kinderschutzübereinkommen – fortan: KSÜ) vom 19.10.1996 zielt gemäß seinem Art. 1 darauf ab,

den Staat zu bestimmen, dessen Behörden zuständig sind, Maßnahmen zum Schutz der Personen oder des Vermögens des Kindes zu treffen;
das von diesen Behörden bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit anzuwendende Recht zu bestimmen;
das auf die elterliche Verantwortung (d.h. nach Art. 1 Abs. 2 KSÜ die elterliche Sorge und jedes andere entsprechende Sorgeverhältnis, das die Rechte, Befugnisse und Pflichten der Eltern, des Vormunds oder eines anderen gesetzlichen Vertreters in Bezug auf die Person oder das Vermögen des Kindes bestimmt) anzuwendende Recht zu bestimmen;
die Anerkennung und Vollstreckung der Schutzmaßnahmen in allen Vertragsstaaten sicherzustellen;
die zur Verwirklichung der Ziele des Übereinkommens notwendige Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Vertragsstaaten einzurichten.
 

Rz. 392

Das KSÜ verbessert zwar einerseits die Regeln des MSA (siehe Rdn 422 ff. – bspw. durch Aufhebung der Trennung von gesetzlichen Gewaltverhältnissen und Maßregeln) und dient durch eine Stärkung der internationalen Zusammenarbeit dem Kindeswohl. Andererseits verfehlt es – so Kegel[538] – das rechtspolitisch Richtige, indem es das Recht des Staates zur Anwendung gelangen lässt, in dem sich das Kind gewöhnlich aufhält. Das KSÜ umfasst (wie das MSA; siehe Rdn 422 ff.) unter der Begrifflichkeit der "elterlichen Verantwortung"[539] (Art. 1 Abs. 2 KSÜ) den gesamten (mithin auch den öffentlich-rechtlichen) Kinderschutz.

 

Rz. 393

Das KSÜ ist von der Bundesrepublik Deutschland am 1.4.2003 gezeichnet, aber erst mit Wirkung zum 1.1.2011 für Deutschland in Kraft getreten,[540] wodurch es weitgehend das MSA abgelöst hat[541] (vgl. Art. 51 KSÜ). Es ist am 1.1.2002 für Monaco, die Slowakei und die Tschechische Republik in Kraft getreten. Es gilt inzwischen weiterhin für Marokko (seit dem 1.12.2002), Lettland (seit dem 1.4.2003), Estland (seit dem 1.6.2003), Australien (seit dem 1.8.2003), Ecuador (seit dem 1.9.2003) Litauen (seit dem 1.9.2004), Slowenien (seit dem 1.2.2005), Ungarn (seit dem 1.5.2006), Bulgarien (seit dem 1.2.2007), Albanien (seit dem 1.4.2007), Ukraine (seit dem 1.2.2008), Armenien (seit dem 1.5.2008), Schweiz (seit dem 1.7.2009), Kroatien (seit dem 1.1.2010), Uruguay (seit dem 1.3.2010), Polen (seit dem 1.9.2010), die Dominikanische Republik (seit dem 1.10.2010), Zypern und Irland (seit dem 1.11.2010), Luxemburg (seit dem 1.12.2010), Rumänien und Spanien (seit dem 1.1.2011), Frankreich (seit dem 1.2.2011), Finnland (seit dem 1.3.2011), Österreich (seit dem 1.4.2011), Niederlande (seit dem 1.5.2011), Portugal (1.8.2011), Dänemark (seit dem 1.10.2011), Malta (seit dem 1.1.2012), Griechenland (seit dem 1.6.2012), Großbritannien und Nordirland (seit dem 1.11.2012), Montenegro und Schweden (seit dem 1.1.2013), Russland (seit dem 1.5.2013), Lesotho (seit dem 1.6.2013), Belgien (seit dem 1.9.2014), Georgien (seit dem 1.3.2015) und Italien (seit dem 1.1.2016). Das KSÜ ist am 1.11.2016 auch für Serbien in Kraft getreten, am 1.4.2019 für die Republik Fidschi und am 1.7.2019 für Paraguay. Es gilt i.Ü. für Honduras, Kuba, Norwegen und die Türkei. Außer der Bundesrepublik Deutschland haben auch andere EU-Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen nicht schon früher gezeichnet oder ratifiziert hatten, dieses am 1.4.2003 gezeichnet.

[538] Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 20 XI. 5. e) – zudem weist es (in den Art. 11 Abs. 3, 12 Abs. 3, 15 Abs. 2 bzw. Art. 21 Abs. 2 KSÜ) "technische Mängel" auf.
[539] Eine Begrifflichkeit, entnommen Art. 18 des New Yorker Abkommens über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (BGBl 1992 II, 121, 990; vgl. BGBl Teil II Fundstellennachweis B [abgeschlossen am 31.12.2002], 670) und gleichermaßen verwendet in Art. 26 Abs. 1 lit. b des Haager Adoptionsübereinkommens (siehe Rdn 484 ff.). Ersteres normiert materielles Recht, nicht internationales Privatrecht und gewährt bspw. Rechte auf Leben, Gesundheit oder Familie – so Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 20 XI. 5. d).
[540] BGBl 2009 II, 603.
[541] Bamberger/Roth/Heiderhoff, Art. 21 EGBGB Rn 4.

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