Rz. 235

 

Hinweis

Zur Technik der Kapitalisierung siehe die Berechnungsbeispiele Rdn 550 ff., 560 ff.

 

Rz. 236

Die Berechnung des Kapitalbetrages wird durch folgende Faktoren wesentlich bestimmt:

Laufzeit des Schadenersatzes, voraussichtliches Ende der Rentenhöhe (Rdn 238 ff.),
Zahlungsweise der Rente (Rdn 507 ff.),
rechnerischer Zinsfuß (Rdn 511 ff.),
voraussichtliche Änderungen der Rentenhöhe (Rdn 523 ff.).
 

Rz. 237

Die einzelnen Berechnungsfaktoren sind je nach den Besonderheiten des Falles zu schätzen, wobei Prognosen zur künftigen Entwicklung der Lebensumstände des Verletzten/Getöteten und der wirtschaftlichen Daten zu treffen sind.[155]

[155] BGH v. 8.1.1981 – VI ZR 128/79 – BB 1981, 455 = BGHZ 79, 187 = DAR 1981, 46 = DB 1981, 786 = MDR 1981, 306 = NJW 1981, 818 = VersR 1981, 283 (Anm. Nehls) = VRS 60, 253 = zfs 1981, 105; BGH v. 24.4.1990 – VI ZR 183/89 – DAR 1990, 296 = MDR 1990, 809 = NJW-RR 1990, 962 = NZV 1990, 307 = r+s 1990, 272 (nur Ls.) = VersR 1990, 907 = VRS 90, 257 = zfs 1990, 340.

1. Laufzeit der Schadenersatzrente

a) Prinzip

 

Rz. 238

Während vergangene/aufgelaufene Schadenpositionen addiert werden, wird für laufende künftige Rentenleistungen deren Barwert ermittelt, also derjenige Kapitalbetrag bestimmt, der zusammen mit dem Zinsertrag ausreicht, während einer bestimmten Zeit, oder der durchschnittlich noch zu erwartenden Lebens- oder Erwerbsdauer, die an sich geschuldete Rente zu zahlen.

 

Rz. 239

Die nachfolgende Abbildung (Abbildung 1.1, Rdn 240) zeigt die Alternative zwischen einerseits einer regelmäßigen jährlichen Zahlung eines Betrages von jeweils 7.000 EUR über den gesamten Zeitraum von 25 Jahren hin (nach 25 Jahren: 25 * 7.000 EUR = 175.000 EUR) und andererseits einen (mit 5 %) abgezinsten Einmalbetrag von gerundet 100.000 EUR (KF = 14,1 [5,0 %]; Zeittabelle, § 6 Rdn 23), ausgezahlt "heute" als Einmal-Kapital vor jeweiliger Fälligkeit und an Stelle der sukzessive fällig werdenden Jahresraten (siehe auch die Darstellung zu Rdn 545 ff.).

 

Rz. 240

Abbildung 1.1: Kapitalisierung laufender Renten

 

Rz. 241

Die einzelnen Berechnungsfaktoren sind nach den Besonderheiten des Falles zu schätzen, wobei die Beteiligten Prognosen zur künftigen Entwicklung der Lebensumstände des Verletzten bzw. Getöteten und der wirtschaftlichen Daten wagen müssen.[156] Letztlich ist der Kapitalbetrag unter Abwägung der beiderseitigen Interessenlagen frei auszuhandeln.

[156] BGH v. 24.4.1990 – VI ZR 183/89 – DAR 1990, 296 = MDR 1990, 809 = NJW-RR 1990, 962 = NZV 1990, 307 = r+s 1990, 272 (nur Ls.) = VersR 1990, 907 = VRS 90, 257 = zfs 1990, 340; BGH v. 8.1.1981 – VI ZR 128/79 – BB 1981, 455 = BGHZ 79, 187 = DAR 1981, 46 = DB 1981, 786 = MDR 1981, 306 = NJW 1981, 818 = VersR 1981, 283 (Anm. Nehls) = VRS 60, 253 = zfs 1981, 105; BGH v. 28.11.1979 – IV ZR 83/78 – BB 1980, 126 = DAR 1980, 115 = MDR 1980, 387 = VerBAV 1980, 142 = VersR 1980, 132 = VRS 58, 178.

b) Faktoren

 

Rz. 242

Die Laufzeit der Schadenersatzrente bestimmt sich

aus dem Stichtag der Barwertberechnung (Rdn 248 ff.),
dem Alter des Unfallbeteiligten (und damit dessen Lebenserwartung),
einem voraussichtlichen Änderungszeitpunkt in der Rentenhöhe sowie
dem in der Zukunft liegenden Ende der Rentenempfangsberechtigung.

c) Allgemeines

aa) Vorschaden

 

Rz. 243

Siehe zu Reserveursachen, Vorschaden und überholender Kausalität § 2 Rdn 373 ff.

bb) Einzelbetrachtung der Schadenersatzgruppen

 

Rz. 244

Die Laufzeiten sind für jede Schadenersatzgruppe getrennt zu bestimmen. Es kann sein, dass ein Ersatzanspruch (z.B. Verdienstausfall) zu einem frühen Zeitpunkt endet oder aber anders zu berechnen ist, als ein Anspruch aus einer anderen Gruppe (z.B. Pflegekosten), der bis zum Lebensende bestehen bleibt.[157]

 

Rz. 245

Für jede einzelne Schadenposition ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich unfallfremde Erkrankung und unfallkausale Schädigung auf den materiellen Schaden der Höhe nach auswirken. Dabei können im Verlaufe der Schadenentwicklung auch immer wieder neue Prüfungen angezeigt sein, da das Verhältnis "unfallfremd zu unfallabhängig" nicht statisch, sondern dynamisch (d.h. ein sich entwickelnder Prozess) ist.

 

Rz. 246

 

Beispiel 1.6

A ist bereits vor dem Haftpflichtgeschehen erwerbsunfähig erkrankt.

Ergebnis

Während die unfallkausal gesteigerten Heilbehandlungskosten und vermehrte Bedürfnisse u.U. lebenslang zu ersetzen sind, besteht kein Verdienstausfall.

 

Rz. 247

 

Beispiel 1.7

A ist vor dem Unfallgeschehen gesund. Eine unfallkausale Beinversteifung führt zur Erwerbsunfähigkeit des A.

Ergebnis

Während Heilbehandlungskosten nicht (mehr) anfallen, ist der Erwerbsschaden zu ersetzen.

Wenn zu einem späteren Zeitpunkt dann eine Herzerkrankung ebenfalls zur Erwerbsunfähigkeit führt, entfällt der zu ersetzende Verdienstausfallschaden.

Kommt es unfallkausal zur endoprothetischen Versorgung der Hüfte und führt dabei die unfallfremde Herzerkrankung zu einer Verteuerung der Operationskosten, sind diese vom Schädiger zu tragen.

[157] Siehe auch BGH v. 20.5.2014 – VI ZR 187/13 – MDR 2014, 830 = NJW-RR 2014, 1118 = openJur 2014, 11703 = VersR 2014, 1130.

d) Stichtag

aa) Altersbestimmung

 

Rz. 248

Versicherungsmathematisch ist als Stichtag der Berechnung derje...

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