Wie KI die E-Learning-Angebote verändert

Seitdem klar ist, dass KI schnell und in der Regel guten Content liefern kann, stehen E-Learning-Anbieter vor neuen Herausforderungen. Insbesondere dann, wenn der Umsatz aus der Erstellung und dem Vertrieb von Inhalten kommt. Unsere Kolumnistin Gudrun Porath analysiert, wie die Unternehmen reagieren.

Im heißen Hollywood streiken Drehbuchautoren und Schauspieler. Sie fürchten, bald von den neuen KI-Modellen ersetzt zu werden. Der deutsche Filmproduzent Tommy Wosch hat in einem Podcast angedeutet, dass seiner Meinung nach bald die KI die Drehbücher schreiben wird. Das würde die meisten Drehbuchautoren überflüssig machen oder ihnen allenfalls die Rolle des Supervisors überlassen.

Kai Liebert, ehemaliger Leiter des Global Learning Campus der Siemens AG und heutiger Vorsitzender des Münchner Bildungsforums, erklärte im Podcast "neues lernen" meinen Kolleginnen Kristina Enderle da Silva und Julia Senner, dass Unternehmen mit Hilfe von KI ihren E-Learning-Content in Zukunft selbst produzieren könnten und Zwischenschritte der Content-Erstellung wegfallen würden. Liebert wies auch darauf hin, dass bereits heute große Ressourcen im Internet als "Open Source" zur Verfügung stehen. Kurzum: Das traditionelle Geschäftsmodell der Content-Erstellung gerät ins Wanken. Doch wer die Branche aufmerksam beobachtet, stellt fest, dass die Unternehmen ganz unterschiedliche Strategien entwickeln, um darauf zu reagieren.

Die Zeit, in der Content als König galt, neigt sich dem Ende zu. Doch für visionäre E-Learning-Anbieter bieten sich goldene Gelegenheiten." - Gudrun Porath

Der Content-Supermarkt als One-Stop-Shop

Wenn es in Zukunft noch einfacher werden soll, Content selbst zu erstellen, dann hilft es vielleicht, den Kunden klar zu machen, dass es zu den meisten Themen bereits Standardkurse in guter Qualität gibt. Warum also neu machen, was es schon gibt? Weil nicht jeder alle Themen beherrscht, tut man sich zusammen. Aus dem Tante-Emma-Laden wird ein Supermarkt für Lerninhalte. Das haben sich die E-Learning-Agenturen Know How, MIT und Fischer, Knoblauch & Co. (FKC) gedacht und viele ihrer Standard-Lernprogramme zusammengelegt, um sie auf einer Plattform anzubieten. Ein One-Stop-Shop für Lerninhalte, der den Kunden die Auswahl erleichtert.

Der Instagram-Ansatz im E-Learning

Soziale Netzwerke sind voll von nutzergenerierten Inhalten. Fast jeder kann Instagram-Posts, Stories und Reels erstellen, das Netzwerk macht es den Nutzern und Nutzerinnen mit unzähligen Filtern leicht. Was wäre, wenn man auch E-Learning-Inhalte so einfach erstellen könnte? Das dachten sich auch die deutschen E-Learning-Pioniere der IMC AG Saarbrücken und veröffentlichten bereits im Mai ein neues Autorentool, das sich in der Bedienung an Instagram orientiert und natürlich auf künstliche Intelligenz setzt. Das Tool ist cloudbasiert, von allen digitalen Endgeräten aus zugänglich und erlaubt verschiedene Ausgabeformate von Text bis Audio. 

Angriff ist die beste Verteidigung

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Geschäft weiter zu diversifizieren und auszubauen. Sich zum Beispiel nicht mehr nur auf die riesige Lernbibliothek und die eigene Lernplattform zu verlassen, sondern ein Spezialgebiet hinzuzukaufen, das voll im Trend liegt und gleichzeitig den Kundenkreis um Endkunden erweitert. Genau das hat Skillsoft vor einem Jahr mit dem Kauf der Codecademy getan. Eine Doppelstrategie: Die eigenen Reihen stärken und gleichzeitig den Kunden zeigen, wie Tools wie ChatGPT funktionieren.

Eines ist klar: Die Zeit, in der Content als König galt, neigt sich dem Ende zu. Doch für visionäre E-Learning-Anbieter bieten sich goldene Gelegenheiten. Sie können Unternehmen dabei unterstützen, die Flut an nutzergenerierten Inhalten zu navigieren - und damit selbst zu Lotsen im Zeitalter der KI werden.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Zeitschrift "personalmagazin - neues lernen" die Trends auf dem E-Learning-Markt