Konsortium ITC: Gemeinsam für mehr KI-Fähigkeiten

Das "AI-Enabled ICT Workforce Consortium", kurz ITC, hat angekündigt, in den nächsten zehn Jahren weltweit mehr als 95 Millionen Menschen mit den in der Wirtschaft benötigten digitalen und KI-Fähigkeiten auszustatten. Die neun beteiligten Unternehmen haben alle Ressourcen an Bord. Ihre konzertierte Aktion könnte beispielhaft sein, meint E-Learning-Expertin Gudrun Porath.

Ziel der konzertierten Aktion des Konsortiums ist es, die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz (KI) auf Arbeitsplätze im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu bewerten und Möglichkeiten der Umschulung und Weiterbildung für die am stärksten betroffenen Berufe zu identifizieren. Die neun Unternehmen, die im Konsortium zusammenarbeiten, sind Cisco, Accenture, Eightfold, Google, IBM, Indeed, Intel, Microsoft und SAP. Beraten wird das Konsortium von der American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations, Chain 5, Communications Workers of America, Digitaleurope, der European Vocational Training Association, der Khan Academy und SME United, dem europäischen Verband für Handwerk und KMU.

Bedarfsanalyse zu den Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt

Zu diesem Zweck werden unter der Leitung von Cisco in einem ersten Schritt die Auswirkungen von KI auf 56 als strategisch wichtig erachtete, aber derzeit noch nicht identifizierte IKT-Berufe bewertet. Ein Kriterium für die Auswahl der Berufe ist die Anzahl der am häufigsten ausgeschriebenen Stellen im Zeitraum Februar 2023 bis Februar 2024 in den USA und den fünf größten europäischen Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Niederlande).

Die Veröffentlichung dieser Bedarfsanalyse ist für den Sommer 2024 geplant. Im Idealfall wird sie Aufschluss darüber geben, ob der Einsatz von KI tatsächlich zu hohen Arbeitsplatzverlusten führt oder nicht. Sie soll auch zeigen, dass und welche Umschulungen und Höherqualifizierungen notwendig sind. Ein weiteres Ziel ist es, KI-bezogene Ausbildungsprogramme zu etablieren, um einen Pool qualifizierter Arbeitskräfte zu schaffen, die KI produktiv nutzen und KI-Anwendungen in Geschäftsprozesse integrieren können.

Aktivitäten des Konsortiums im Bereich L&D

Wie erfolgreich das Konsortium sein wird, wer noch alles dazu eingeladen wird, ob Cisco und Co ihr Versprechen halten, in zehn Jahren 95 Millionen Menschen auszubilden, und ob am Ende Arbeit für alle da sein wird und KI nicht doch mehr Arbeitsplätze "frisst" als derzeit prognostiziert, ist nur eine Seite dieser Nachricht. Mindestens genauso interessant ist für mich das Modell des Konsortiums im Bereich L&D. Wer ist daran beteiligt und warum? Wie funktioniert die Zusammenarbeit? Was bedeutet das für die digitalen Lernangebote in den Unternehmen und bei den Digital Learning Providern?

Natürlich sind in diesem Konsortium – dessen Arbeit übrigens von der Talent for Growth Task Force des U.S.-EU Trade and Technology Council (TTC) angeregt wird – in erster Linie diejenigen vertreten, die digital- und KI-affine Arbeitskräfte benötigen und besonders innovativ sind. Das legt zumindest die internationale Bedeutung nahe. Cisco, IBM, Intel, Microsoft und SAP wollen diese 95 Millionen Menschen ausbilden. Microsoft will auch Lerninhalte bereitstellen. Google steuert 25 Millionen zur Finanzierung bei, nimmt also eine eher passive Rolle ein.

Interessant wird es bei den anderen Beteiligten: Indeed vermittelt die Arbeitskräfte und liefert zuvor als Jobportal möglicherweise wichtige Daten. Eightfold hat sich auf die Auswertung von Daten zu Skills und Skill Gaps spezialisiert. Das Technologieberatungsunternehmen Accenture hat große Ambitionen im Bereich des digitalen Lernens. Mit einer Investition von einer Milliarde US-Dollar hat das Unternehmen die Online-Lernplattform Udacity übernommen und kürzlich "Learnvantage" ins Leben gerufen, um Kunden "umfassende technologische Lern- und Trainingsdienstleistungen" in den Bereichen Technologie, Daten und KI anzubieten. Die Übernahme wurde durchaus kritisch beäugt, der ganz große Erfolg war Udacity nie wirklich beschieden. Doch nun ist klar, woher die ersten großen Kunden kommen könnten.

Konsortium ITC könnte Schule machen

Wenn das Konsortium gut zusammenarbeitet, könnte es zum Vorbild für andere Unternehmensverbünde werden und auch jenen helfen, die zwar ebenso qualifizierte Arbeitskräfte brauchen wie die großen Konzerne, denen aber Erfahrung und Ressourcen fehlen. Schließlich wird nicht nur das Angebot, sondern auch die Auswahl der passenden Digital-Learning-Lösung immer komplexer.

Nicht alle Digital-Learning-Anbieter werden von solchen Kooperationsmodellen profitieren. Wer sich nicht darauf einstellt und komplexer werdende, hohe Anforderungen auf Kundenseite erfüllt, könnte den Druck des Marktes noch deutlicher spüren. Bereits jetzt, so stellen die Autoren des aktuellen "Fosway 9 Grid Digital Learning" fest, mussten viele Anbieter stagnierende oder rückläufige Umsätze verzeichnen.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Zeitschrift "personalmagazin - neues lernen" die Trends auf dem E-Learning-Markt.