Rz. 106

Durch das G. v. 15.7.2013[1] ist Abs. 8 in § 2 EStG eingefügt worden, wonach die Regelungen des EStG zu Ehegatten und Ehen auch auf (eingetragene) Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden sind. Das BVerfG[2] hat die §§ 26, 26b und 32a EStG für gleichheits- und deshalb verfassungswidrig angesehen, soweit Verheiratete und eingetragene Lebenspartner unterschiedlich behandelt werden. Er hat dem Gesetzgeber aufgegeben, den Verfassungsverstoß rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung der Regelungen zur Lebenspartnerschaft "unverzüglich" zu beseitigen. Die §§ 26, 26b und § 32a Abs. 5 EStG sollten bis dahin in Kraft bleiben, jedoch mit der Maßgabe, dass auch eingetragene Lebenspartnerschaften bei noch ausstehender Bestandskraft der steuerlichen Veranlagung mit Wirkung ab dem 1.1.2001[3] unter den für Ehegatten geltenden Voraussetzungen eine Zusammenveranlagung und die Anwendung des Ehegattensplittings beanspruchen können. Lebenspartner und Lebenspartnerschaft sind i. S. d. LPartG zu verstehen, verschieden geschlechtliche Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft fallen nicht hierunter.[4]

§ 2 Abs. 8 EStG ist am 19.7.2013 in Kraft getreten und gem. § 52 Abs. 2a EStG auf alle noch offenen Fälle anwendbar, abhängig von ggf. eingetretener Festsetzungsverjährung (§§ 169ff. AO); d. h. bei Erklärungspflicht und nicht abgegebener Erklärung rückwirkend bis Vz 2006 und für Fälle, in denen keine Erklärungspflicht bestand, rückwirkend bis Vz 2009. Partner einer Lebensgemeinschaft können aber für Jahre, in denen das LPartG noch nicht in Kraft war, keine Zusammenveranlagung wählen. Das LPartG ist am 1.8.2001 in Kraft getreten, sodass eine Rückwirkung im Jahr 2000 und früher nicht möglich ist.[5]

Die Vorschrift bewirkt die vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehen und Verheirateten im EStG.[6] Einkommensteuerliche Nebengesetze werden durch § 2 Abs. 8 EStG nicht erfasst (vgl. aber 5.VermBG[7]; § 3 Nr. 4 GrEStG[8]).

Im EStG sind durch die Einfügung des § 2 Abs. 8 EStG folgende Vorschriften betroffen:

§ 1a, § 3 Nr. 55c, § 10 Abs. 1[9], 2, §§ 10a bis 10f, § 12 Nr. 2, § 13, § 14a, § 20 Abs. 9, § 24a, § 24b, §§ 25 bis 26b, § 28, § 32, § 32a, § 32c, § 32d, § 34e, § 34f, § 36, § 38b, § 39, § 40, § 45d, § 46, § 51a, § 52, § 63[10], § 65, § 79, § 85, § 86, § 87, § 89, § 92a, § 92b EStG.

§ 2 Abs. 8 EStG erweitert den personellen Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften. Die betreffenden Einzelnormen sind damit unvollständig geworden, da für ihre Anwendung § 2 Abs. 8 EStG beachtet werden muss. Die Verständlichkeit des Gesetzes wird daher erheblich erschwert. Dies gilt umso mehr, als die Regelung in § 2 EStG falsch platziert ist. § 2 EStG betrifft die Grundlagen der sachlichen Steuerpflicht. Sondervorschriften für Eheleute und Lebenspartner gehören nicht dazu.

Gleichwohl ist § 2 Abs. 8 EStG hinreichend bestimmt und nicht verfassungswidrig.

Der Bundesrat hat am 11.7.2014 dem Gesetz[11] zugestimmt, das den noch verbliebenen Anpassungsbedarf (z. B. AO und BKKG) zur steuerlichen Gleichbehandlung von Lebenspartnern umsetzt.

[1] BStBl I 2013, 898.
[3] G. über Eingetragene Lebenspartnerschaft v. 16.2.2001, BGBl I 2001, 266; zuletzt geändert durch Art. 2 G. zur Umsetzung der Entscheidung des BVerfG zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner v. 20.6.2014, BGBl I 2014, 786.
[5] BFH v. 26.6.2014, III R 14/05, BFH/NV 2014, 1453; OFD Nordrhein-Westfalen v. 24.7.2013, S 2262 – 1000 – St 167: Verfügung betr. ertragsteuerrechtliche Behandlung von Lebenspartnerschaften i. S. d. LPartG.
[7] Jungblut, NWB 2013, 2384.
[8] BVerfG v. 18.7.2012,1 BvL 16/11, BFH/NV 2012, 1758; G. v. 8.12.2010, BGBl I 2010, 1768.
[11] BT-Drs. 18/1647, BT-Drs. 18/1306 und BT-Drs. 18/1575.

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