Rz. 4

Die unentgeltliche oder verbilligte Übertragung der Vermögensbeteiligung im Rahmen des § 19a Abs. 1 S. 1 EStG wird grundsätzlich dem Arbeitgeber zugewiesen; ausreichend ist m. E. jedoch auch, wenn diese Übertragung auf Veranlassung oder im Auftrag des Arbeitgebers erfolgt. Dies wohl deshalb, da der Arbeitgeber nicht Rechtsinhaber der zu überlassenden Vermögensbeteiligung sein muss.[1] Soweit die Finanzverwaltung in ihrem BMF-Schreiben v. 16.11.2021 in den Rz. 32 und 33 nicht auch auf die Rz. 8 verweist, so ist dies m. E. richtig, soweit in Rz. 8 die Konzernregelung angesprochen wird (s. hierzu Rz. 25); die in Rz. 8 auch enthaltene Regelung, dass eine Überlassung von Vermögensbeteiligungen durch Dritte in der Form zulässig sein soll, dass der Arbeitnehmer die Vermögensbeteiligung unmittelbar von einem Beauftragten des Arbeitgebers (z. B. einem Kreditinstitut oder anderen Unternehmen) erhält, ist jedoch nicht nur für Zwecke des § 3 Nr. 39 EStG, sondern auch für die des § 19a EStG unbedenklich. Ansonsten kämen mit dieser zunächst nur den persönlichen Anwendungsbereich betreffenden Einschränkung etwa bei Kapitalgesellschaften als Arbeitgeber i. S. d. § 19a EStG nur durch Gründung oder aufgrund einer Kapitalerhöhung entstandene Gesellschaftsanteile in den sachlichen Anwendungsbereich des § 19a EStG; um bereits an Alt-Gesellschafter ausgebrachte Anteile für Zwecke des § 19a EStG verwenden zu können, müsste in einem Dreiecksgeschäft diese zunächst vom Arbeitgeber erworben (vgl. die hierbei geltenden Beschränkungen z. B. des § 33 GmbHG) und dann an seine Arbeitnehmer (unentgeltlich oder verbilligt) weiterübertragen werden. Insofern sollte die Vermögensüberlassung an den Arbeitnehmer auch durch Dritte erfolgen können.[2]

 

Rz. 5

§ 19a Abs. 6 S. 1 EStG richtet sich hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs ausdrücklich an den Arbeitgeber, um diesen die Aufzeichnungspflicht der Vorgänge zur vorläufigen Nichtbesteuerung von Arbeitslohn im Lohnkonto zuzuweisen. Darüber hinaus treffen den Arbeitgeber Handlungspflichten, die er erledigen muss, um alle erforderlichen Tatbestandsmerkmale einer vorläufigen Nichtbesteuerung i. S. d. § 19a EStG zu erfüllen, die nicht dem Arbeitnehmer oder der Finanzverwaltung zugewiesen sind.

 

Rz. 6

Die Frage, ob der Arbeitgeber die KMU-Voraussetzungen des § 19a Abs. 3 EStG erfüllt, ist – auch im Fall eines Einzelunternehmens –, eine Frage des sachlichen, nicht des persönlichen Anwendungsbereichs; s. hierzu Rz. 8.

 

Rz. 7

Der Begriff des Arbeitgebers wird weder in § 19a EStG, noch in § 19 EStG oder in dem im Jahr 2017 eingeführten § 611a BGB erläutert; eine Definition ergibt sich jedoch aus § 1 Abs. 2 LStDV sowie R 19.1 LStR 2015 und H 19.1 LStH 2022, die hier zumindest seitens der Finanzverwaltung für § 19a EStG zugrunde zu legen sind.

 

Rz. 8

Weitere Anforderungen an den Arbeitgeber (§ 19a Abs. 3 EStG): Das Unternehmen des Arbeitgebers muss ein KMU sein, dessen Gründung nicht mehr als 12 Jahre zurückliegt. In § 19a Abs. 3 EStG wird eine dynamische Verweisung auf die jeweils aktuell einzuhaltenden Größenklassen des Arbeitgebers auf die sogenannten KMU i. S. d. in Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission v. 6.5.2003 bezüglich der KMU-Definition vorgenommen. Die Anforderungen sind auf den jeweils einzelnen Stichtag einer nach § 19a EStG freizustellenden Vermögensübertragung bezogen. Diese EU-rechtliche Qualifizierung als KMU wird konkretisiert durch ein Schreiben der Finanzverwaltung. Insbesondere geht laut Finanzverwaltung der Status eines KMU (auch für Zwecke des § 19a EStG) erst verloren bzw. wird erworben, wenn es in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren zu einer Über- oder Unterschreitung der Größenklassen kommt; hinsichtlich der KMU-Definition gelten entsprechend Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom 6.5.2003 derzeit, dass weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt und der Jahresumsatz höchstens 50 Mio. EUR oder die Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. EUR betragen dürfen.[3]

 

Rz. 9

Für die KMU-Qualifikation nicht auf den gesellschaftsrechtlichen Gründungsakt, sondern den wirtschaftlichen (Neu-)Beginn eines Unternehmens abstellen zu wollen[4], ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzulehnen (vgl. etwa das unbestimmte Tatbestandsmerkmal des "selben Geschäftsbetriebs" i. S. d. § 8d KStG). Soweit das Ingangsetzen des Geschäftsbetriebs als weitere Voraussetzung gefordert wird[5], dürfte diese bereits dadurch erfüllt sein, dass die Anwendung des § 19a EStG Arbeitnehmer voraussetzt und somit das Arbeitgeber-Unternehmen zumindest in der Form rechtsgeschäftlich nach außen tritt, indem es Arbeitnehmer einstellt (§ 611a BGB); mit den unter Rz. 18 und Rz. 45 dargelegten Gründen ist damit auch die gleichzeitige Begründung eines Arbeitsverhältnisses und Vereinbarung einer Vermögensübertragung für Zwecke der aufgeschobenen Besteuerung i. S. d. § 19a EStG ohne Karenz- oder Wartezeiten (Ausnahme: fremdübliche Probezeiten) möglich; im Fall einer GmbH, d...

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