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Kein Erfolg mit inszenierter Testbewerbung

Kürzlich war an dieser Stelle von einer „Lohnart“ die Rede, die es gar nicht gibt und als „Phantomlohn“ bezeichnet wird. Jetzt hat das Arbeitsrecht mit einer fiktiven Rechtsfigur nachgezogen, nämlich der „Phantombewerbung“. Was sich dahinter verbirgt, erläutert Rechtsanwalt Thomas Muschiol in seiner Entgelt-Kolumne.

Alles begann damit, dass einem von mehreren Interessenten die Bewerbungsunterlagen dankend und unter Verzicht auf ein Bewerbungsgespräch zurückgesendet wurden. Postwendend meldete sich der abgelehnte Kandidat zurück und zwar in Form einer Schadensersatzklage nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Testbewerbug mit krimineller Energie

Die Begründung zeugte von durchaus profunden Kenntnissen des Diskriminierungsrechts, denn der Kläger konnte vortragen, dass sich mit ihm gleichzeitig ein um 18 Jahre jüngerer Interessent gemeldet hatte und dieser im Gegensatz zu ihm auch sofort zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Der Mitbewerber, auch das gehört schließlich zur sauberen Begründung einer AGG-Klage hatte die identischen Qualifikationen und auch die beruflichen Vorerfahrungen unterschieden sich nicht von dem, was der abgelehnte Bewerber durchlaufen hatte.

Sie ahnen es, das erstinstanzliche Gericht gab dem Kläger recht, denn eine Diskriminierung nach dem AGG muss nicht vom klagenden Arbeitnehmer bewiesen werden, es reicht aus, wenn Indizien feststehen, die eine Diskriminierung „vermuten“ lassen. Wenn wie hier, bei gleicher Qualifikation, der jüngere Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, der ältere jedoch nicht, ist der Papierform nach, gegen die Vermutung einer Diskriminierung auch kein Kraut gewachsen.

Richter

Zum Glück für den beklagten Arbeitgeber gilt bei Gericht aber hin und wider nicht allein die „Papierform“, so dass in der zweiten Instanz das Urteil des Arbeitsgerichts wieder „gedreht“ wurde. Der Grund: Das LAG Schlesig-Holstein hatte den Sachverhalt anders gewertet als es noch das Arbeitsgericht getan hatte. Es hatte berücksichtigt, dass dem

Kläger nicht etwa der Zufall einen vergleichbaren aber jüngeren Mitbewerber beschert hatte. Vielmehr war er auf Nummer Sicher gegangen und hat den für die AGG-Klage notwendigen Mitbewerber einfach selbst erfunden. Er verwendete, so wird es im Tatbestand des Urteils beschrieben „einen in Teilen ähnlichen Lebenslauf, Briefkopfbögen von Schulen und teilweise existierenden, teilweise nicht existierenden Firmen und Zeugnisse.“ Jetzt musste das Ganze aber auch noch mit einem Lichtbild eines Phantoms versehen werden, das exakt 18 Jahre jünger als der Kläger in seiner authentischen zweiten Bewerbung war. Hier vertraute er auf den Zahn der Zeit, denn er scheute sich nicht, ein eigenes Foto aus Jugendjahren beizufügen.

Wissen Sie was? Ich frage mich, ob es nicht auch im Lohnsteuerrecht mittlerweile ein Phantom gibt? Wenn Sie eines kennen, melden Sie sich umgehend, wir dürfen das unseren Lesern nicht vorenthalten.