Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus
In der Politik wird derzeit darüber diskutiert, das gesetzliche Renteneintrittsalter auf 70 Jahre hochzusetzen. Doch schon jetzt wollen viele Beschäftigte lieber früher als später in Rente gehen - Beschäftigte, die den Unternehmen dann mit ihrer Erfahrung und Qualifikation fehlen.
Im Koalitionsvertrag setzt man daher auf mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente und finanzielle Anreize für längeres freiwilliges Arbeiten. Geplant ist neben einer Aktivrente unter anderem, die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu erleichtern, indem das Vorbeschäftigungsverbot aufgehoben wird. Was müssen Arbeitgeber derzeit beachten, wenn sie ältere Arbeitnehmende sicher weiterbeschäftigen oder Rentnerinnen und Rentner zurück ins Unternehmen holen wollen?
Renteneintritt: Altersgrenze für Ende des Arbeitsverhältnisses festlegen
Zunächst gilt, dass das Erreichen des Renteneintrittsalters für sich genommen arbeitsrechtlich ohne Folgen ist. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis endet also nicht automatisch, sondern muss entweder durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung beendigt werden - wobei eine Kündigung nicht aufgrund des Alters erfolgen darf.
Üblicherweise wird deshalb eine andere Lösung bevorzugt: eine Klausel im Tarif- oder Arbeitsvertrag oder aber eine Betriebsvereinbarung. Dort wird bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses festgelegt, dass der Arbeitsvertrag mit Eintritt in den Ruhestand automatisch endet. Fehlt eine entsprechende Regelung, läuft alles weiter wie zuvor.
Weiterbeschäftigung nach Erreichen des Rentenalters
Wenn das Arbeitsverhältnis laut Tarif- oder Arbeitsvertrag eigentlich mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze endet, kann es dennoch weitergeführt werden. Gemäß § 41 S.3 SGB VI können die Arbeitsvertragsparteien während des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, den Beendigungszeitpunkt zeitlich hinauszuschieben. Arbeitgeber und Mitarbeiter oder Mitarbeiterin können also während des laufenden Arbeitsverhältnisses - auch mehrfach - eine entsprechende vertragliche Vereinbarung abschließen. Diese sollte schriftlich festgehalten werden.
Rechtssichere "Hinausschiebensvereinbarung" gemäß § 41 Satz 3 SGB VI
Arbeitgeber können das Arbeitsverhältnis dadurch rechtssicher fortsetzen. Die Regelung zur befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmenden im Renteneintrittsalter ist europarechtskonform, bestätigte der EuGH. Entsprechend lässt auch das BAG Befristungen von Arbeitnehmenden im gesetzlichen Rentenalter nach dem Sozialgesetzbuch zu. Erleichterungen gibt es hier durch das Bürokratieentlastungsgesetz: In § 41 SGB VI wurde ein neuer Absatz 2 angefügt, der eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis des § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt. Wenn die Befristung eine Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze zum Gegenstand hat, reicht nun die Textform.
Zu beachten ist jedoch, dass bei einer Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus der Betriebsrat beteiligt werden muss. Aus Sicht des BAG ist auch hier eine nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Einstellung gegeben.
Beschäftigung von Rentnern: Kein Rezept bei Befristung
Wenn ehemalige Arbeitnehmende im Rentenalter zurück in den Betrieb geholt werden sollen, gilt: Arbeitsrechtlich ist dies eine Neueinstellung. Hier müssen derzeit die allgemeinen Befristungsregelungen eingehalten werden. Eine Befristung ist also nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich wie beispielsweise nach § 14 Abs. 3 TzBfG. Der Bezug einer Altersrente ist allein kein Sachgrund für eine Befristung des Arbeitsvertrags, urteilte das BAG. Eine mehrfache Befristung nach § 14 Abs.3 TzBfG durch denselben Arbeitgeber hielt das Arbeitsgericht Köln für altersdiskriminierend.
Vereinbarung im laufenden Arbeitsverhältnis macht Sinn
Insofern liegen die Vorteile einer Vereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI gegenüber einem neuen befristeten Arbeitsverhältnis auf der Hand. Dafür kann lediglich der Satz ausreichen, dass das im Arbeitsvertrag vorgesehene Ende des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich bis zu einem bestimmten Datum aufgeschoben wird. Darüber hinaus muss gerade nicht nach einem rechtssicheren Befristungsgrund gesucht werden.
Allerdings ist auch bei § 41 Satz 3 SGB VI vor einer mehrfachen Verlängerung zu warnen. Hier kann der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entstehen, sodass von der Verlängerungsmöglichkeit – will der Arbeitgeber kein Risiko eingehen – nur einmal Gebrauch gemacht werden sollte.
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