Rechtliches zu Crowdsourcing und digitaler Plattformarbeit

Digitale Plattformarbeit nimmt zu. Die EU-Kommission will feste Kriterien für den Beschäftigtenstatus schaffen, um einer Scheinselbstständigkeit Einhalt zu gebieten. Was müssen Unternehmen in rechtlicher Hinsicht beachten, wenn sie einzelne Aufträge oder Projekte an die Internet-Crowd auslagern?

Crowdsourcing bietet Unternehmen die Möglichkeit einer digitalen Form des Outsourcings. Dabei werden einzelne Aufträge oder Projekte wie beispielsweise Texterstellung, Datenrecherche, IT-Dienstleistungen, Design- oder andere Arbeitsleistungen über Internet-Plattformen vergeben. So wird eine Vielzahl von Auftragnehmern, die sogenannten Plattformarbeiter oder Crowdworker, erreicht – und dies praktisch zeit- und grenzenlos. Da die plattformbasierte Arbeit jedoch völlig unterschiedliche Bereiche und Tätigkeiten betrifft, kommt es auch bei der rechtlichen Einordnung immer auf die einzelne Fallgestaltung an.

Crowdworking: Klare Regelungen statt arbeitsrechtlicher Grauzone 

Das Arbeitsrecht hinkt bislang der raschen Entwicklung neuer, digitaler Arbeitsformen - die durch die Coronapandemie noch verstärkt wird - hinterher. Für viele Crowdworker, die über Plattformen Arbeitsleistungen übernehmen, ist Crowdworking nur ein Nebenjob. Sie sind Arbeitnehmende, Studierende oder Schüler und Schülerinnen. Aber auch die Auftragsvergabe an hauptberufliche Freelancer erfolgt immer häufiger auf diesem Wege.

Die EU-Kommission hat unlängst einen Vorschlag für eine Richtlinie veröffentlicht, um die Rechte von Plattformarbeitenden zu verbessern. Darin sind unter anderem Kriterien vorgesehen, um den Beschäftigungsstatus korrekt festzustellen, sowie mehr Transparenz in Bezug auf Algorithmen.

In Deutschland hat sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zuletzt des Themas angenommen. Um für klare Regelungen und mehr arbeitsrechtlichen Schutz für Plattformbeschäftigte zu sorgen, hatte er ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt.

Sind Crowdworker selbstständig oder Arbeitnehmer?

Nach bislang überwiegender Auffassung sind Crowdworker keine Arbeitnehmenden, sondern werden als Selbstständige eingestuft. Sie werden auf der Grundlage von Werk- oder Dienstverträgen tätig. Für sie gelten demnach weder der gesetzliche Mindestlohn noch Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen oder ein Kündigungsschutz.

Davon ausgenommen ist das sogenannte "interne Crowdsourcing", bei dem Unternehmen einzelne Projekte intern von Mitarbeitenden durchführen lassen. Hier behalten diese den Arbeitnehmerstatus.

In einer ersten wichtigen Crowdworker-Entscheidung vom 1. Dezember 2020 hat das BAG deutlich gemacht, dass digitale Crowdworker nicht immer selbstständig sein müssen, sondern unter Umständen auch als Arbeitnehmende anzusehen sind.

Rechtsbeziehung zwischen Unternehmen, Plattform und Crowdworker

Wie ist nun also die rechtliche Beziehung zwischen Unternehmen und Crowdworkern einzustufen? Grundsätzlich kommt es bei der Frage darauf an, wem die ausgeführte Arbeitsleistung geschuldet ist. Der Crowdworker kann entweder für die Plattform tätig werden oder für den Auftraggeber, also das Unternehmen direkt. In den überwiegenden Fällen kommt eine Vertragsbeziehung zwischen der Online-Plattform und dem Crowdworker, der den Auftrag übernimmt, zustande. Plattformen handhaben dies jedoch unterschiedlich. Einzelne legen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fest, dass sie nur als Vermittler die technische Infrastruktur stellen. In diesen Fällen besteht zwischen Auftraggeber und Crowdworker ein eigenes Rechtsverhältnis.

Scheinselbstständigkeit im Blick behalten 

Eine abschließende Einordnung, ob Crowdworker selbstständig oder abhängig beschäftigt sind, muss sich daher immer am Einzelfall orientieren. Zu sehr unterscheiden sich die jeweiligen Plattformen, Tätigkeiten (Gigwork oder Clickwork, einfache Aufgaben oder spezialisierte Tätigkeiten) sowie die rechtliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit. Unternehmen sollten die Gefahr der Scheinselbstständigkeit und der damit verbundenen Möglichkeit abhängiger Arbeitsverhältnisse unbedingt im Blick behalten. Insbesondere sollten Crowdworker nicht weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingebunden sein. (Mehr dazu lesen Sie in unserem Top-Thema "Scheinselbstständigkeit").

Crowdsourcing: Geheimnisschutz, Datenschutz, Urheberrecht

Unternehmen sollten bei der Ausgliederung von zeitlich begrenzten Projekten an externe Crowdworker zudem darauf achten, dass der Schutz von Betriebsgeheimnissen und immateriellem Eigentum gewahrt bleibt. Ebenso sind datenschutzrechtliche Bedenken im Vorhinein zu klären. Wesentlich ist es ebenfalls, darauf zu achten, von den Urhebern alle erforderlichen Rechte eingeräumt zu bekommen. Zudem sollten im Vorhinein wesentliche Fragen zur Haftung geklärt werden, also wer im Falle einer Rechtsverletzung durch den Crowdworker haften muss.

Crowdsourcing interessiert auch den Betriebsrat 

Wenn der Arbeitgeber Arbeitsabläufe verändert, hat der Betriebsrat gemäß § 90 Abs.1 BetrVG ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht. Wenn Unternehmen also planen, externes Crowdworking zu nutzen, muss der Betriebsrat darüber informiert werden. Darüber hinaus steht dem Betriebsrat dann auch ein Beratungsrecht zu.


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