Betriebliche Übung: Feiertagszuschlag am Ostersonntag

Manche Arbeitgeber zahlen tarifliche Feiertagszuschläge für den Ostersonntag, weil sie ihn irrtümlich für einen gesetzlichen Feiertag halten. Entsteht daraus ein Anspruch auf künftige Zuschläge? Ein Überblick zu Irrtümern und Wahrheiten der betrieblichen Übung.

Grundsätzlich ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmenden schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer als vertraglicher Anspruch eingeräumt werden.

Was kann alles Gegenstand betrieblicher Übung sein?

An sich ist eine betriebliche Übung für jeden Gegenstand vorstellbar, der auch arbeitsvertraglich in allgemeiner Form geregelt werden kann. Meistens handelt es sich dabei um zusätzliche Geldleistungen, zum Beispiel Weihnachtsgeld oder Jubiläumszuwendungen. Aber auch Regelungen zur Krankmeldung, bezüglich der Arbeitszeit oder zum Verhalten am Arbeitsplatz können Gegenstand einer betrieblichen Übung sein, so auch die Freistellung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Rosenmontag, an Geburtstagen, an Weihnachten oder an sonstigen Tagen mit regionalem Brauchtum.

Wann entsteht eine betriebliche Übung?

 Für die Bindungswirkung der betrieblichen Übung ist die Frage entscheidend, wie die Arbeitnehmenden die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen durften. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen gehandelt hat oder nicht. Nicht jedes Entgegenkommen des Arbeitgebers oder Tolerieren bestimmter Verhaltensweisen führt zur betrieblichen Übung. Problematisch ist das vor allem in Fällen, bei denen es nicht um aktives Tun geht, sondern um ein Dulden oder Unterlassen. Das bisherige Dulden eines Arbeitgebers von bezahlten Raucherpausen qualifizierte das Gericht in einem Fall als nicht hinreichend bestimmtes Leistungsangebot. Denn der Arbeitgeber habe von dem Ausmaß der bezahlten Raucherpausen keine Kenntnis gehabt (LAG Nürnberg, Urteil vom 5.8.2015, 2 Sa 132/5). Auch wenn der Arbeitgeber über längere Zeit einen Hund am Arbeitsplatz toleriert, begründet dies nicht zwingend eine betriebliche Übung, insbesondere wenn von dem Hund eine mögliche Gefahr ausgeht. (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.9. 2022, Az: 2 Sa 490/21).

Freiwilligkeitsvorbehalt: Freiwilligkeit der Sonderzahlung deutlich machen

Auch einige Rentner, die über Jahre zu Weihnachten eine Marzipantorte und Weihnachtsgeld von ihrem ehemaligen Arbeitgeber erhielten, konnten sich vor dem Arbeitsgericht Köln nicht auf betriebliche Übung berufen. Zum einen hätten in der Vergangenheit nicht alle Betriebsrentner die Zuwendungen erhalten, zum anderen habe der Arbeitgeber im jährlichen Weihnachtsschreiben deutlich gemacht, dass er die Leistung nur für ein Jahr gewähre, so das Urteil (Arbeitsgericht Köln, Urteil v. 24.11.2016, 11 Ca 3589/16).

Um zu verhindern, dass aus einem stetigen Verhalten ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht, sollten Arbeitgeber bei der Gewährung zusätzlicher Leistungen oder Vergünstigungen schriftlich einen entsprechenden Vorbehalt erklären. Das BAG hat für die Formulierung Ausdrücke wie "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" oder "kein Rechtsanspruch für die Zukunft" empfohlen (BAG, Urteil vom 19.5.2005, 3 AZR 660/03).

Wenn ein Unternehmen jahrelang aufgrund eines "Rechtsirrtums" tarifliche Feiertagszuschläge für Arbeiten am Ostersonntag gezahlt hat, mangelt es ebenfalls an der freiwilligen Gewährung der Leistung. Bemerkt der Arbeitgeber seinen Irrtum und stellt die Zahlung ein, können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich nicht auf eine betriebliche Übung berufen (BAG, Urteil vom 17.3.2010, Az. 5 AZR 317/09).

Dreimalige Gewährung begründet nicht immer betriebliche Übung

Nach der Rechtsprechung des BAG ist es bei einer jährlichen Gewährung einer Leistung wie dem Weihnachtsgeld, ausreichend, dass der Arbeitgeber dieser drei Jahre hintereinander zahlt, damit eine betriebliche Übung entsteht. Ein Irrtum ist jedoch die weit verbreitete Meinung, dass die dreimalige Gewährung einer Leistung immer eine betriebliche Übung begründet. Es gibt grundsätzlich keine Regel, ab welcher Zahl von Wiederholungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf vertrauen dürfen, dass die Leistung auf Dauer gewährt werden soll.

Verhältnis der Anwendungsfälle zur Belegschaft zählt mit

Bei nicht jährlichen Leistungen, wie einer Jubiläumszahlung kommt es auch auf die Zahl der Fälle an: So forderte ein Arbeitnehmer "seine" Jubiläumszuwendung aus betrieblicher Übung ein. Das BAG sah zwar die Leistung als hinreichend bestimmt an, verneinte den Anspruch aber, obwohl er bereits acht Mal in vorherigen Jahren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewährt worden war. Der Grund: Die Zuwendung sei noch nicht so häufig erfolgt, dass der Arbeitnehmer berechtigterweise von einer Weiterführung ausgehen durfte (BAG, Urteil v. 28.7.2004, 10 AZR 19/04). 

Wie vieler Wiederholungen bedarf es also? Hier ist die Zahl der Anwendungsfälle im Verhältnis zur Belegschaft heranzuziehen und wie bedeutend die Leistung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Im vorliegenden Fall war sie eher gering, da genügte die achtmalige Gewährung bei einer Gesamtbelegschaft von 230 Mitarbeitenden eben nicht.  

Einschränkungen im öffentlichen Dienst

Im Gegensatz zu privaten Arbeitgebern sind die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes bei der Gestaltung der Arbeitsvertragsbedingungen an Weisungen vorgesetzter Dienststellen, an Richtlinien, Verordnungen, Gesetze, an Mindestbedingungen des Tarifvertrags, an das Haushaltsrecht und so weiter gebunden. Nur wenn ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand bei den Beschäftigten geschaffen wurde, kann überhaupt eine betriebliche Übung im öffentlichen Dienst entstehen. Im Zweifel gelten die existierenden Regelungen.


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