Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang bei Rückgabe des verpachteten Betriebes

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu BAG Urteil vom 27. April 1995 – 8 AZR 197/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen.

 

Normenkette

BGB §§ 613a, 556, 581

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 16.11.1993; Aktenzeichen 11 (4) Sa 228/93)

ArbG Bonn (Urteil vom 18.12.1992; Aktenzeichen 4 (5) Ca 2124/92)

 

Tenor

Die Revision der Streithelferin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16. November 1993 – 11 (4) Sa 228/93 – wird zurückgewiesen.

Die Streithelferin hat die Kosten der Revision zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die dem Kläger entstanden sind; diese Kosten hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war in der Gaststätte der Beklagten als Kellner beschäftigt. Die Beklagte hatte die Gaststätte von der Streithelferin, einer Brauerei, die dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten ist, gepachtet. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten fortbesteht, nachdem die Gaststätte mit Ablauf des Pachtvertrages an die Streithelferin zurückgegeben worden ist.

Die Streithelferin führt selbst keine gastronomischen Betriebe. Sie war ursprünglich Eigentümerin, seit 1990 Pächterin des Hauses, in welchem die Gaststätte … seit Jahrzehnten von verschiedenen Pächtern betrieben wird. In dem „Pacht- und Getränkebezugsvertrag” zwischen der Beklagten und der Streithelferin vom 31. Juli/3. August 1987 heißt es u.a.:

㤠1

(1) Die Brauerei verpachtet dem Kunden zum Betrieb einer Schankwirtschaft und Restaurant gehobenen Niveaus die Bierabsatzstätte

(4) Mitverpachtet sind die bei der Übernahme des Pachtgegenstandes vorhandenen Einrichtungs- und Inventargegenstände, soweit diese Gegenstände der Verfügungsbefugnis der Brauerei unterliegen. Hierüber wird ein gesondertes Verzeichnis erstellt, welches wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages ist.

§ 2

(1) Das Pachtverhältnis beginnt am 1. September 1987, nicht jedoch vor der Fertigstellung bzw. Rückgabe des Pachtobjektes durch den seitherigen Pächter.

(2) Das Pachtverhältnis endet am 31. August 1992, ohne daß es einer Kündigung bedarf.

§ 7

(1) Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Kunde die Pachträume in meistermäßig renoviertem Zustand zurückzugeben. Die mitverpachteten Einrichtungs- und Inventargegenstände sind in dem Zustand zurückzugeben, in dem sie sich bei einem bis zur Beendigung der Pacht fortgesetzten ordnungsgemäßen Gebrauch und bei Einhaltung der Bestimmungen in § 6 befinden.

(2) Vor Rückgabe des Pachtobjektes sind die im Objekt befindlichen technischen Anlagen und Geräte vom Kunden auf seine Kosten durch eine Fachfirma oder den zuständigen Werkskundendienst zu überprüfen und notwendige Reparaturen durchführen zu lassen. Hierüber hat der Kunde der Brauerei gegenüber Nachweis zu führen, der nicht älter als 1 Monat sein darf.

§ 9

(1) Während der gesamten Vertragszeit hat der Kunde in dem Pachtobjekt nur den in § 1 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Wirtschaftsbetrieb zu führen und aufrechtzuerhalten. Zu einem anderen Zweck dürfen die Räumlichkeiten nicht benutzt werden. Ohne Genehmigung der Brauerei ist eine Änderung des Namens der Gaststätte nicht zulässig. Die ortsüblichen und betriebstypischen Öffnungszeiten sind einzuhalten. Die Schließung aus Urlaubsgründen oder aus sonstigen Gründen ist mit der Brauerei abzustimmen. Auf einen Ruhetag wird verzichtet.

(2) Eine Unterverpachtung oder Untervermietung des Pachtobjektes sowohl ganz oder teilweise bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Brauerei. Gleiches gilt für das Überlassen der Führung an Dritte. Der Einsatz eines Geschäftsführers ist jedoch gestattet.

(6) Die Biere der Brauerei sind sortengerecht zu zapfen und ausschließlich in den entsprechenden Gläsern der Brauerei zu verabreichen.

§ 10

(2) Der Kunde verpflichtet sich, die Konzession nicht ohne schriftliche Genehmigung der Brauerei abzumelden und bei Beendigung des Pachtverhältnisses auf Verlangen der Brauerei zu deren Gunsten oder zugunsten eines von ihr benannten Dritten auf die Konzession zu verzichten.

§ 11

(1) Der Kunde verpflichtet sich, während der Gesamtdauer des Pachtverhältnisses seinen gesamten Bedarf (Faß- und Flaschenbier) an Bieren … ausschließlich bei der Brauerei … zu decken …

(2) Der Kunde verpflichtet sich ferner, den Bierumsatz in jeder Hinsicht zu fördern und den Ausschank anderer Getränke nicht zu forcieren. Während eines Zeitraums von sechs Monaten hat der Kunde mindestens 200 hl bei der Brauerei … zu beziehen.

(3) Die Bezugsverpflichtung gilt ebenso für den gesamten Bedarf an Mineral- und Tafelwässern, Limonaden, Fruchtsaftgetränken, Fruchtsäften, Fruchtnektaren und Cola-Getränken …”

Mit Vertragsende am 31. August 1992 gab die Beklagte den Gaststättenbetrieb an die Streithelferin zurück. Zuvor war es zu erfolglosen Verhandlungen über eine Neuverpachtung gekommen.

Die Beklagte hatte mit der Gaststätte sogenanntes Kleininventar im Wert von 60.000,– DM von den Vorpächtern übernommen. Sie bot dessen Übernahme der Streithelferin und den neuen Pachtinteressenten an und veranlaßte schließlich den Verkauf an Dritte. Die Beklagte zeigte beim Ordnungsamt der Stadt Bonn die Betriebsbeendigung zum 31. August 1992 an und meldete den Kläger bei der Kranken- und Sozialversicherung ab. Eine Kündigung sprach sie ihm gegenüber nicht aus.

Ab dem 1. September 1992 war die Gaststätte geschlossen. Es fanden Sanierungs- und Umbauarbeiten statt. Mit Vertrag vom 4. Mai 1993 verpachtete die Streithelferin den Betrieb an neue Pächter. Am 23. Mai 1993 wurde er wieder eröffnet. Sein Name und das Firmenlogo blieben unverändert.

Der Kläger hat vorgetragen, sein Arbeitsverhältnis sei nicht gemäß § 613 a BGB auf die Streithelferin übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort. Von ihm könne nicht erwartet werden, einem Betriebsübergang zu widersprechen, solange der bisherige Betreiber und ein möglicher Betriebsübernehmer hierüber stritten. Die Beklagte schulde Arbeitsvergütung für die Monate September, Oktober und November 1992 in Höhe von jeweils 5.045,76 DM brutto.

Die Streithelferin hat vorgetragen, sie habe am 31. August 1992 einen funktionsfähigen Betrieb nicht übernommen. Weder bei Abschluß des Pachtvertrages noch bei Rückgabe des Betriebes seien die immateriellen Betriebswerte wie beispielsweise Kundenkreis, Geschäftskontakte und good-will übertragen worden. Das für die Führung eines Speiselokals erforderliche Kleininventar sei nicht Vertragsgegenstand gewesen. Dieses stelle bei einem Restaurant mit 114 Plätzen angesichts der Anschaffungskosten von mindestens 500,00 DM je Platz einen beträchtlichen Teil der erforderlichen Sachmittel dar. Zum Zeitpunkt der Rückgabe habe kein funktionsfähiger Restaurationsbetrieb mehr bestanden. Die Beklagte habe ihren Willen zur Stillegung durch Ankündigung einer Restaurantauflösung und durch Mitteilungen gegenüber Gästen und Lieferanten kundgetan. Sie habe den insgesamt 12 Angestellten und 5 bis 6 Aushilfskräften fristgerecht zum 31. August 1992 gekündigt. Eine endgültige Betriebsaufgabe ergebe sich auch aus der grundlegenden Änderung des Charakters der Gaststätte. Das Objekt sei in der bisherigen Form als Speiselokal nicht wiedereröffnet worden, da es nun als Bierabsatzstätte mit Abgabe von bierbegleitenden Speisen genutzt werde. Ein Betriebsübergang sei jedenfalls nicht durch Rechtsgeschäft erfolgt. Zudem habe der Kläger einem Übergang des Arbeitsverhältnisses durch den auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gerichteten Klageantrag widersprochen.

Der Kläger und die Streithelferin haben beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Betriebsaufgabe der Beklagten aufgelöst worden sei, sondern über den 31. August 1992 hinaus fortbestehe,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.137,28 DM zuzüglich 4 % Zinsen aus jeweils 5.045,76 DM seit dem 1. Oktober 1992, 1. November 1992 und 1. Dezember 1992 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Gaststättenbetrieb sei mit Ablauf des 31. August 1992 auf die Streithelferin übergegangen. Diese sei an ihrer Stelle in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten. Weder dem Kläger noch anderen Mitarbeitern sei gekündigt worden. Sie, die Beklagte, habe – wie gewerbeüblich – nur das Kleininventar mit Anschaffungskosten von 1/10 des vorhandenen Großinventars vom Vorpächter übernommen. Nur über diese Gegenstände habe sie verfügen können. Sie habe ihre Gäste und Lieferanten lediglich wissen lassen, daß sie nach dem 31. August 1992 das Restaurant … nicht weiter betreiben werde. Die Information gegenüber dem Ordnungsamt über die Beendigung dieser Tätigkeit sei entsprechend gewerberechtlichen Vorschriften erfolgt. Ob und wann die Streithelferin zu dem Entschluß gelangt sei, die Struktur des Betriebes zu verändern, sei für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung. Das Niveau der Gaststätte möge zwar abgemindert worden sein, es handele sich aber nach wie vor um eine bürgerliche Gaststätte. Prägend sei die herausgehobene City-Lage. Der Kundenkreis werde auch künftig zumindest teilweise gleichbleiben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Streithelferin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Streithelferin die bisherigen Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die wesentlichen sächlichen und immateriellen Betriebsmittel, nämlich Zentrumslage, Gebäude, Räume und der bekannte Name, seien auf die Streithelferin übergegangen. Einrichtung und Kleininventar seien nur von untergeordneter Bedeutung. Es komme darauf an, ob ein Betrieb, den der neue Inhaber im wesentlichen unverändert fortführen könne, übergegangen sei. Die Chance des weiteren Besuchs durch die Gäste sei übertragen worden. Sie werde vermittelt durch die Lage, das äußere Erscheinungsbild und den Namen der Gaststätte. Die Absicht des Erwerbers bei Übertragung sei unerheblich, die tatsächliche Fortführung des Betriebes nicht notwendig. Leitungsmacht habe derjenige, der sie im Einvernehmen mit dem Veräußerer ausüben könne. Auch der Verpächter, der das Pachtobjekt nicht betreiben wolle, auf den aber die Nutzungsmöglichkeit übergehe, werde deshalb Betriebsinhaber. Nur wenn er das Pachtobjekt gleich weiterverpachte, komme es zu keinem Übergang auf den Verpächter. Die Beklagte habe den Betrieb nicht stillgelegt, da sie nicht dem ganzen Personal gekündigt und nur versucht habe, das unwesentliche Kleininventar zu veräußern. Darüber hinaus sei von einer Fortführung des Betriebes durch die neuen Pächter auszugehen. Der Charakter der Gaststätte sei im wesentlichen erhalten geblieben.

B. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung in ihrer tragenden Begründung und im Ergebnis stand.

I.1. Der Übergang eines Betriebes im Sinne des § 613 a BGB setzt den Übergang der wesentlichen Betriebsmittel voraus, d.h. derjenigen sächlichen und immateriellen Betriebsmittel, mit denen der Erwerber bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Dabei ist nicht erforderlich, daß alle Wirtschaftsgüter, die zum Betrieb des alten Inhabers gehörten, übergehen. Unwesentliche Bestandteile bleiben außer Betracht. Entscheidend ist, ob die Veräußerung einzelner bzw. einer Summe von Wirtschaftsgütern vorliegt oder die des Betriebes. Dies hängt entscheidend davon ab, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder einen Betriebsteil im wesentlichen unverändert fortführen kann. Der Betriebsübergang erfolgt, wenn die Organisations- und Leitungsmacht auf den neuen Inhaber übergeht (BAG Urteil vom 22. Februar 1978 – 5 AZR 800/76 – AP Nr. 11 zu § 613 a BGB, zu 3 der Gründe; BAG Urteil vom 25. Februar 1981 – 5 AZR 991/78BAGE 35, 104, 106 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 26. Februar 1987 – 2 AZR 321/86 – AP Nr. 63 zu § 613 a BGB, zu B II 4 a der Gründe). Ein Betrieb geht über, indem die Leitungsmacht über eine organisatorische Einheit von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln übergeht, mit der der Inhaber arbeitstechnische Zwecke eigensubstrat-nutzend verfolgen kann. § 613 a BGB findet dagegen keine Anwendung, wenn nach einer Stillegung des Betriebs die ehemaligen Betriebsmittel veräußert werden (BAG Urteil vom 27. September 1984 – 2 AZR 309/83BAGE 47, 13, 21 ff. = AP Nr. 39 zu § 613 a BGB, zu B II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 28. April 1988 – 2 AZR 623/87 – AP Nr. 74 zu § 613 a BGB, zu IV 1 der Gründe).

2. Eine Betriebsstillegung setzt voraus, daß die Betriebsorganisation und damit die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufgelöst wird. Dies äußert sich darin, daß der Betriebsinhaber die wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich erhebliche Zeitspanne nicht mehr weiterzuverfolgen (BAG Urteil vom 22. Mai 1985 – 5 AZR 173/84BAGE 48, 376, 388 = AP Nr. 43 zu § 613 a BGB, zu B III 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 3. Juli 1986 – 2 AZR 68/85 – AP Nr. 53 zu § 613 a BGB, zu B III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 12. Februar 1987 – 2 AZR 247/86 – AP Nr. 67 zu § 613 a BGB, zu II 1 a der Gründe). An dieser Absicht fehlt es, solange der bisherige Betriebsinhaber mit einem potentiellen Betriebserwerber in Verhandlungen wegen einer Übernahme steht. Dem Arbeitnehmer kommt eine tatsächliche Vermutung zu Hilfe. Bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes oder bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch einen Erwerber spricht eine tatsächliche Vermutung gegen die ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen. Es ist Sache desjenigen, der als neuer Arbeitgeber in Anspruch genommen wird, diese Vermutung zu widerlegen. Er muß Tatsachen darlegen, die für eine Stillegung sprechen (BAG Urteile vom 22. Mai 1985 und 12. Februar 1987, jeweils a.a.O.).

3. Der Betrieb kann auch von einem Pächter stillgelegt werden. Allerdings ist der Pächter nicht legitimiert, das Betriebsgrundstück und die Betriebsmittel zu veräußern, also den Betrieb so zu zerschlagen, wie es der Eigentümer könnte. Für die Annahme einer Stillegung wird als ausreichend angesehen, wenn der Pächter seine Stillegungsabsicht unmißverständlich äußert, die Betriebstätigkeit vollständig einstellt, allen Arbeitnehmern kündigt, den Pachtvertrag zum nächstmöglichen Termin kündigt und die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert (BAG Urteil vom 26. Februar 1987 – 2 AZR 768/85 – AP Nr. 59 zu § 613 a BGB, zu B II 4 b aa der Gründe; BAG Urteil vom 21. Januar 1988 – 2 AZR 480/87 – AP Nr. 72 zu § 613 a BGB, zu C III 1 der Gründe).

II. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nach diesen Grundsätzen gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB mit Ablauf des 31. August 1992 auf die Streithelferin übergegangen und besteht daher nicht zur Beklagten fort. Dementsprechend schuldet die Beklagte keine Vergütung für die Zeit nach dem 31. August 1992. Die geltend gemachten Lohnforderungen sind nicht im Sinne von § 613 a Abs. 2 BGB vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs entstanden.

1. Die Gaststätte … war ein Betrieb im Sinne von § 613 a BGB, dessen arbeitstechnischer Zweck insbesondere in dem Absatz von Speisen und Getränken bestand.

2. Dieser Betrieb war im Zeitpunkt des Rückfalls des Pachtobjekts auf die Streithelferin nicht stillgelegt.

a) Die Beklagte hat das Pachtverhältnis zum 31. August 1992 auslaufen lassen. Sie hat das in ihrem Eigentum stehende Kleininventar verkauft, Lieferantenverträge gekündigt, ihr Gewerbe beim Ordnungsamt abgemeldet und die Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung abgemeldet. Sie hat hierdurch zum Ausdruck gebracht, daß sie selbst den Betrieb nicht weiterführen werde. Die Aufgabe der eigenen Betriebsinhaberschaft ist jedoch nicht notwendig mit einer Betriebsstillegung verbunden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte über die Beendigung ihrer eigenen Betriebsinhaberschaft hinaus den Betrieb als solchen stillegen wollte. Als Pächterin hatte sie den Betrieb nach Ablauf der Pachtzeit mit seinen wesentlichen Bestandteilen zurückzugeben. Dem diente ihr Vorgehen. Zweifellos hätte sie die bezeichneten Maßnahmen auch dann treffen können, wenn am 1. September 1992 ein neuer Pächter den Betrieb fortgeführt hätte.

Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wesentliche Betriebsmittel seien die Zentrumslage von Gebäude und Räumlichkeiten sowie der bekannte Name, erscheint zu eng. Hierauf kommt es freilich nicht an. Bei Ende des Pachtverhältnisses bestanden zusätzlich die sächlichen Betriebsmittel der Gaststätteneinrichtung, Bierschwemme, Möbel, Kücheneinrichtung als organisatorische Einheit und mit alledem verbunden das Recht und die tatsächliche Möglichkeit, Kundenstamm und Laufkundschaft zu bewirten. Das ausgesonderte Kleininventar war demgegenüber nach der Eigenart des Betriebs von untergeordneter Bedeutung. Es unterliegt verhältnismäßig stark der Abnutzung, muß in bestimmten Abständen ohnehin erneuert werden und kann auch leicht neu beschafft werden. Sein Wert fällt vergleichsweise nicht ins Gewicht. Ebenso unwesentlich für das Bestehen eines Gaststättenbetriebs sind Lieferantenverträge, Gewerbeanmeldung und Arbeitsverhältnisse. Es setzt keinen besonderen Aufwand voraus, entsprechende Voraussetzungen zur Betriebsfortführung zu schaffen. Bei den Arbeitnehmern in einer Gaststätte handelt es sich nicht um Spezialisten, deren Fachkenntnisse für die Betriebsfortführung von Bedeutung sind (vgl. BAG Urteil vom 14. September 1994 – 2 AZR 75/94 – n.v., zu III 1 a aa der Gründe; BAG Urteil vom 22. September 1994 – 2 AZR 54/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 1, 2 der Gründe, jeweils m.w.N.).

Es kann daher dahingestellt bleiben, inwieweit es der Beklagten angesichts ihrer rechtlichen Bindungen überhaupt möglich gewesen wäre, die Betriebsorganisation auf Dauer aufzulösen. Alle wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel waren von der Streithelferin zu einer Einheit zusammengefaßt und der Beklagten zur Nutzung überlassen worden. Der Streithelferin kam es entscheidend darauf an, daß diese von ihr geschaffene Einheit und die damit verbundene Möglichkeit zur Verwirklichung der Betriebszwecke erhalten bleibe und in der von ihr konzipierten Art und Weise genutzt werde. Der Pachtvertrag zwischen der Beklagten und der Streithelferin sieht deshalb z.B. vor, daß die Beklagte im Pachtobjekt eine Schankwirtschaft und ein Restaurant gehobenen Niveaus betreiben muß, deren Namen nicht ändern darf, das Bier der Streithelferin in den typischen Gläsern ausschenken und die üblichen Öffnungszeiten einhalten muß. Der Beklagten oblag es nicht, darüber zu entscheiden, ob, wann und wie die Gaststätte nach dem 31. August 1992 weitergeführt werde. Daran hat sie sich gehalten. Die Verwertung der Gegenstände, die von einem möglichen neuen Betriebsinhaber nicht übernommen werden, aber nicht zu den wesentlichen Betriebsmitteln gehören, führt nicht zu einer Stillegung.

b) Eine Stillegung des Betriebs zum 31. August 1992 durch die Streithelferin ist ebenfalls nicht erfolgt. Der Vortrag der Beteiligten gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr hat die Streithelferin während des Pachtverhältnisses zur Beklagten über dessen Verlängerung und über eine Neuverpachtung verhandelt. Die weitere Nutzung des Betriebs (durch Verpachtung) stand nie außer Frage. Dementsprechend hat die Streithelferin selbst nicht behauptet, sie habe die Stillegung des Betriebs zum 31. August 1992 beabsichtigt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen der Verpächter einen verpachteten Betrieb stillegen kann.

c) Aus den Ausführungen zu 2 a und 2 b folgt, daß Streithelferin und Beklagte den Betrieb auch nicht gemeinsam stillgelegt haben. Soll ein Betrieb mit Ablauf eines Pachtverhältnisses stillgelegt werden, so liegt an sich ein aufeinander abgestimmtes Vorgehen von Verpächter und Pächter nahe. Hiervon kann nach dem Parteivorbringen keine Rede sein.

3. Der funktionsfähige Gaststättenbetrieb ist nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Streithelferin übergegangen.

a) Die Streithelferin hat am 1. September 1992 die tatsächliche Organisations- und Leitungsmacht der Gaststätte … erhalten. Indem das Pachtobjekt an sie zurückgegeben wurde, konnte sie alle wesentlichen Betriebsmittel nutzen und mit diesen den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes, selbst hergestellte Speisen und Getränke anzubieten und den Kundenkreis der Gaststätte zu bewirten, weiterverfolgen. Darauf, daß sie nicht die Absicht hatte, den Betrieb selbst zu betreiben, und von dieser Möglichkeit selbst keinen Gebrauch gemacht hat, kommt es nicht an (vgl. BAG Urteil vom 23. Juli 1991 – 3 AZR 366/90BAGE 68, 160, 167 f. = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu III 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 12. November 1991 – 3 AZR 559/90 – AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu 2 der Gründe).

b) Die Streithelferin hat den Betrieb durch Rechtsgeschäft erhalten. Ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang liegt auch beim „Rückfall” eines Betriebes auf den Verpächter vor. Ist die Einräumung der Nutzungsbefugnis an den Pächter ein Betriebsübergang, kann für den gegenläufigen Akt nichts anderes gelten. Das Rechtsgeschäft liegt in der Vereinbarung der Betriebsüberlassung auf Zeit, wodurch die vertragliche Rückgabepflicht begründet wird. Erfolgt die Rückgabe, leitet der Verpächter die Befugnis zur weiteren Betriebsführung folglich aus einem Rechtsgeschäft her (BAG Urteil vom 26. Februar 1987 – 2 AZR 768/85 – AP Nr. 59 zu § 613 a BGB, zu B II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 21. Januar 1988 – 2 AZR 480/87 – AP Nr. 72 zu § 613 a BGB, zu C II 1 der Gründe; RGRK-Ascheid, BGB, 12. Aufl., § 613 a Rz 117; MünchKomm-Schaub, BGB, 2. Aufl., § 613 a Rz 33; Erman/Hanau, BGB, 9. Aufl., § 613 a Rz 28; Staudinger/Richardi, BGB, 12. Aufl., § 613 a Rz 74; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, 1980, S. 47). Daß der Rückgabeanspruch in den §§ 581, 556 BGB gesetzlich geregelt ist, ändert entgegen der Auffassung der Revision an seinem rechtsgeschäftlichen Charakter nichts. Die Rüge der Streithelferin, von einem „Rückfall” des Pachtobjekts in dem bezeichneten Sinne könne nicht gesprochen werden, da sie selbst nie Betriebsinhaberin gewesen sei, greift nicht durch. Erhält der Verpächter die Organisations- und Leitungsmacht über einen Betrieb, so kommt es weder darauf an, ob er diese zuvor jemals ausgeübt hatte, noch darauf, ob er entsprechende Betriebe selbst führt. Maßgebend ist – wie ausgeführt – die Möglichkeit des Verpächters, den Betrieb selbst zu führen. Nur wenn der Betrieb von dem früheren Pächter unmittelbar auf einen Nachpächter übergeht, fehlt es hieran.

c) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der auf die Streithelferin übergegangene Betrieb von dieser stillgelegt wurde und ob es sich bei der Wiedereröffnung der Gaststätte um die Fortführung desselben Betriebes handelte. Diese Fragen mögen für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung durch die Streithelferin von Bedeutung sein. Für den Übergang des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht darauf an, ob der Erwerber die arbeitstechnische Zwecksetzung ändert, eine Betriebsstillegung beabsichtigt oder durchführt (BAG Urteil vom 29. November 1988 – 3 AZR 250/87 – AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu I 3 b der Gründe).

4. Dem Übergang des Arbeitsverhältnisses steht kein Widerspruch des Klägers entgegen. Das Widerspruchsrecht ist ein Rechtsfolgeverweigerungsrecht, das durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird (BAG Urteil vom 22. April 1993 – 2 AZR 50/92 – AP Nr. 103 zu § 613 a BGB, zu II 7 der Gründe). Der Widerspruch kann auch konkludent erklärt werden (BAG Urteil vom 21. Juli 1977 – 3 AZR 703/75 – AP Nr. 8 zu § 613 a BGB, zu II 2 b der Gründe). Der Antrag, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten festzustellen, kann nicht als Widerspruch ausgelegt werden. Der Antrag des Klägers bringt lediglich zum Ausdruck, daß er der Ansicht ist und bindend festgestellt haben möchte, das Arbeitsverhältnis sei nicht übergegangen. Der Antrag enthält keine Erklärung, daß der Kläger einen Übergang des Arbeitsverhältnisses verhindern will und auch beim Vorliegen eines Betriebsübergangs nicht Arbeitnehmer der Streithelferin werden möchte.

C. Die Streithelferin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Der Kläger hat die ihm im Revisionsverfahren entstandenen Kosten selbst zu tragen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl., § 101 Rz 6).

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Mikosch, Rosendahl, Rödder

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093302

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