Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentlicher Dienst. Urlaubsabgeltungsanspruch

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4, § 13

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.02.1990; Aktenzeichen 13 Sa 138/89)

ArbG Mannheim (Urteil vom 13.10.1989; Aktenzeichen 11 Ca 85/89)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 15. Februar 1990 – 13 Sa 138/89 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit 1970 beim beklagten Land als Fahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 42 vom 9. Januar 1987, gültig ab 1. Januar 1987, anzuwenden, der u.a. bestimmt:

㤠53

Erfüllung des Urlaubsanspruchs

(1) Der Urlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten.

Kann der Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Urlaub aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen, wegen Arbeitsunfähigkeit oder wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz nicht bis zum 30. April angetreten werden, ist er bis zum 30. Juni anzutreten ….

Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten ist, verfällt.

§ 54

Urlaubsabgeltung

(1) Ist im Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt, ist der Urlaub, soweit es dienstlich oder betrieblich möglich ist, während der Kündigungsfrist zu gewähren und zu nehmen. Soweit der Urlaub nicht gewährt werden kann oder die Kündigungsfrist nicht ausreicht, ist der Urlaub abzugelten. Entsprechendes gilt, wenn das Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag (§ 56 Abs. 1) oder wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit (§ 62) endet oder wenn das Arbeitsverhältnis nach § 62 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 5 zum Ruhen kommt.

§ 62

(1) … Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit (§ 1276 RVO, § 53 AVG, § 72 RKG) gewährt wird. In diesem Falle ruht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von dem Tage an, der auf den nach Satz 1 oder 3 maßgebenden Zeitpunkt folgt, bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die Zeitrente bewilligt ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Arbeitsverhältnis endet.

…”

Der Kläger war ab dem 12. Juli 1988 arbeitsunfähig krank. Vom 2. Mai 1989 bis 30. November 1990 erhielt er eine Erwerbsunfähigkeitsrente.

Der Kläger hat von dem Beklagten erfolglos Abgeltung von 22 Urlaubstagen aus 1988 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 3.047,44 DM verlangt.

Mit seiner Klage hat er beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 3.047,44 DM brutto zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Der Beklagte hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen das beklagte Land auf Urlaubsabgeltung verneint.

1. Dem Kläger sind von seinem gemäß § 48 Abs. 1, § 7 MTL II erworbenen Urlaubsanspruch in Höhe von insgesamt 30 Arbeitstagen für das Urlaubsjahr 1988 unstreitig 22 Tage nicht gewährt worden.

Sein Arbeitsverhältnis ruhte gemäß § 62 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 5 MTL II für die Zeit vom 2. Mai 1989 bis 30. November 1990, während der er eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen hat. Da ihm der Urlaub für 1988 vor diesem Zeitraum nicht mehr gewährt werden konnte, hat der Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Unterabs. 1 MTL II einen Abgeltungsanspruch für die restlichen Urlaubstage erworben.

2. Dieser Abgeltungsanspruch ist am 30. Juni 1989 erloschen (§ 53 Abs. 1 Unterabs. 1 MTL II), weil dem Kläger, auch wenn das Arbeitsverhältnis nicht zum Ruhen gekommen wäre, der Urlaub bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hätte erteilt werden können. Wegen der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers waren weder der Urlaubs- noch der Abgeltungsanspruch erfüllbar.

3. Die für die Erfüllbarkeit des Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG für den gesetzlichen Mindesturlaub maßgeblichen Voraussetzungen sind auch für die hier zu beurteilende Tarifvorschrift zu beachten.

a) Zu Unrecht ist die Revision der Auffassung, nach § 54 Abs. 1 MTL II in der Fassung des 42. Änderungstarifvertrages vom 9. Januar 1987 stehe auch einem Arbeitnehmer ein Abgeltungsanspruch zu, der bis zum Verfallzeitpunkt des Urlaubsanspruchs seine Arbeitsfähigkeit nicht wiedererlangt habe. Durch die Änderung des Tarifvertrags ist die zuvor in § 54 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 MTL II a. F. enthaltene Abgeltungsregelung für den Fall, daß der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, gestrichen worden. Damit enthält nunmehr § 54 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 MTL II gegenüber der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG keine tarifliche Besonderheit. Dies hat der erkennende Senat bereits für § 51 Abs. 1 Satz 3 BAT (BAGE 62, 331 = AP Nr. 51 zu § 7 BUrlG Abgeltung; Urteil vom 16. August 1990 – 8 AZR 590/89 –, nicht veröffentlicht), § 54 MTB II (Urteil vom 31. Mai 1990 – 8 AZR 353/89 –, nicht veröffentlicht) und § 47 Abs. 1 und 2 BMT-G II (Urteil vom 22. Februar 1990 – 8 AZR 481/88 –, nicht veröffentlicht) entschieden. Für § 54 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 MTL II gilt, da er seinem Wortlaut nach gleichlautend mit den genannten Bestimmungen ist, nichts anderes. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs erlischt in diesen Fällen, wenn der Arbeiter vor Ablauf des Urlaubsjahres bzw. des sich anschließenden Übertragungszeitraums seine Arbeitsfähigkeit nicht wiedererlangt, der Urlaubsanspruch mithin nicht erfüllbar war.

b) Zu diesem Ergebnis ist auch das Landesarbeitsgericht gelangt. Seine zugleich hiergegen geäußerten Bedenken bedurften keiner Stellungnahme durch den erkennenden Senat, weil das Landesarbeitsgericht sie ersichtlich selbst nicht als für seine Entscheidung tragend angesehen hat.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dr. Peifer, Kremhelmer, Heinz Rheinberger, Dr. P. Umfug

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073649

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