Entscheidungsstichwort (Thema)

öffentlicher Dienst. Urlaubsabgeltung

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4, § 13; Bundes-Angestelltentarifvertrag § 51 Abs. 1, § 59 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 01.08.1989; Aktenzeichen 7 Sa 303/89)

ArbG Darmstadt (Urteil vom 22.11.1988; Aktenzeichen 3 Ca 606/87)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 1. August 1989 – 7 Sa 303/89 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war bei dem Beklagten seit 1. März 1963 als Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war wegen der Organisationszugehörigkeit beider Parteien der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Der Kläger ist seit 15. März 1985 ununterbrochen arbeitsunfähig krank. Durch ein dem Kläger am 11. Dezember 1986 zugestelltes Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. November 1986 ist der zuständige Sozialversicherungsträger verurteilt worden, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 1. Oktober 1984 bis 8. Juni 1986 und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 9. Juni 1986 an zu gewähren.

Mit Bescheid vom 12. Januar 1987 hat der Sozialversicherungsträger dem Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1984 gewährt und mit Bescheid vom 9. Juli 1987 mit Wirkung vom 9. Juni 1986 in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewandelt.

Mit seiner am 22. Dezember 1987 zugestellten Klage hat der Kläger die Gewährung von Abgeltung für insgesamt 46 Urlaubstage für die Jahre 1985 und 1986 begehrt.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.024,31 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem entsprechenden Nettobetrag ab 22. Dezember 1987 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht den vom Kläger begehrten Urlaubsabgeltungsanspruch verneint.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch § 51 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 BAT in der seit 1. Januar 1987 geltenden Fassung maßgeblich ist. Die im Jahre 1985 und im Jahre 1986 entstandenen Urlaubsansprüche sind erloschen.

a) Das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Beklagten hat mit Ablauf des Monats Januar 1987 geendet (§ 59 Abs. 1 BAT), weil dem Kläger durch Bescheid des zuständigen Sozialversicherungsträgers vom 12. Januar 1987 Berufsunfähigkeitsrente zuerkannt worden ist.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers ist damit nach § 51 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 BAT in der seit 1. Januar 1987 geltenden Fassung zu beurteilen.

b) Zu Unrecht ist die Revision der Meinung, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Erklärung des Rentenversicherungsträgers im Sozialgerichtsprozeß mit dem Kläger als Prozeßanerkenntnis, jedenfalls aber durch das Urteil des Sozialgerichts, das dem Kläger am 11. Dezember 1986 zugestellt worden ist, bereits im Jahre 1986 beendet worden sei, so daß § 51 BAT in der bis zum 31. Dezember 1986 geltenden Fassung anzuwenden sei.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zutreffend hat bereits das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß weder die Prozeßerklärung des Rentenversicherungsträgers noch das Urteil des Sozialgerichts den in § 59 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT genannten Rentenbescheid ersetzen kann.

Der Erklärung des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Sozialgericht kommt entgegen der Meinung des Klägers keine rechtsgestaltende Wirkung zu. Das ergibt sich schon daraus, daß das Sozialgericht nicht etwa diesem „Anerkenntnis” entsprechend entschieden hat, mit dem sich der Rentenversicherungsträger bereit erklärt hatte, vom 9. Juni 1986 bis voraussichtlich 31. Dezember 1987 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Das Sozialgericht hat dem Kläger Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit vom 1. Oktober 1984 bis zum 8. Juni 1986 und Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 9. Juni 1986 zugesprochen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht dazu ausgeführt, daß die Erklärung des Rentenversicherungsträgers lediglich die Ankündigung eines möglichen künftigen Rentenbescheides war, der im übrigen mit dem angekündigten Inhalt nicht erlassen worden ist.

Hatte damit die Erklärung des Rentenversicherungsträgers nicht einmal prozessuale Wirkungen, kann auch das Urteil des Sozialgerichts keine rechtsgestaltende Wirkung entfalten, es spricht vielmehr nur die Verpflichtung für den Beklagten des Rechtsstreits vor dem Sozialgericht aus, dem Kläger Versicherungsrente von den obengenannten Zeitpunkten an zu gewähren. Das Urteil des Sozialgerichts ersetzt daher entgegen der Auffassung der Revision den Rentenversicherungsbescheid auch nicht dem Grunde nach, weil es hierfür einer weiteren Handlung des Rentenversicherungsträgers bedarf, die erst mit dem Bescheid selbst vorgenommen worden ist. Soweit die Revision darauf hinweist, daß das Urteil des Sozialgerichts in Rechtskraft erwachsen ist, übersieht sie, daß dies wegen der Rechtsmittelfrist nicht vor Ablauf des Jahres 1986 geschehen ist.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß für die Auffassung des Klägers nichts aus dem Urteil des Senats vom 24. Juni 1987 (BAGE 55, 366 = AP Nr. 5 zu § 59 BAT) hergeleitet werden kann. Dort war ein Rentenbescheid zu beurteilen, nicht eine dem Rentenbescheid vorangehende gerichtliche Entscheidung.

2. Damit kann die Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht beanstandet werden, daß sich der Urlaubsanspruch des Klägers und seine Abgeltung nach dem seit 1. Januar 1987 geltenden Tarifrecht richtet.

a) Der Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahre 1985 ist mit dem Ablauf des Jahres 1986 erloschen.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, daß nach § 47 Abs. 7 BAT n. F. nicht mehr die Möglichkeit gegeben ist, den Urlaub bei Arbeitsunfähigkeit über das dem Urlaubsjahr folgende Jahr hinaus zu übertragen. Damit war der Urlaubsanspruch am Jahresende 1986 verfallen.

b) Der dem Kläger am Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Januar 1987 zustehende Urlaub für das Jahr 1986 hat sich zwar nach § 51 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 und Satz 3 BAT n. F. in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Dieser ist am 30. Juni 1987 erloschen, weil er bis zu diesem Zeitpunkt wegen der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht erfüllbar war.

Die für die Erfüllbarkeit des Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG für den gesetzlichen Mindesturlaub maßgeblichen Voraussetzungen sind auch für die hier zu beurteilende Tarifvorschrift zu beachten.

Zwar haben der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 45, 203 = AP Nr. 16 zu § 7 BurlG Abgeltung) und ihm folgend der erkennende Senat (zuletzt: Urteil vom 18. Juli 1989 – 8 AZR 44/88 – AP Nr. 49 zu § 7 BurlG Abgeltung, zu 3 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) angenommen, daß nach § 51 Abs. 1 BAT in der bis zum 31. Dezember 1986 geltenden Fassung ein Abgeltungsanspruch auch bestand, wenn der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit bis zum Verfallzeitpunkt nicht mehr hätte gewährt werden können. Im Urteil vom 15. August 1989 (– 8 AZR 530/88 – AP Nr. 51 zu § 7 BurlG Abgeltung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) hat der erkennende Senat jedoch entschieden, daß nach § 51 Abs. 1 Satz 3 BAT n. F. für die Abgeltung von Urlaub, der wegen Arbeitsunfähigkeit vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Kündigung, Auflösungsvertrags, Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bzw. vor dem Eintritt des Ruhens des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden konnte, keine tariflichen Besonderheiten mehr gelten. In diesen Fällen erlischt der Anspruch auf Abgeltung von Urlaub, wenn der Angestellte vor Ablauf des Urlaubsjahres bzw. des anschließenden Übertragungszeitraums seine Arbeitsfähigkeit nicht wiedererlangt. Der Senat ist damit der einhelligen Meinung des Schrifttums gefolgt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand April 1990, § 51 Erl. 3 e; Uttlinger/Breier/Kiefer, BAT, Stand April 1990, § 51 Erl. 2; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Juni 1990, § 51 Rz 11; Crisolli/Tiedtke/Ramdohr, BAT, Stand Mai 1990, § 51 S. 200/2; Peltzer, NZA 1988, 493).

 

Unterschriften

Michels-Holl, Dr. Leinemann, Dr. Peifer, H. Rheinberger, Dr. Pühler

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081311

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge